Folge des starken Franken Rekordverlust bei Nationalbank der Schweiz
Die Schweizerische Nationalbank hat 2022 den größten Verlust in ihrer 115-jährigen Geschichte gemacht. Private Aktionäre, Bund und Kantone müssen deshalb auf eine Ausschüttung verzichten.
Fallende Aktien- und Anleihekurse sowie die Franken-Aufwertung haben der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im vergangenen Jahr einen Rekordverlust eingebrockt. Die Notenbank verzeichnete nach vorläufigen Zahlen 2022 einen Fehlbetrag von 132 Milliarden Franken, wie sie heute mitteilte. Nach der Verrechnung mit der vorhandenen Ausschüttungsreserve und den Rückstellungen für Währungsreserven bleibe ein Bilanzverlust von etwa 39 Milliarden Franken, schreibt die SNB.
Im Vorjahr noch Gewinn
Als Folge wird die Nationalbank in diesem Jahr auf eine Ausschüttung verzichten. "Dieser Bilanzverlust verunmöglicht gemäß den Bestimmungen des Nationalbankgesetzes sowie der Gewinnausschüttungsvereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Finanzdepartement und der SNB eine Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2022", heißt es dazu in der Pressemitteilung der SNB. Das betreffe sowohl die Dividende an die Aktionärinnen und Aktionäre der SNB als auch die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone. Letztmals hatte die SNB im Jahr 2014 kein Geld an die öffentliche Hand ausgezahlt.
Im Vorjahr hatte die SNB noch einen Gewinn von 26,3 Milliarden erwirtschaftet. Bund und Kantone hatten deshalb sechs Milliarden Franken erhalten, die Aktionäre 15 Franken Dividende je Aktie. Der zweithöchste SNB-Verlust von 23 Milliarden Franken stammt aus dem Jahr 2015.
Riesige Verluste auf Fremdwährungsbestände
Grund für den hohen Verlust sind die enormen Fremdwährungsbestände der SNB. Die Notenbank verfügt über rund 800 Milliarden Franken Devisenreserven, wozu auch Aktien und Anleihen aus dem Ausland gehören. Die SNB hatte jahrelang Fremdwährungen gekauft, um eine zu starke Aufwertung des in Krisenzeiten als sicherer Hafen gefragten Franken zu unterbinden - denn dies hätte der Wirtschaft geschadet. Diese Bestände sorgten für einen Verlust von 131 Milliarden Franken.
Der Verlust auf die in Franken gehaltenen Positionen betrug eine Milliarde Franken, der Wert des von der SNB gehaltenen Golds erhöhte sich dagegen im vergangenen Jahr um 0,4 Milliarden Franken.
Zinswende teuer für die Notenbanken
Auch andere Notenbanken dürfte Verluste schreiben. So hatte die Europäische Zentralbank (EZB) Ende November vor Verlusten im Zuge der raschen Zinswende gewarnt. Die EZB hat den Einlagensatz seit dem Sommer im Kampf gegen die hohe Inflation in vier Schritten auf inzwischen 2,0 Prozent angehoben. Notenbankchefin Christine Lagarde stellte zudem weitere Zinserhöhungen in Aussicht.
Wegen des in kurzer Zeit stark nach oben gesetzten Einlagensatzes zahlen die Währungshüter inzwischen wieder viele Milliarden Euro an Zinsen an die Geschäftsbanken, die bei den nationalen Notenbanken der Eurozone überschüssige Gelder parken. Das führt zu stark steigenden Zinsausgaben.
Die Bundesbank könnte ebenfalls Verluste machen: Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte im Herbst darauf hingewiesen, dass die deutsche Notenbank Rückstellungen von rund 20 Milliarden Euro für den Fall gebildet hat, dass die Zinsen wieder steigen. Nagel schloss Verluste für die Bundesbank nicht aus.
Keine Auswirkungen auf die Geldpolitik
Auf die Geldpolitik dürfte der immense Fehlbetrag der Schweizerischen Nationalbank keine Auswirkungen haben. "Die kolossalen Verluste der SNB werden ihre Geldpolitik nicht verändern", sagte Karsten Junius, Ökonom bei J. Safra Sarasin. Die SNB hatte wegen des Inflationsdrucks im Juni die Zinswende eingeleitet, den Leitzins 2022 in drei Schritten auf 1,0 Prozent angehoben und weitere Erhöhungen in Aussicht gestellt.
Anhaltend massive Verluste könnten zwar das Eigenkapital der Notenbank aufzehren. SNB-Direktoriumsmitglied Martin Schlegel hatte im Oktober in einem Zeitungsinterview aber erklärt, dass die SNB ihre Aufgabe auch mit negativem Eigenkapital erfüllen könne.
Börsennotierte Aktiengesellschaft
Die SNB ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, die wie andere Unternehmen vierteljährlich Rechenschaft über ihre Geschäfte ablegen muss. Nach Angaben des Jahresberichts von 2021 befanden sich zu diesem Zeitpunkt rund 78 Prozent der Stimmrechte in den Händen der Kantone und der Kantonalbanken sowie anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder Anstalten. Der übrige Teil der Stimmrechte wird von Privaten gehalten. Laut Jahresbericht 2021 gab es zum Stichtag 31.12.2021 knapp 2400 Privataktionäre. Mit einem Anteil von etwas mehr als fünf Prozent war zuletzt der Düsseldorfer Investor Theo Siegert der größte Privataktionär.
Die SNB wird den ausführlichen Bericht zum Jahresabschluss mit den endgültigen Zahlen am 6. März präsentieren. Der Geschäftsbericht wird am 22. März 2023 veröffentlicht.