G7 sucht Alternativen zu russischem Gas 13 Punkte, keine Lösung
Wie kann man die Abhängigkeit von russischem Gas verringern? Um diese Frage drehte sich das Treffen der G7-Energieminister. Das Ergebnis ist ein 13-Punkte-Plan - und die Erkenntnis, dass es eine schnelle Lösung nicht gibt.
Wenn man Sigmar Gabriel hört, den deutschen Energie- und Wirtschaftsminister, dann weiß man, um wen es bei diesem Treffen in Rom vor allem ging. Um die Russen, die nicht mit am Tisch saßen. Wenn mit dem Konflikt um die Ukraine etwas vom Kalten Krieg zurückgekehrt ist, dann gilt das sicher auch in Fragen der Energieversorgung. Zu groß ist vor allem die Abhängigkeit weiter Teile Europas von russischem Gas.
"Natürlich geht es auch darum, wie wir eigentlich verhindern können, dass bei einer wachsenden Globalisierung, bei einer wachsenden Bedeutung von Energieressourcen Energie als Waffe der politischen oder ökonomischen Auseinandersetzung genutzt wird", erklärte der Bundesminister.
Viele Beschlüsse, wenig Konkretes
Wie aber kommt man weg von der Abhängigkeit von Russland? Das war die Leitfrage bei dem Treffen der Minister der G7-Staaten. Denn auch in Fragen der Energie gibt es die G8 seit Ende März nicht mehr. Russland wurde zwar ausgeschlossen, aber Russlands Druck- und Drohpotenzial zeigte sich auch in Rom. Deutschland allein bezieht rund 38 Prozent seines Erdgasbedarfes aus Russland.
Doch Gabriel war es wichtig zu betonen, dass die Verträge über Energielieferungen nicht von der Politik, sondern von privatwirtschaftlichen Unternehmen geschlossen wurden. Die Politik könne aber neue Rahmenbedingungen setzen: "Bessere Verbindung zum Beispiel unserer Gasnetze, so dass wenn gegenüber einem Land ein Versorger oder ein Import von Gas ausfällt, an anderer Stelle dafür jemand anders einspringen kann. Wir brauchen sicher auch eine Diversifizierung der Quellen der Gas- und Energieversorgung. Also eine Vielzahl von Maßnahmen, die einfach dafür sorgen sollen, dass insbesondere im Gasbereich ein besserer Energiemarkt entsteht."
Die Energieminister beschlossen einen 13-Punkte-Plan. Dazu gehören auch neue Versorgungsquellen, neue Gasspeicher, mehr Pipelines. Die Minister waren sich zumindest in der Theorie darin einig, dass man vor allem in Europa an einem Strang zieht muss.
Die wichtigsten Ideen, um die Abhängigkeit von russischen Gas zu verringern:
- Neue Routen und Transportwege, etwa aus Aserbaidschan über die Türkei nach Europa - und mehr Einspeisepunkte;
- Förderung CO2-armer Technologien. Einige Staaten wie Großbritannien fordern mehr Atom, Deutschland mehr Ökoenergie und bessere Gebäudedämmungen;
- Notfallpläne für stark von Russland abhängige Staaten;
- Einige Staaten wollen das Gas-Fracking verstärken, also die Förderung aus tiefem Gestein mit Chemikalieneinsatz;
- Aufbau eines Flüssiggas-Marktes mit Terminals in Nordamerika, dem Mittleren Osten und Europa.
Viele verschiedene Vorstellungen
Dabei gehen in der EU die Vorstellungen zum Teil weit auseinander: Da gibt es Forderungen, die Energieversorgung durch Russland zentral zu verhandeln. Bisher gibt es für unterschiedliche Länder unterschiedliche Verträge. Flüssiggas wäre eine ebenfalls Alternative. Aber die Infrastruktur dafür ist teuer, und die bestehenden Anlagen in Europa sind zurzeit nicht ausgelastet. Und dann gibt es noch die, die sich für eine Renaissance der Atomenergie aussprechen, um die Abhängigkeit zu verringern.
Kein "Rückmarsch in staatliche Energieversorgung"
Deutschland erteilt dem eine Absage und setzt auf Energieeffizienz. Denn je geringer der Verbrauch, desto geringer auch die Abhängigkeit, so Gabriel. Gleichzeitig versuchte der Vizekanzler angesichts der Lage in der Ukraine die Erwartungen zu dämpfen: "Es wird mit Blick auf den jetzigen Konflikt keine schnellen Lösungen geben. Ich kenne überhaupt niemanden auf der Welt, der uns sagen könnte, wie denn kurzfristig die Abhängigkeit in Europa von russischen Gasimporten geändert werden könnte. Ich möchte jedenfalls jetzt nicht die aktuelle Krise dazu missbraucht wissen, einen Rückmarsch in staatliche Energieversorgung zu organisieren."
Russland wird auch in der Energiefrage bis auf Weiteres nicht mit am Tisch sitzen. Vorher müsse es erst eine politische Lösung in der Ukraine-Krise geben, sagte Gabriel. Aber auch in den Hochzeiten des Kalten Krieges habe es schließlich Bewegung in wichtigen Fragen geben. Eigentlich brauche man so etwas wie eine Energie-KSZE, sagte der deutsche Wirtschaftsminister. Das Papier das in Rom beschlossen wurde, dient als Grundlage des G7-Gipfels der Staats- und Regierungschefs Anfang Juni in Brüssel. Bis dahin bleibt die Hoffnung auf Entspannung in der Ukraine.