US-Anleger in Kauflaune Neue Rekorde an der Wall Street
Anhaltende Zinsfantasie hat an der Wall Street für neue Rekorde gesorgt. Das Attentat auf Ex-Präsident Trump beschäftigte die Anleger zwar, war aber nicht entscheidend für die Tagestendenz.
Am New Yorker Aktienmarkt setzen die Anleger weiter auf alsbald sinkende Zinsen und treiben die großen Indizes dadurch immer weiter vor. Zudem stützt der ungebrochene KI-Boom weiter vor allem die hochbewerteten Technologieschwergewichte.
Das Attentat auf den republikanischen Ex-US-Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten Donald Trump am Wochenende wurde in Marktkommentaren zwar viel diskutiert. Auf die Börse selbst habe das aber nur begrenzte Auswirkungen gehabt, schrieb ein Händler.
Viele Experten sind sich einig, dass das Attentat die Chancen des Republikaners bei der Wahl im November erhöht hat. Ein Szenario, das zu höheren US-Einfuhrzöllen und höheren Staatsausgaben führen könnte.
Trotz aller Spekulationen darüber, was ein aktuell wahrscheinlicher gewordener Wahlsieg Trumps bedeuten könnte, bleiben aber die Zinshoffnungen das zentrale Argument für die Käufer an der Wall Street. Jüngste Wirtschaftsdaten sprechen dafür, dass die Notenbank Federal Reserve (Fed) schon im September die Zinswende einleiteten könnte, auf die die Anleger schon das ganze Jahr warten.
Der Dow Jones (bei 40.351 Punkten) und der marktbreite S&P-500-Index (bei 5.667 Punkten) markierten im Verlauf neue Rekordhochs. Der Dow schloss am Ende bei 40.211 Zählern um 0,53 Prozent höher, der S&P-500-Index ging bei 5.631 Zählern aus dem Handel, ein Plus von 0,28 Prozent.
An der Technologiebörse Nasdaq blieben die großen Indizes leicht unter ihren erst jüngst markierten Höchststände. Der Auswahlindex Nasdaq 100 schloss um 0,27 Prozent höher bei 20.386 Punkten, der Composite-Index gewann 0,4 Prozent auf 8.472 Stellen.
Trotz jüngster Fortschritte im Kampf gegen die Inflation will sich US-Notenbankchef Jerome Powell noch nicht auf einen Zeitpunkt für eine Zinswende festlegen. Er werde mit Blick auf die künftigen geldpolitischen Sitzungen dafür noch kein Signal senden, sagte er am Abend (MESZ) auf einer Veranstaltung des Economic Club of Washington.
Die Entscheidungen würden nach Datenlage getroffen. Anders als zu Jahresbeginn habe man bei der Bekämpfung des starken Preisauftriebs allerdings im Lauf des zweiten Quartals einige Fortschritte gemacht: "Wir hatten drei bessere Werte, und wenn man sie mittelt, ist das ziemlich gut platziert." Die US-Verbraucherpreise waren im Juni nicht mehr so stark gestiegen - und zwar um 3,0 Prozent nach 3,3 Prozent im Mai und 3,4 Prozent im April.
Getragen wird die derzeitige Hausse unter anderem von Apple, die Aktie markierte heute bei 237,23 Dollar ein neues Rekordhoch. Ein optimistischer Expertenkommentar verhalf dem Papier des iPhone-Anbieters zu einem neuen Allzeithoch. Der Schlussstand lag bei 234,40 Dollar, ein Plus von 1,67 Prozent.
Die Experten von Morgan Stanley haben Apple als "Top Pick" eingestuft. Hintergrund sei die Markteinführung der neuen Anwendung der Künstlichen Intelligenz (KI), "Apple Intelligence". Da die App nur mit bestimmten Gerätemodellen kompatibel sei, dürfte sie den Absatz des Unternehmens auf fast 500 Millionen iPhones in den nächsten zwei Jahren steigern. Die Morgan-Stanley-Analysten waren zuvor von 230 bis 235 Millionen ausgegangen.
Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat Dank des guten Laufs ihrer Geschäfte an den Finanzmärkten im zweiten Quartal mehr verdient als erwartet. Sowohl bei Anleihen, Währungen und Rohstoffen als auch mit bei der Beratung bei Finanzierungen stieg der Erlös des Geldhauses im Jahresvergleich. Zudem verdiente das Institut unter dem Strich mehr als erwartet.
Doch an die starken Ergebnisse aus dem ersten Jahresviertel kamen die New Yorker vielfach nicht mehr heran. Die Aktie legte um 2,57 Prozent zu und erreichte im Verlauf ein neues Rekordhoch bei 493,00 Dollar. Erst am Freitag hatte das Papier eine Bestmarke bei fast 480 Dollar erreicht. In diesem Jahr steht für die Anleger bis dato ein Kursplus von rund einem Viertel zu Buche.
Nach zuletzt drei Gewinntagen in Folge haben die Anleger bei deutschen Aktien zum Wochenstart auf die Bremse getreten. Der DAX weitete seine Anfangsverluste am Nachmittag noch aus, obwohl die US-Börsen mit klaren Gewinnen eröffneten.
Letztlich verlor der Leitindex fast auf seinem Tagestief 0,84 Prozent auf 18.590 Zähler, nachdem er in der Vorwoche um rund anderthalb Prozent gestiegen war. Der MDAX schloss 0,83 Prozent tiefer bei 25.688 Punkten. Das Tageshoch lag bei 18.743 Punkten.
Anders als in den USA, wo die Märkte derzeit primär durch Zinshoffnungen und einen scheinbar nicht enden wollenden KI-Boom getragen werden und Rekordstände markieren, tut sich der DAX weiter schwer mit neuen Bestmarken. Das Rekordhoch von Mitte Mai bei 18.892 Punkten bleibt ein zäher Widerstand.
Neben den US-Zinshoffnungen war natürlich das Attentat auf Donald Trump ein Thema auf beiden Seiten des Atlantiks, zumindest im Frühhandel. In den kommenden Wochen dürfte es im US-Wahlkampf emotional zugehen, schrieb Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. "Umso wohltuender ist es, dass die Finanzmärkte Ruhe bewahren". Zwar werde man sich an den Börsen fragen, was das Attentat für den Wahlausgang bedeutet. "Doch man wird dabei einen kühlen Kopf bewahren", prognostizierte der Volkswirt.
"Der Wahlkampf in den USA dürfte mit dem Attentat auf Trump in die heiße Phase treten, und es ist davon auszugehen, dass Trump den Vorfall für sich zu nutzen weiß und politisches Kapital daraus schlagen wird", sind die Experten der Landesbank Hessen-Thüringen überzeugt.
Am Devisenmarkt bewegte sich der Euro zum Dollar letztlich kaum. Im US-Handel wurden zuletzt 1,0900 Dollar bezahlt. Das Attentat auf Donald Trump hatte am Vormittag den US-Dollar gegenüber vielen anderen wichtigen Währungen zunächst gestützt und den Euro unter die Marke von 1,09 Dollar fallen lassen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0907 (Freitag: 1,0890) Dollar fest.
Die Anleger am Devisenmarkt zumindest setzten darauf, dass eine Rückkehr des Republikaners Trump ins Weiße Haus unter anderem höhere Zölle nach sich ziehen wird, was wiederum nach allgemeiner Auffassung dem Dollar zugutekommen sollte. Die Aussicht auf eine Umsetzung von Trumps protektionistischer Agenda belastete zudem den mexikanischen Peso. Mexiko und die USA sind mit einem Freihandelsabkommen eng miteinander verflochten.
Abseits von den politischen Ereignissen und der US-Berichtssaison richten sich die Blicke der Anleger in dieser Woche auf die EZB-Ratssitzung am Donnerstag und einige Konjunkturindikatoren. So ist die chinesische Volkswirtschaft im zweiten Quartal nur um 4,7 Prozent gewachsen. Das ist deutlich weniger als die meisten Analysten erwartet hatten.
Dagegen konnten Daten aus Europa positiv überraschen: Die Industrie in der Euro-Zone hat ihre Produktion im Mai um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat heruntergefahren. Experten hatten mit einem stärkeren Rückgang von 1,0 Prozent gerechnet.
Der Bitcoin-Kurs hat heute kräftig zugelegt und damit die Kursgewinne vom Sonntag ausgebaut. Ein Bitcoin kostete zuletzt knapp 63.366 Dollar. Vor den Schüssen auf Trump hatte der Bitcoin noch deutlich unter 60.000 Dollar gelegen.
"Der Republikaner Trump ist offen gegenüber digitalen Währungen, Bitcoin sind als Spenden im Wahlkampf willkommen, im Lager der Demokraten ist man da deutlich zurückhaltender", erklärt Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.
Ein negativer Analystenkommentar sorgte für weitere Kursverluste bei der Lufthansa. Die Titel der Fluggesellschaft gaben rund ein Prozent nach. Die Experten des US-Finanzdienstleisters Stifel haben sie auf "Sell" von "Hold" herabgestuft.
Die jüngsten Probleme bei der Lufthansa seien komplex und beinhalteten unter anderem "ein unwirtschaftliches Kapazitätswachstum, anscheinende Produktmängel und ein nicht wettbewerbsfähiges Kostenmanagement", hieß es in der Erklärung. Die Airline senkte vergangene Woche zum zweiten Mal ihre Prognose für 2024 und gab eine Gewinnwarnung für das zweite Quartal heraus.
Am deutschen Aktienmarkt stand die BayWa-Aktie im Fokus. Der Kurs der SDAX-Aktie brach am Ende des Tages um über 30 Prozent auf 15,74 Euro ein. Das Papier hatte bereits in den vergangenen Monaten deutlich an Wert verloren: Seit Jahresbeginn steht nunmehr ein Kursminus von knapp 50 Prozent zu Buche. Vor zwei Jahren war der Aktienkurs noch dreimal so hoch gewesen.
Das hochverschuldete Unternehmen hat - offenbar auf Druck der Gläubigerbanken - ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben, das zeigen soll, ob die BayWa sanierungsfähig ist. Ein großes Problem sind die seit 2021 stark gestiegenen Zinszahlungen für die Kredite. Das Unternehmen spricht von einer "angespannten Finanzierungslage". Ziel des Gutachtens ist eine positive Fortführungsprognose, die die Voraussetzung für eine Verlängerung von Krediten ist. Zudem hat der Agrarhändler einen Sanierungsberater an Bord geholt.
"Damit ist klar, dass die Situation bei der BayWa deutlich kritischer ist als bisher angenommen", schrieb die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Die hohe Verschuldung ist ein sehr ernstes Problem."
Airbus und der französische Rüstungskonzern Thales erwägen Insidern zufolge, Teile ihres Raumfahrt-Geschäfts zusammenzulegen. Dabei soll es laut übereinstimmenden Medienberichten um die Satelliten-Sparten gehen. Airbus hatte in den vergangenen Quartalen mehrfach Abschreibungen auf sein Satelliten-Geschäft vorgenommen, weil die Kosten aus dem Ruder gelaufen waren oder sich Projekte als defizitär entpuppten.
Derweil hat der europäische Flugzeugbauer bei seine jährliche Branchenprognose vor allem die Schätzungen für Langstreckenmaschinen nach oben geschraubt, die nach der Corona-Flaute wieder gefragt sind. Airbus geht davon aus, dass der Bestand an Passagier- und Frachtmaschinen sich bis 2044 auf 48.230 mehr als verdoppelt.
Wegen einer schwachen Nachfrage auf dem wichtigen Absatzmarkt China hat Swatch im ersten Halbjahr die Erwartungen deutlich verfehlt. Das strafen Anleger an der Börse in Zürich mit einem Kurseinbruch von rund zehn Prozent ab. Im Sog von Swatch geriet die gesamte Branche unter Druck: In Paris standen LVMH, Kering und Hermès unter Druck. Auch neue Entwicklungen bei Burberry lasteten auf dem Sektor.
Der Facebook-Konzern Meta hebt vor der heißen Phase des Wahlkampfs ums Weiße Haus die restlichen Einschränkungen für Ex-Präsident Donald Trump auf. Damit drohen ihm nicht mehr härtere Strafen bei Regelverstößen. Seine Accounts bei Facebook und Instagram hatte Trump bereits Anfang 2023 zurückbekommen. Er hätte als Wiederholungstäter aber schon bei kleineren Verletzungen gegen Regeln der Plattformen wieder verbannt werden können.
Der Google-Mutterkonzern Alphabet steht einem Pressebericht zufolge vor seiner größten Übernahme. Der Konzern befinde sich in fortgeschrittenen Gesprächen über den Kauf der Datensicherheitsfirma Wiz für rund 23 Milliarden Dollar, berichtete das "Wall Street Journal" (WSJ) am Wochenende unter Berufung auf eingeweihte Personen. Ein Deal könnte schon bald bekannt gegeben werden, sei aber noch nicht in trockenen Tüchern.