Weiter auf Gewinnkurs Wall-Street-Ampeln bleiben auf Grün
Die US-Börsen haben sich mit soliden Gewinnen ins Feiertagswochenende verabschiedet. Der DAX konnte zuvor sein neues Rekordhoch nicht verteidigen.
Vor dem feiertagsbedingten langen Wochenende haben sich die Anlegerinnen und Anleger an der Wall Street keine Blöße gegeben. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte konnte anders als am Vortag zwar nicht an den Tech-Indizes vorbeiziehen, schloss aber nach einem überraschend starken Schlussspurt noch bei 41.563 Punkten um 0,55 Prozent höher und damit nur knapp unter dem gestrigen Rekordhoch bei 41.578 Zählern. Am Montag bleiben die US-Börsen wegen des Feiertages Labor Day geschlossen.
Besser erging es der technologielastigen Nasdaq mit einem Plus von 1,13 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann 1,29 Prozent auf 19.574 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index, der ebenfalls viele Technologieaktien beinhaltet, rückte um 1,01 Prozent vor auf 5.648 Zähler.
Der als vermeintlich schwacher Börsenmonat oft gefürchtete August hatte es in diesem Jahr in sich. Rezessionssorgen hatten Anfang des Monats einen Kursrutsch ausgelöst, von dem sich die Indizes aber schnell wieder erholen konnten. Dazu trugen die Erwartungen an Zinssenkungen bei. Seit dem in den ersten August-Tagen erreichten tiefsten Stand seit Mitte Juni hat der Dow über sieben Prozent aufgeholt.
Für die Woche ergab sich ein gemischtes Bild: Der Dow Jones legte um 0,9 Prozent zu und der S&P 500 um 0,2 Prozent, jedoch gab die Nasdaq um 0,9 Prozent nach. Der Monat August war dann wieder für die drei wichtigsten US-Indizes erfreulich: Der Dow Jones verzeichnete einen Anstieg von 1,8 Prozent, der S&P 500 von 2,3 Prozent und die Nasdaq von 0,6 Prozent.
Im Grunde scheint nur noch offen, wie stark die US-Notenbank Fed im September an der Zinsschraube drehen wird. Die Inflation stehe einer Senkung nicht mehr im Weg. "Es kommt jetzt auf die Konjunktur an, wie schnell und wie deutlich die Zinsen fallen werden", sagte Commerzbank-Devisenexperte Volkmar Baur.
Unter den US-Einzelwerten gerieten Ölaktien wegen der sinkenden Notierungen unter Druck. Die Opec+ wird Insidern zufolge voraussichtlich ab Oktober mit der geplanten Ölproduktionssteigerung fortfahren. Zur Opec+ gehören die Mitglieder der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) sowie verbündete Ölförderer unter Führung Russlands. Sie haben seit Ende 2022 eine Reihe von Förderkürzungen vorgenommen, um die Ölpreise zu stützen. Die Papiere der großen Ölkonzerne Chevron und Exxon Mobil verloren bis zu 1,2 Prozent.
Der kriselnde Halbleiterkonzern Intel prüft Kreisen zufolge unterschiedliche Optionen für Teile seiner Geschäfte. Diskutiert würden unter anderem die Aufspaltung der Produktdesign- und Fertigungsgeschäfte sowie der Verkauf von Fabrikprojekten, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Intels langjährige Banken prüften auch mögliche Fusionen und Übernahmen.
Die Gedankenspiele elektrisierten die Anleger an der Wall Street. Die Aktie sprang um 9,49 Prozent, nachdem sie gestern bereits zugelegt hatte und stand an der Dow-Spitze.
Wie auch in Europa, gab es für die Märkte Unterstützung durch neue Inflationsdaten. Beim sogenannten PCE-Kernindex, der die schwankungsanfälligen Nahrungsmittel- und Energiekosten bei der Ermittlung der Inflationsrate ausklammert, ergab sich im Juli ein Wert von 2,6 Prozent. Hier hatten Ökonomen einen Anstieg auf 2,7 Prozent erwartet.
Es handelt sich dabei um das bevorzugte Inflationsmaß der US-Notenbank Fed. Expertinnen und Experten zufolge dürften die Zahlen ein weiteres Argument für eine Zinswende in den USA im September liefern.
Die Konsumausgaben, die mehr als zwei Drittel der US-Wirtschaftsaktivität ausmachen, stiegen unterdessen im vergangenen Monat um 0,5 Prozent. Experten zufolge dürften die Zahlen ein weiteres Argument für eine Zinswende in den USA im September liefern. "Die Daten untermauern die Annahme, dass der Zinssenkungszyklus beginnen wird", sagte Thomas Martin, Portfolio-Manager bei Globalt Investments.
Die heimischen Anlegerinnen und Anleger blieben auch zum Wochen- und Monatsschluss lange in Kauflaune, ehe sie im späten Geschäft einer schwächelnden Wall Street folgten. Am Ende des Tages verbuchte der DAX zwar im Verlauf bei 18.970 Punkten das dritte Rekordhoch in Folge, zu mehr reichte es dann aber nicht. Der Schlussstand lag bei 18.906 Punkten um 0,03 Prozent niedriger und damit so gut wie unverändert.
Die Hoffnung auf fallende Zinsen treibt derzeit den Leitindex weiter an - nicht spektakulär, aber stetig nähert er sich der nächsten Tausendermarke von 19.000 Punkten. In der Spitze waren es heute nur noch weniger als 30 Punkte bis 19.000 Punkte.
Auch wenn die runde Marke verfehlt wurde, die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Ausgehend von seinem Monatsschlusskurs bei 18.509 Punkten Ende Juli hat das deutsche Börsenbarometer damit im August knapp 2,2 Prozent hinzugewonnen. Seit dem Tief bei 17.025 Zählern nach dem Kurseinbruch zu Monatsbeginn summieren sich die Kursgewinne sogar auf 11,1 Prozent und im Wochenvergleich ergibt sich ein Plus von etwas über 1,4 Prozent.
Nach einem schwankungsreichen August stehen "die Chancen für einen goldenen Aktien-Herbst gut". Anlageexperte Robert Halver von der Baader Bank zufolge geht unter Anlegern derzeit die Sorge um, etwas zu verpassen. "Aus Angst, der Rally hinterherzulaufen, geben sie ihre defensive Haltung auf", sagte Halver. Dieses Schema könnte zum Start in den September weiter bestehen.
Laut den Chartexperten der UBS ist der Weg frei bis zunächst 19.000 Punkte. Weitere Orientierungsmarken sehen sie bei 19.100, 19.200 und 19.300 Punkten.
Dies, obwohl gerade der kommende Monat unter saisonalen Aspekten zu den schwächsten Börsenmonaten gehört. Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners spürt "größten Respekt" vor dem September. "Die letzten vier September waren beim DAX negativ", so Altmann. "Bereits davor gab es im September häufig lange Verlustserien."
Der MDAX der mittelgroßen Werte hat sich zuletzt ebenfalls stabilisiert und zeigte sich heute stärker als der DAX. Der Index gewann am Ende 0,76 Prozent auf 25.703 Punkte. Damit fehlen dem export- und industrielastigen Index, der primär den deutschen Mittelstand abbildet, aber noch rund 1.800 Punkte bis zu seinem Jahreshoch aus dem Mai, das Rekordhoch aus dem August/September 2021 liegt sogar bei über 35.000 Punkten.
Heimische Konjunktursorgen kommen hier stärker zum Tragen, der Leitindex DAX steht mehr im internationalen Fokus der enthaltenen Großkonzerne.
Rückenwind kam zum Wochenschluss von frischen Konjunkturdaten: Die Inflation im Euroraum ist im August auf ein Drei-Jahres-Tief von 2,2 Prozent gefallen. Hauptgrund waren die stark gesunkenen Energiepreise in den 20 Euroländern. Tags zuvor hatte Deutschland bereits einen Rückgang der Inflationsrate auf 1,9 Prozent gemeldet.
Das verstärkte am Markt die Hoffnungen auf eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte bei der nächsten Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am 12. September. "Insgesamt dürften die heutigen Zahlen von vielen EZB-Vertretern mit Erleichterung aufgenommen werden", betont Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa beim Vermögensverwalter DWS. Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde hatten im Juni hatte die Zinswende vollzogen und erstmals seit 2019 die geldpolitischen Zügel gelockert.
Der Euro ist heute erneut nach zum Teil deutlichen Verlusten in den vergangenen Handelstagen unter Druck geblieben. Mit 1,1044 US-Dollar erreichte die Gemeinschaftswährung den tiefsten Stand seit gut einem Jahr. Zuletzt kostete der Euro im New Yorker Handel 1,1054 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,1087 (Donnerstag: 1,1088) Dollar festgesetzt.
Am Nachmittag konnten besser als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten dem Dollar zunächst kaum neuen Auftrieb verleihen. Einen deutlichen Rückgang gab es hingegen bei der Inflation in der Eurozone. Im August war die Inflationsrate auf 2,2 Prozent gesunken, nachdem sie im Juli bei 2,6 Prozent gelegen hatte. "Für die EZB steht die Tür für eine Zinssenkung im September sperrangelweit offen", kommentierte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank die Preisdaten.
Die Ölpreise sind heute deutlich gefallen. Nachdem sich die Notierungen nach zum Teil kräftigen Kursschwankungen im Verlauf der Woche zunächst stabilisiert hatten, gerieten sie am Nachmittag wieder unter Druck. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Oktober kostete zuletzt 2,7 Prozent weniger bei 76,78 Dollar. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 3,4 Prozent auf 73,42 Dollar.
Bis zum Nachmittag hielten sich die Ölpreise in einer vergleichsweise engen Handelsspanne. Dann sorgte ein Medienbericht über die künftige Förderpolitik von Opec+ für fallende Kurse. Demnach soll der Verbund aus Opec-Staaten und anderen Förderländern eine bereits angekündigte Produktionssteigerung länger fortführen als bisher bekannt.
Seit Montag gab es am Ölmarkt mehrfach kräftige Kursbewegungen, wobei sich die Preise unter dem Strich wenig verändert haben. "Das Auf und Ab am Ölmarkt nimmt kein Ende", kommentierte Barbara Lambrecht von der Commerzbank das Handelsgeschehen. Sie verwies auf Medienberichte, denen zufolge sich die Produktionsausfälle in Libyen schnell ausweiten.
Demnach sei die Ölförderung inzwischen um bis zu 700.000 Barrel pro Tag zurückgefahren worden und alle Exporthäfen im Osten des Landes seien geschlossen. "Es werden Befürchtungen geäußert, dass die Ausfälle auf eine Million Barrel pro Tag ansteigen könnten", sagte Expertin Lambrecht.
Das fortgesetzte Chaos bei Thyssenkrupp sorgte am Markt für Verunsicherung und war das Hauptthema auf dem heimischen Parkett beim Blick auf die Einzelwerte. ThyssenKrupp-Aktien verloren im MDAX rund 0,9 Prozent auf 3,20 Euro. Ohnehin ist der Blick auf den Chart ein einziger Jammer für den deutschen Traditionskonzern, war die im MDAX notierte Aktie vor einem Jahr doch noch mehr als doppelt so viel wert.
Mit Blick auf die geplante Neuaufstellung der Stahlsparte eskalierte gestern der Streit in der Führungsriege: Drei Stahlvorstände und vier Aufsichtsratsmitglieder warfen hin, darunter auch Chefaufseher Sigmar Gabriel und Stahlchef Bernhard Osburg. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeigte sich beunruhigt.
Volkswagen gründet eine neue Marke für Camper-Zubehör. Die bisherige Modellbezeichnung "California" für Reisemobile solle künftig als Dachmarke für Zubehör und Dienstleistungen rund um das Reisen im Wohnmobil dienen, kündigte das Unternehmen auf Messe "Caravan Salon" in Düsseldorf an. Ausstattungen wie Markisen, Kühlboxen, Kochplatten und Services wie Pannenhilfe werde man künftig unter der neuen Marke mit eigenem Logo anbieten.
Die Reisemobile selbst laufen aber weiter unter der Marke Volkswagen. "Die werden auch weiterhin das VW -Logo vorne dran haben", erklärte ein Sprecher. Volkswagen bietet unter dem Modellnamen "California" drei zu Campern umgebaute Modelle von VW-Nutzfahrzeugen an.
Ein positiver Analystenkommentar des Investmenthauses Bryan Garnier trieb die Papiere von Fielmann und Mister Spex an. Der für beide Unternehmen wichtige deutsche Brillenmarkt sei im ersten Halbjahr zwar nur moderat gewachsen, beide Unternehmen gewännen aber weiterhin Marktanteile, schreibt Analyst Cedric Rossi in einer Studie. Der Experte stuft beide Aktien mit "Buy" ein.
Der Streik bei der Lufthansa-Tochter Discover Airlines geht in die Verlängerung. Die Vereinigung Cockpit (VC) kündigte gestern an, den Ausstand bis Sonntag auszuweiten. Damit unterstreiche die Gewerkschaft ihre Entschlossenheit im aktuellen Tarifkonflikt. Ursprünglich sollte der Streik von Dienstag bis Freitag dauern.
Der iPhone-Anbieter Apple und der Chip-Hersteller Nvidia verhandeln Medienberichten zufolge über ihre Beteiligung an der geplanten Finanzierungsrunde von OpenAI. Der Software-Konzern Microsoft, der bereits rund zehn Milliarden Dollar in den ChatGPT-Entwickler gesteckt hat, würde ebenfalls zusätzliches Kapital zur Verfügung stellen, schrieb das "Wall Street Journal". Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete über das Interesse von Nvidia an OpenAI.