Terror-Schock überwunden Wall Street zeigt Stärke
Die Wall Street hat sich trotz des Terror-Angriffs auf Israel dem Abwärtssog an den internationalen Finanzmärkten erfolgreich entgegengestellt. Die großen Aktienindizes schlossen allesamt im Plus.
Der US-Aktienmarkt hat sich zum Wochenstart robust präsentiert und trotzte damit den Schockwellen an den internationalen Finanzmärkten. Nach dem überraschenden Terrorangriff der Hamas auf Israel mit vielen Toten hatte Israel den Kriegszustand ausgerufen. Europäische Märkte gingen ins Minus - und zunächst auch der der Handel an der Wall Street.
Im Verlauf erholten sich die großen US-Indizes jedoch und präsentierten sich robust. Am Ende schloss der Leitindex Dow Jones bei 33.604 Punkten um 0,59 Prozent höher, der marktbreite S&P-500-Index gewann 0,63 Prozent. Auch die anfangs schwächer gestartete Technologiebörse Nasdaq wechselte das Vorzeichen und ging um 0,39 Prozent höher aus dem Handel. Ebenso der Auswahlindex Nasdaq 100, der 0,49 Prozent auf 15.047 Punkte zulegte.
Die Verluste am Aktienmarkt hielten sich schon zum Handelsstart in Grenzen, die Investoren verhielten sich Börsianern zufolge besonnen. "Wir sehen eine klassische Bewegung in sichere Häfen, aber ich würde sagen, dass es noch keine wirklichen Anzeichen von Panik gibt", sagte Stuart Cole, Chef-Makroökonom bei Equiti Capital. "Viel wird davon abhängen, ob sich der Konflikt ausweitet und ob es zu Unterbrechungen der Ölversorgung kommt."
Am Rentenmarkt entfernte sich die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe mit 2,78 Prozent weiter von der Drei-Prozent-Marke, die zuletzt erreicht worden war. In New York war der Anleihehandel wegen eines Feiertages heute allerdings geschlossen.
Trotz der Erholung in New York: Vor allem der starke Anstieg der Ölpreise hat das Zeug dazu, die Inflation in den großen westlichen Verbraucherländern erneut anzuheizen, was geldpolitische Lockerungen immer unwahrscheinlicher macht.
"Der Angriff der Palästinenser auf Israel fand ziemlich genau 50 Jahre nach dem Beginn des Jom-Kippur-Krieges statt. Daher liegt es nahe, sich daran zu erinnern, was damals passierte: der erste Ölpreisschock", gibt Ulrich Leuchtmann, Devisen-Experte der Commerzbank, zu bedenken. Auch diesmal könnte der eskalierende Nahost-Konflikt "Solidarisierungs-Reflexe" bei den arabischen Ölproduzenten hervorrufen, so Leuchtmann.
Entscheidend ist Experten zufolge dabei, ob andere Länder in der wichtigen Ölförderregion nun in den Konflikt hineingezogen würden. "Wenn Iran auf den Plan tritt, sind bis zu drei Prozent der globalen Ölversorgung in Gefahr", sagte Energiemarkt-Spezialist Saul Kavonic. "Und wenn sich die Kämpfe auch auf die für den Öltransit wichtige Straße von Hormus ausweiten, dann reden wir von etwa 20 Prozent."
Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die US-Sorte WTI stiegen jeweils um über vier Prozent auf 88,08 und 86,32 Dollar pro Barrel (159 Liter). Damit wurden die kräftigen Verluste im Zusammenhang mit dem Treffen des Ölkartells OPEC+ am vergangenen Mittwoch größtenteils wieder wettgemacht.
Unter den Einzelwerten stand im Dow Jones das Papier von Ölriese Chevron an der Spitze, zudem schlossen ExxonMobil und die Papiere anderer großer Ölmultis deutlich im Plus. Auch die Aktien der US-Rüstungsbranche waren gefragt, so Lockheed Martin, Northrop Grumman und RTX. Konsumwerte tendierten hingegen etwas leichter
Mit einer verhaltenen Wall-Street-Eröffnung im Rücken stabilisierte sich der DAX am Nachmittag und schloss letztlich bei 15.128 Punkten um 0,67 Prozent leichter. Damit verteidigte der deutsche Leitindex zumindest die runde Marke von 15.000 Punkten, die er in der Vorwoche schon leicht unterschritten hatte. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, verlor 0,68 Prozent auf 25.230 Punkte.
Mitten in einer der stärksten Zinserhöhungsphase seit Jahrzehnten ist ein weitere geopolitischer Belastungsfaktor natürlich alles andere als hilfreich. "Die Welt hat den nächsten Krieg und die Börse einen weiteren Faktor Unsicherheit", kommentiert Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Broker RoboMarkets, das aktuelle Marktgeschehen.
Zu den Gewinnern des Tages gehörten Rüstungsaktien. Im DAX standen Rheinmetall mit einem deutlichen Plus von 6,6 Prozent an der Indexspitze. Im MDAX erzielte der Militärsoftware-Spezialist Hensoldt mit über zehn Prozent Kursgewinn den größten Tagesgewinn seit gut eineinhalb Jahren, also seit Beginn des Ukraine-Kriegs.
Aus den Depots flogen dagegen die Papiere von Airlines. Wegen der Angriffe auf Israel steuern zahlreiche Fluggesellschaften ihre dortigen Ziele vorerst nicht mehr an. Außerdem droht ein Anstieg der Treibstoffpreise, die für Gesellschaften ein großer Kostenfaktor sind.
Die Aktien von Lufthansa, Air France-KLM und der British Airways-Mutter IAG gaben deutlich nach. Neben Tagesverlierer Lufthansa gehörte im MDAX auch die Aktie von Flughafenbetreiber Fraport zu den größten Verlierern.
Der Goldpreis zieht über 1,6 Prozent an - so stark wie zuletzt vor drei Monaten. Im US-Handel liegt der Preis für das gelbe Edelmetall bei 1.875 Dollar und damit rund 30 Dollar über dem Niveau vom Freitag. "Eine Erholung des Kurses in Richtung 1.880 Dollar ist durchaus denkbar", so IG-Analyst Christian Henke.
Auch am Devisenmarkt kam es heute zunächst zu einem Ansturm auf sichere Anlagehäfen, der Dollar zeigte Stärke. Ihr Minus dämmte die Gemeinschaftswährung im New Yorker Handel zuletzt aber etwas ein und kostete 1,0566 Dollar, somit noch etwas weniger als am Freitagabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Montag auf 1,0531 (Freitag: 1,0563) Dollar festgesetzt.
Gefragt waren neben dem amerikanischen Dollar auch andere als sichere Anlagehäfen geltende Währungen. Dazu zählt unter anderem der japanische Yen. Unter hohem Druck stand dagegen die Landeswährung Israels, der Schekel. Die Notenbank hatte angekündigt, zur Stützung der heimischen Währung am Devisenmarkt intervenieren. An den Finanzmärkten konnte der Schekel allerdings nur kurz von der Intervention profitieren.
Im MDAX ragte die Vitesco-Aktie mit einem Kursplus von rund 21 Prozent heraus. Der Autozulieferer Schaeffler will mit der Übernahme der früheren Conti-Antriebssparte einen großen Anbieter für Elektromobilität formen. Schaeffler bietet den Vitesco-Aktionären 91 Euro je Papier in bar. Die Schaeffler-Familie hält bereits knapp 50 Prozent an Vitesco.
Die Deutsche Telekom will weiter Stellen abbauen. Wie viele Jobs insgesamt betroffen sein werden, sei noch unklar, sagte ein Telekom-Sprecher am Samstag auf Anfrage. Beim internen IT-Dienstleister Telekom IT sollen 1.300 der 5.400 in Deutschland angesiedelten Stellen wegfallen. Darüber hinaus würden rund 350 Beschäftigte in den kommenden Monaten das Unternehmen in den Vorruhestand oder in Altersteilzeit verlassen. Die Aktie lege im DAX gegen den Trend zu.
Nach der Übernahme des Softwareanbieters Suse durch den Finanzinvestor EQT wird dessen Aktie erwartungsgemäß aus dem SDAX entfernt. Durch den Kauf ist der Streubesitz unter zehn Prozent gesunken, somit ist die Voraussetzung für die Notierung in dem Index der kleineren Werte nicht mehr erfüllt. Für Suse wird ab heute der Abfüllanlagenhersteller Krones in den SDAX aufgenommen.
Der US-Pharmakonzern Bristol Myers Squibb legt für die Übernahme des Krebsmedikamente-Herstellers Mirati Therapeutics 4,8 Milliarden Dollar auf den Tisch. Der Preis entspricht 58 Dollar je Aktie in bar. Die US-Gesundheitsbehörde hatte das Lungenkrebs-Medikament Krazati von Mirati im Dezember zur Behandlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenem Lungenkrebs zugelassen.
Der strauchelnde chinesische Immobilienkonzern Country Garden könnte wegen anstehender weiterer Zahlungen bald einen Umschuldungsplan für seine ausländischen Verbindlichkeiten ankündigen. Dies berichteten chinesische Medien heute. Das Unternehmen wollte sich weder zu diesem Thema noch zu möglichen Überweisungen an seine Gläubiger äußern.
Heute wurden Zinsen für zwei Anleihen im Volumen von insgesamt 66,8 Millionen Dollar fällig. Im vergangenen Monat hatte der größte private Immobilienentwickler der Volksrepublik bereits Zahlungen über 15 beziehungsweise 40 Millionen Dollar verpasst. Sollte der Konzern die erste Summe nicht bis zum Ablauf der Nachfrist am 17. Oktober überweisen, könnten sämtliche Auslandsverbindlichkeiten als Zahlungsausfall gewertet werden. Diese belaufen sich auf insgesamt 11,96 Milliarden Dollar.