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marktbericht

Gewinne in New York Wall Street schüttelt Zinsängste ab

Stand: 10.11.2023 22:24 Uhr

An der Wall Street haben sich die jüngsten Zinssorgen schnell wieder verflüchtigt. Konjunkturoptimismus überwog und drängte andere Problem zurück. Der DAX tat sich hingegen schwerer.

Besser als in Europa verarbeiten heute die US-Anleger die jüngsten Zinswarnungen von Notenbankchef Jerome Powell vom Vorabend. Die großen Aktienindizes bauten ihre Gewinne im Verlauf sogar noch aus und schlossen klar im Plus, nachdem sie gestern im späten Handel noch deutlich nachgegeben hatten.

Die Währungshüter seien "nicht überzeugt", dass das Zinsniveau zur Bekämpfung der Inflation ausreichend restriktiv sei, betonte Powell. "Das ist die Kehrseite", sagte Greg Bassuk vom Vermögensverwalter AXS Investments. "Positiv ist, dass die Anleger starke Gewinne und eine widerstandsfähige Wirtschaft gesehen haben. Daher sind alle Augen auf alle anderen Wirtschaftsdaten oder Fed-Kommentare gerichtet, die ein besseres Feedback zur künftigen Richtung sowohl der Wirtschaft als auch der Märkte geben könnten."

Der Leitindex Dow Jones gewann am Ende 1,15 Prozent auf 34.283 Zähler. Auf Wochenbasis verzeichnete der wichtigste Wall-Street-Index damit einen Gewinn von rund 0,6 Prozent. An der technologielastigen Nasdaq ging es sogar rund 2,0 Prozent bergauf, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte 2,25 Prozent vor und der S&P-500 gewann 1,5 Prozent hinzu.

Die US-Anleger sammelten sich also trotz des Rüffels von Jerome Powell wieder, nachdem es schon seit Ende Oktober für den Dow deutlich nach oben gegangen war. Denn nach der jüngsten Leitzinsentscheidung sowie Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten und Aussagen von Fed-Offiziellen waren die Finanzmärkte davon ausgegangen, dass der Zinsgipfel in den USA erreicht sein dürfte. Powell hatte gestern jedoch die Hoffnungen der Investoren auf eine baldige Abkehr von seinem straffen geldpolitischen Kurs überraschend deutlich gedämpft.

An den Anleihemärkten war die Rekation der Anleger differenzierter. Die richtungsweisenden zehnjährigen US-Treasuries rentierten zeitweise bei 4,65 Prozent nach 4,63 Prozent im Schlussgeschäft am Donnerstag. Gegen Sitzungsende erholten sie sich aber wieder. Die deutschen Pendants wurden mit bis zu 2,74 Prozent nach 2,71 Prozent verzinst.

"Die Zinsmärkte bleiben nervös, nachdem eine Reihe von Vertretern der Fed und der EZB daran erinnert haben, dass bei Bedarf noch weitere Straffungen möglich sind", sagte Francesco Di Bella, Zinsstratege bei Unicredit. EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte indes, auf Kurs in Richtung Inflationsziel zu sein.

Der Unterhaltungsgigant Walt Disney bekommt die Auswirkungen der mittlerweile beendeten mehrmonatigen Streiks von Autoren und Schauspielern in Hollywood zu spüren. Die Aktien verloren 2,25 Prozent auf 88,27 Dollar und zierten damit das Dow-Ende, da sich mehrere wichtige Filmproduktionen verzögern. Studios und Schauspieler arbeiten immer noch an Zeitplänen für die Fertigstellung unvollendeter Projekte wie der Fortsetzung von "Deadpool" oder "Blade".

Goldman Sachs senkte zudem das Kursziel für Disney auf 120 von 125 Dollar. Die Analysten begründeten den Schritt damit, dass der Konzern noch keinen Partner für den Sportfernsehsender ESPN gefunden hat.

Die Optimisten an der heimischen Börse mussten zum Wochenschluss einen Rückschlag verkraften. Denn gestern hatte US-Notenbankchef Powell klargestellt, dass für ihn Zinserhöhungen weiter eine Option sind. Die Anleger machten daraufhin vor dem Wochenende Kasse.

Gestern hatte das deutsche Börsenbarometer noch bei 15.365 Punkten seinen höchsten Stand seit Mitte Oktober markiert. Im heutigen Tageshoch lag der DAX bei 15.309 Punkten, das Tagestief wurde bei 15.171 Zählern markiert. Der Leitindex ging letztlich 0,77 Prozent tiefer aus dem Handel bei 15.234 Punkten und verbuchte damit nur noch einen leichten Wochengewinn von rund 0,3 Prozent.

Von freiem Fall konnte also im DAX keine Rede sein, aber ein deutlicher Dämpfer für die Bullen war der heutige Handelstag allemal. Zumal im industrie- und exportlastigen MDAX, dem Index der mittelgroßen Aktien, ein deutliches Minus von 2,05 Prozent auf der Anzeigetafel stand.

Nicht nur die Option weiterer Zinserhöhungen liegt nach Powells Aussagen wieder auf dem Tisch, die von den Bullen (Käufern) fest erwarteten Zinssenkungen im kommenden Jahr dürften vorerst ebenfalls in den Sternen stehen. Entsprechend war die Ernüchterung groß.

Die auf ein Ende der Zinserhöhungen hoffenden Investoren seien einmal mehr aus ihrem Wunschtraum gerissen worden, sagte Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. "Nun ist er also wieder da, der gefährliche Mix aus geldpolitischer Unsicherheit, schwächelnden Volkswirtschaften und geopolitischen Risiken."

Samir Ibrahim, HR, mit Informationen zur Börse

tagesschau, 10.11.2023 17:00 Uhr

Der Kurs des Euro hat sich nach seinen Vortagesverlusten stabilisiert und wurde zuletzt im US-Handel bei 1,0681 Dollar etwas höher gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0683 (Donnerstag: 1,0691) US-Dollar fest.

Konjunkturdaten aus Italien überraschten zum Wochenschluss positiv. Die Industrie in der drittgrößten Wirtschaft der Eurozone hatte sich im September besser entwickelt als erwartet. Die Gesamtproduktion stagnierte zum Vormonat, wohingegen Analysten einen leichten Rückgang erwartet hatten.

Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich im November stärker als gedacht eingetrübt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima fiel von 63,8 Punkten im Vormonat auf 60,4 Punkte, wie die Universität am Nachmittag nach einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten mit 63,7 Punkten gerechnet. Die Bewertung der aktuellen Lage als auch die Erwartungen der Verbraucher trübten sich damit ein.

Die Inflationserwartungen der Verbraucher hingegen stiegen unerwartet. Auf Sicht von einem Jahr legten sie von 4,2 Prozent auf 4,4 Prozent zu. Volkswirte hatten hier einen Rückgang erwartet. Die längerfristigen Inflationserwartungen zogen von 3,0 Prozent im Vormonat auf 3,2 Prozent an. Hier war ein unveränderter Wert prognostiziert worden. In den USA stehen die Inflationserwartungen besonders im Fokus, da die US-Notenbank Fed die künftigen Zinsentscheidungen von der Entwicklung von Wirtschaftsdaten abhängig macht. Auf ihrer jüngsten Sitzung hatte die Fed ihre Zinsen erneut nicht angehoben.

Die Ölpreise bauen zum Wochenschluss ihre Gewinne aus. Am späten Nachmittag kostet ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 81,57 Dollar. Das sind 2,0 Prozent mehr als am Vortag. Vor etwa eineinhalb Monaten waren die Ölpreise noch auf die Marke von 100 Dollar zugelaufen. Seither hat die Konjunkturskepsis unter den Marktteilnehmern aber spürbar zugenommen.

Fraglich erscheint vor allem, ob sich die großen Verbraucher USA, China und Europa wirtschaftlich hinreichend stabil entwickeln. Während die Volksrepublik schon seit längerem mit einer Wachstumsschwäche zu tun hat, werden die Aussichten für die USA und Europa unter anderem durch die hohen Leitzinsen belastet.Am Markt überwiegt derzeit der Konjunkturpessimismus und folglich die Erwartung einer schwachen Rohölnachfrage.

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas sorgt am Ölmarkt nach wie vor für Unsicherheit. Die anfänglich befürchtete Ausweitung des Konflikts auf andere Länder im ölreichen Nahen Osten ist bisher jedoch ausgeblieben. "Ohne ein direktes Eingreifen des Irans erwarte ich keine großen Auswirkungen auf den Ölmarkt", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die arabischen Länder hätten aus ökonomischen Gründen ein großes Interesse an der Fortsetzung der Öllieferungen.

Spitzenreiter im DAX war die Aktie der Commerzbank. Die Bank gilt als traditionelle Geschäftsbank als Profiteur steigender Zinsen, schieben diese doch die wichtige Zinsmarge an. Investmentbanken mit ihrem großen kapitalmarktlastigen Geschäft haben es in einem Umfeld steigender Zinsen eher schwerer. Papiere der Deutschen Bank gaben im DAX nach.

Im DAX gehörte die Allianz-Aktie lange zu den Gewinnern, konnte am Ende aber höhere Anfangsgewinne nicht behaupten und rutschte noch leicht ins Minus. Das DAX-Schwergewicht profitierte zunächst von Ergebnissen, die zwar rückläufig waren, aber besser als erwartet ausfielen.

Konkret sank wegen kostspieliger Naturkatastrophen das operative Ergebnis im abgelaufenen Quartal um 14,6 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Der bereinigte Periodenüberschuss der Anteilseigner fiel um 29,3 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro - und damit nicht so stark wie von Analysten erwartet: Diese hatten knapp zwei Milliarden Euro vorhergesagt.

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat das Augenmittel Eylea von Bayer auch in einer höheren Dosierung zur Zulassung empfohlen. Damit müssen Patienten das Mittel gegen zwei Erkrankungen der Netzhaut künftig seltener spritzen, teilte Bayer mit. Die finale Entscheidung liegt bei der Europäischen Kommission. Deren Zustimmung gilt aber als Formsache. Eylea ist das zweitumsatzstärkste Medikament für Bayer. 2022 fuhr der Konzern damit gut 3,2 Milliarden Euro Umsatz ein.

Das Mittel kommt zur Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration und des diabetischen Makulaödems zum Einsatz kommen. Die niedrigere, bislang zugelassene Dosierung von zwei Milligramm wird standardmäßig mit einem Abstand von acht Wochen verabreicht. In der höheren Dosierung werde Aflibercept das einzige Mittel sein, das Behandlungsintervalle von bis zu fünf Monaten zulasse, teilte Bayer mit. In den USA wurde Aflibercept in höheren Dosierung bereits im August durch die Arzneimittelbehörde FDA zugelassen.

Nach dem VW-Werk in Zwickau drosselt auch die Fabrik von Volkswagen in Emden die E-Auto-Produktion. Bis kommenden Montag ruhe die Montage der Elektromodelle ID.4 und ID.7, sagte gestern eine Werkssprecherin der Nachrichtenagentur dpa. Grund seien auch hier fehlende Elektromotoren. Die Produktion der Verbrennermodelle Passat und Arteon laufe aber unverändert weiter. "Das betrifft nur die Elektro-Autos."

Der IT-Dienstleister Bechtle hat im dritten Quartal weiter die Investitionszurückhaltung mittelständischer Kunden zu spüren bekommen. Der Gesamtumsatz legte im Jahresvergleich um ein Prozent auf 1,48 Milliarden Euro zu. Das war deutlich weniger als von Analysten zuvor geschätzt. Während die Geschäfte mit dem Einrichten und dem Management von IT-Systemen wuchsen, verzeichnete der Online-Handel mit IT-Komponenten weiter Einbußen.

Gestützt auf ein anhaltendes Kundenwachstum hat United Internet sein Ziel für das operative Ergebnis leicht angehoben. Der Internetanbieter peilt nun für das Gesamtjahr ein leichtes Plus statt eines Ergebnisses auf Vorjahresniveau an. Die Mobilfunktochter 1&1 meldete ebenfalls solide Wachstumszahlen. Hier drückten allerdings die Kosten für den Netzausbau auf den Gewinn.

Der kriselnde Batteriekonzern Varta sieht sich nach einem ordentlichen dritten Quartal in der Spur zu seinen Jahreszielen. Heute meldete der SDAX-Konzern aus Ellwangen überraschend vorläufige Quartalszahlen, die nach seinen Angaben über den Markterwartungen lagen. Die Aktienkursreaktion fiel entsprechend positiv aus, die lange gebeutelten Anleger ließen das Papier von niedrigem Niveau aus deutlich steigen.

Der als Sanierer der Signa-Gruppe bestellte Wirtschaftsprüfer Arndt Geiwitz will bis Ende November wesentliche Schritte zur Restrukturierung des Unternehmens präsentieren. Das teilte der Immobilien- und Handelskonzern heute mit. Es gelte, alle Bereiche der Gruppe auf den Prüfstand zu stellen und langfristige Lösungen zu finden. "Für die Dauer der Restrukturierung nimmt Arndt Geiwitz eigenverantwortlich die Interessen der Familie Benko Privatstiftung wahr", hieß es. Wie lange diese Restrukturierung dauere, lasse sich noch nicht abschätzen.

Der 46-jährige Signa-Gründer René Benko hatte am Mittwoch seine Macht abgegeben und das Ruder des Konzerns in die Hände von Geiwitz gelegt. Die Firma, die in der langen Niedrig-Zins-Phase in Top-Lagen europäischer Städte und in den USA Immobilien erwarb und entwickelte, war durch die höheren Zinsen und die gestiegenen Baukosten in Schwierigkeiten geraten. Benko hatte vor Jahren auch den Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof erworben.

Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk stockt seine Kapazitäten im Heimatland erneut kräftig auf. Für Erweiterungen im Werk Kalundborg nimmt der Hersteller mehr als 42 Milliarden dänische Kronen (rund 5,6 Milliarden Euro) in die Hand. Die Erweiterung umfasst demnach auch Kapazitäten für die aktuell stark gefragte Abnehmspritze Wegovy, Novo Nordisk vermeldete hier zuletzt regelmäßig Engpässe.

Apple droht ein Rückschlag im jahrelangen Streit mit der EU-Kommission über eine Steuernachzahlung von 13 Milliarden Euro in Irland. Im Berufungsverfahren am Europäischen Gerichtshof (EuGH) kam Generalanwalt Giovanni Pitruzzella in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass eine frühere Entscheidung zu Gunsten von Apple gekippt werden sollte. Einschätzungen des Generalanwalts sind nicht bindend, aber das Gericht folgt ihnen oft. Ein Urteil des EuGH wird für kommendes Jahr erwartet.

Apple will derweil einem Bericht zufolge gegen Pläne der EU-Kommission vorgehen, seinen App-Store ihrer strengen Marktüberwachung zu unterwerfen. Die Agentur "Bloomberg" berichtete, Apple habe einen entsprechenden Berufungsantrag entworfen, der sich aber bis zum Ende der Frist am 16. November noch ändern könne. Die EU verschärft mit ihrem Digital Markets Act (DMA) den Druck auf die Online-Aktivätäten großer Technologiekonzerne, die sie auf Grund ihrer Bedeutung als "Torwächter" des Internets einstuft.

Zu den betroffenen Diensten gehören auch die Suchmaschine Google von Alphabet, Apples Safari-Browser, die Handelsplattform Marketplace von Amazon, die Kurzvideo-Plattform TikTok der chinesischen Firma Bytedance und das soziale Netzwerk Facebook von Meta.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 10. November 2023 um 07:42 Uhr.