Fragwürdige Finanztrainings Abkassiert mit Traum vom schnellen Geld
Reich werden, ohne hart arbeiten zu müssen: Mit diesem Versprechen locken Online-Finanzakademien junge Menschen. Diese sollen lernen, richtig zu investieren, zahlen dafür viel Geld und sind danach oft enttäuscht.
Es begann alles mit einer WhatsApp-Nachricht von einem Freund, erzählt der 25-jährige Tao aus Friedrichsdorf. Der habe ihm 2019 zum ersten Mal von der Online-Finanzakademie IM Mastery Academy erzählt. Dort können Mitglieder angeblich lernen, mit Währungen zu handeln, auch speziell mit Kryptowährungen. Es gibt Lernvideos, Apps, Live-Training im Internet und Veranstaltungen vor Ort, etwa in Frankfurt am Main.
Dafür zahlen Teilnehmer pro Monat umgerechnet 230 Euro. Tao machte damals eine Lehre zum Fachinformatiker, deshalb war das für ihn viel Geld. Trotzdem war er interessiert. Als sein Freund ihn zu einer Veranstaltung einlud, sagte er zu. Dort sei es weniger um den Währungshandel gegangen, sondern vor allem darum, dass die Teilnehmer wieder neue, zahlende Mitglieder anwerben und daran selbst verdienen. Dafür gibt es bei der Online-Finanzakademie ein mehrstufiges Vergütungssystem.
Weltreisen, Jachten und teure Limousinen
"Es wurde suggeriert, wenn man viele Leute mit reinholt, kann man ein luxuriöses Leben führen und muss sich keine Gedanken mehr um Geld machen", erzählt Tao. Die Bilder von Weltreisen, Jachten und Limousinen hätten auch ihn überzeugt. Bis 2020 war er Mitglied bei der Online-Finanzakademie. Im Nachhinein tue es ihm leid, dass er in seinem Bekanntenkreis dafür Werbung gemacht habe und darüber Freundschaften kaputt gegangen seien.
Verdient hat er damit nach eigenen Worten nicht viel, und für den Handel mit Währungen habe ihm oft die Zeit gefehlt. Angesichts der hohen Preise für die Mitgliedschaft sei das Ganze für ihn rückblickend ein Draufleggeschäft gewesen, auch wenn er nicht mehr sagen könne, wie viel Geld er verbrannt habe. Wie IM Mastery Academy die hohen Preise rechtfertigt und welche Schwerpunkte man bei dem Training setzt, dazu hat sich die Online-Finanzakademie auf Nachfrage bislang nicht geäußert.
Weltreisen, Yachten und Limousinen: Mit dem Versprechen großen Reichtums wird an dubiosen Finanzakademien ein Schneeballsystem etabliert.
Der Erfolg ist laut Finanzaufsicht fraglich
Die Finanzaufsicht BaFin warnt vor diversen Online-Finanzakademien und anderen Bildungsangeboten im Internet. Oft würden die Anbieter junge Erwachsene und sogar Minderjährige mit der Aussicht auf schnelles Geld locken und im Gegenzug eine monatliche Gebühr verlangen, sagt Sabine Reimer, Leiterin des Referats für Verbraucheraufklärung: "Ob sich der Erfolg tatsächlich einstellt, ist allerdings fraglich." Es sei möglich, dass Verbraucher sogar Verluste erleiden.
"Gerade der Handel mit Währungen ist schwierig", meint Renate Daum, Expertin für Geldanlagen bei der Stiftung Warentest. Damit ließen sich kaum Gewinne erzielen. Müssten Mitglieder dann noch viel Geld für Trainingskurse ausgeben, würden sie schnell verlieren. "Deshalb ist es ein Warnzeichen, wenn auf Veranstaltungen die Gier von Leuten angefacht wird, so dass sie gar nicht mehr klar denken können."
Schneeballsystem und "reinste Gehirnwäsche"
Den Eindruck hatte auch der 32-jährige Mohamad, als er vergangenen November eine Veranstaltung von IM Mastery Academy in Frankfurt besuchte. "Ich hatte das Gefühl, dass hier richtig Gehirnwäsche betrieben wird." Auf der Bühne hätten Leute jungen Menschen Reichtum versprochen, mit psychologischen Motivationssprüchen um sich geworfen. Der Druck sei enorm gewesen. "In jeder Pause und in den Tagen danach fragten Mitglieder nach, ob ich nicht auch beitreten möchte", berichtet Mohamad. Er hat sich dagegen entschieden und auch dadurch Freunde verloren.
Katharina Lawrence, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hessen, rät, sich mit solchen Online-Bildungsangeboten unbedingt genau auseinanderzusetzen. "Wenn ein Geschäftsmodell nur darauf beruht, dass immer neue Mitglieder angeworben werden, damit Geld ins System kommt, sollten alle Alarmglocken läuten", warnt die Verbraucherschützerin.
Außerdem hält sie es für sehr wichtig, zu hinterfragen, wie viel Ahnung sogenannte Trainer tatsächlich haben. "Viele Likes und positive Kommentare in sozialen Netzwerken allein sind kein Zeichen von Expertise", betont Lawrence. Wer wirklich seriös beraten wolle, erkläre in der Regel, warum er Fachwissen besitze - und zwar so, dass es jeder anhand seriöser Quellen nachvollziehen könne.