Verfassungsklage gegen ESM und Fiskalpakt angekündigt Parlamentsrechte unzumutbar eingeschränkt?
Verstoßen ESM und Fiskalpakt gegen das Grundgesetz? Einige Organisationen und Parteien wollen gegen die Pläne klagen und werden unter anderem von Ex-Justizministerin Däubler-Gmelin vertreten. Sie kritisiert, die Verträge schwächten den Einfluss der Bürger auf die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik.
Noch vor der Verabschiedung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM und des Fiskalpakts hat ein Bündnis aus Parteien und Nicht-Regierungsorganisationen eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. "Der Rubikon hin zu einem europäischen Bundesstaat wird überschritten", sagte der Rechtsprofessor Christoph Degenhart zur Begründung. Er ist zusammen mit der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin Klageführer für die angekündigte Verfassungsbeschwerde.
Hauptkritikpunkt ist laut Däubler-Gmelin, dass im ESM die Frage der Haftungshöhe Deutschlands letztlich unklar bleibe. Zudem schränke der Fiskalpakt die Rechte des deutschen Parlaments in unzumutbarer Weise ein, weil die Regelungen anders als die Schuldenbremse im Grundgesetz unkündbar sei, argumentiert Degenhart.
"Rote Linie überschritten"
Die Ratifizierung der Verträge schwäche den Einfluss der Bürger auf die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik und mache die EU "immer exekutivlastiger", sagte Däubler-Gmelin bei der Vorstellung der Klage. Mit beiden Vereinbarungen werde eine "rote Linie" überschritten, die das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zu den Euro-Rettungsmaßnahmen gezogen habe. Als "unmöglich" bezeichnete die frühere Justizministerin das Vorgehen im Bundestag, wo die Verträge Ende März in erster Lesung beraten worden seien, obwohl die endgültige Fassung noch gar nicht vorliege.
Das Bündnis, dem neben der Organisation "Mehr Demokratie" auch die Freien Wähler und die Partei ÖDP angehören, kündigte die Beschwerde für den Fall an, dass es kein Referendum über den ESM und den Fiskalpakt geben wird. Auch die Linkspartei hatte bereits eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler will dagegen zunächst die für Mai erwartete Verabschiedung der Gesetze abwarten.
Die Bundesregierung reagierte betont gelassen. Sie gehe davon aus, dass ESM und Fiskalpakt einer höchstrichterlichen Überprüfung standhielten und mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar seien, sagte ein Regierungssprecher.
Bundestag und Bundesrat sollen im Mai entscheiden
Klagen gegen den ESM und den Fiskalpakt waren erwartet worden. Das höchste deutsche Gericht hatte sich bereits mit dem vorläufigen Euro-Rettungsschirm EFSF, den Finanzhilfen für das angeschlagene Griechenland sowie den Mitbestimmungsrechten des Bundestages befasst. Das Verfassungsgericht billigte dabei die Finanzhilfen stets, stärkte aber die Mitwirkungsrechte des Bundestages und der Parlamentarier bei haushaltswirksamen Entscheidungen.
Die Ratifizierung der Gesetze über den ESM und den Fiskalpakt durch Bundestag und Bundesrat ist für Mai vorgesehen. Eine Volksabstimmung wie in Irland ist in Deutschland nicht geplant.