Deutsch-französisches Ministertreffen Mehr Investitionen - aber wie?
Seine Forderung, Deutschland müsse mehr für die Konjunktur tun, sorgte für Schlagzeilen - nun herrscht Harmonie: Er habe nichts "verlangt", so Frankreichs Wirtschaftsminister Macron nach einem Treffen mit Finanzminister Schäuble. Der kündigte "verstärkte Investitionen" an.
Deutschland und Frankreich wollen einen stärkeren wirtschaftlichen Abschwung in Europa verhindern. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte nach einem Treffen mit Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron und mit Finanzminister Michel Sapin "verstärkte Investitionen" an. Bis zum deutsch-französischen Wirtschaftsrat am 1. Dezember würden gemeinsame Vorschläge für mehr Investitionen erarbeitet.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der ebenfalls an dem Treffen teilnahm, warnte allgemein vor "Schulmeisterei" und einem Schlechtmachen des jeweils Anderen in Europa. Deutschland habe bei den Investitionen einen Anteil von 17 Prozent an der Wirtschaftsleistung, Ziel seien 20 Prozent. Diese Lücke entspreche in etwa den 50 Milliarden Euro an Investitionen, die die französische Seite angesprochen habe, betonte Gabriel. Statt Strohfeuerprogramme aufzulegen, wolle die Bundesregierung aber vor allem private Investitionen in Unternehmen stärken, etwa im Bereich Forschung. Sapin erklärte, Frankreich habe Einsparungen in Höhe von 21 Milliarden Euro geplant, denn das Defizit sei zu hoch. "Wir machen das, weil es für uns wichtig ist."
"Nichts gefordert oder verlangt"
Macron relativierte seinen Vorschlag, Deutschland müsse zur Ankurbelung der Konjunktur in Europa bis 2017 rund 50 Milliarden Euro zusätzlich investieren. "Ich habe nichts gefordert oder verlangt", sagte Macron, ergänzte aber zugleich: "Deutschland hat mehr Kapazitäten als wir im Bereich der Investitionen."
Er hatte zuvor in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein milliardenschweres Investitionsprogramm ins Spiel gebracht, um die die Konjunktur in Europa zu beleben. "50 Milliarden Euro Einsparungen bei uns und 50 Milliarden zusätzliche Investitionen bei Ihnen - das wäre ein gutes Gleichgewicht", sagte der Macron der Zeitung mit Blick auf die nächsten drei Jahre. Und die zusätzlichen 50 Milliarden Euro wären nach seinen Worten für Deutschland "ohne Probleme mit einer seriösen Haushaltspolitik zu vereinbaren". Frankreich dagegen fehlten die Mittel für mehr Ausgaben.
Auch Deutschland stellt sich auf ein geringeres Wachstum ein. Im Ausland wie auch vonseiten einiger SPD-Politiker wächst der Druck, das Ziel eines Bundeshaushalts 2015 ohne Neuverschuldung nicht zum Dogma zu erklären. Gabriel und Schäuble wollen aber kein schuldenfinanziertes Konjunkturpaket. "Deutschland befindet sich nicht im Abschwung", sagte Gabriel der "Bild"-Zeitung. In diesem Jahr wachse die Wirtschaft um 1,2, im nächsten Jahr um 1,3 Prozent. Das sei zwar weniger, als die Wirtschaftsinstitute zu Beginn des Jahres vorausgesagt hätten, aber dennoch gehe es "bergauf, nicht bergab".
"Europa ist mit einem Nachfrageproblem konfrontiert"
Macron betonte hingegen, wichtig seien neue Konjunkturimpulse. "Europa ist mit einem Nachfrageproblem konfrontiert", sagte er und warnte vor einer übertriebenen Sparpolitik. "Es ist unser kollektives Interesse, dass Deutschland investiert." Sapin sagte mit Blick auf notwendige Einsparungen in Frankreich: "In den Ländern, die ihre Haushalte konsolidieren müssen, geht es darum, die staatlichen Investitionen zu erhalten. Das tun wir." In einem Interview mit "France Info" ergänzte er, man dürfe den Defizitabbau nicht über alles setzen.
Frankreich verstößt bei seiner Neuverschuldung seit Jahren gegen die Maastricht-Kriterien, die eine Neuverschuldung in Höhe von höchstens 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erlauben. Das Land will auch in den nächsten zwei Jahren die Defizitgrenze nicht einhalten.
Sparen oder Investieren?
In Europa wird derzeit über die richtige Balance zwischen Sparpolitik und einer durch Investitionen geförderten Wachstumspolitik diskutiert. Die EU-Finanzminister hatten in der vergangenen Woche bei einem Treffen die "dringende Notwendigkeit" betont, mit weiteren Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit und Europas Wachstumspotenzial zu stärken. Vor allem die Bedingungen für öffentliche und private Investitionen sollen verbessert werden.