US-Notenbanchef Jerome Powell
marktbericht

Neue Zinssorgen an der Börse Powell-Aussagen drücken Wall Street tief ins Minus

Stand: 09.11.2023 22:16 Uhr

Die Zinshoffnungen an der Wall Street sind nach einer Rede von Fed-Chef Powell vorerst verpufft. Der Dow Jones weitete seine Verluste aus. Der DAX schloss dagegen auf dem höchsten Stand seit knapp vier Wochen.

Neuerliche Zinssorgen der Anleger und Anlegerinnen haben die Wall Street heute in die Verlustzone geschickt. Denn trotz Signalen für ein vorsichtiges Vorgehen sind Zinserhöhungen laut US-Notenbankchef Jerome Powell keineswegs vom Tisch. Die Währungshüter seien "nicht überzeugt", dass das Zinsniveau zur Bekämpfung der Inflation ausreichend restriktiv sei, erklärte er am Abend in einer Rede auf einer Konferenz des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington.

"Wenn es angemessen sein sollte, die Geldpolitik weiter zu verschärfen, werden wir nicht zögern, dies zu tun", fügte er hinzu. Im Kampf um Preisstabilität sei noch ein langer Weg zurückzulegen. Nachdem sich die Investoren bereits vor dem Auftritt Powells zurückhielten, weiteten die US-Indizes ihre Verluste von jeweils 0,4 Prozent anschließend weiter aus.

Letztlich ging der Leitindex Dow Jones, der bereits gestern nach sieben freundlichen Handelstagen minimal schwächer geschlossen hatte, 0,65 Prozent tiefer bei 33.891 Punkten aus dem Handel. Für den marktbreiten S&P 500, der zuvor sogar acht Tage hintereinander Gewinne eingefahren hatte, ging es um 0,81 Prozent nach unten. Der technologielastige Nasdaq 100 verlor 0,82 Prozent.

Spannend bleibt nun, wie es an den Börsen weitergeht. Seit Anfang November hatten positiv aufgenommene Zinssignale der Fed, schwache US-Arbeitsmarktdaten und sinkende Renditen am Anleihemarkt eigentlich die Stimmung für Aktien angeheizt. Heute sind jedoch auch die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe im Vergleich zur Vorwoche überraschend gesunken.

Am deutschen Aktienmarkt hat die Aussicht auf niedrigere Strompreise für die deutsche Industrie und die überwiegend soliden Quartalsbilanzen der Unternehmen dagegen für gute Stimmung gesorgt. An einem weiteren Höhepunkt der Berichtssaison legte der DAX um weitere 0,81 Prozent auf 15.353 Punkte zu - das ist der höchste Stand seit fast vier Wochen. In diesem Monat steht nun bereits ein Plus von 3,6 Prozent zu Buche.

Damit wird ein Ausbruch des deutschen Leitindex aus dem im August begonnenen Abwärtstrend nach oben wahrscheinlicher. Bereits gestern hatte das Börsenbarometer seinen Abwärtstrend seit Mitte September überwunden. Der DAX hat nun Luft nach oben bis zur Widerstandszone bei 15.500/15.600 Punkten. Bei 15.643 Zählern verläuft zudem aktuell die 200-Tage-Linie - ein wichtiger Gradmesser für den langfristigen Trend.

Zusätzlicher Rückenwind kommt darüber hinaus von der Saisonalität, haben am 1. November doch die in der statistischen Betrachtung besten sechs Börsenmonate begonnen.

Update Wirtschaft vom 09.11.2023

Anjte Erhard, HR, tagesschau24, 09.11.2023 09:00 Uhr

Wie schon in den vergangenen beiden Tagen schlug sich die zweite Börsenliga mit dem MDAX heute sogar noch besser als der DAX. Der Index der mittelgroßen Titel gewann 1,69 Prozent und erreichte mit 25.820 Zählern den höchsten Schlusskurs seit Ende September.

Börsianer führten die heutigen Kursgewinne auch auf die Einigung der Bundesregierung auf ein Strompreispaket zurück. Zunächst soll eine Senkung der Stromsteuer für die Jahre 2024 und 2025 gesetzlich geregelt werden. Profiteure davon wären vor allem Firmen aus der Chemiebranche: BASF zum Beispiel mischten im DAX mit plus 2,1 Prozent oben mit. Im MDAX gewannen Wacker Chemie 3,7 Prozent.

Der Bitcoin hat an seinen starken Aufwärtstrend seit Mitte Oktober angeknüpft und deutlich zugelegt. Der Kurs der ältesten und nach Marktwert größten Kryptoanlage zog heute auf der Handelsplattform Bitfinex in der Spitze bis auf knapp 37.000 Dollar an. Dies war der höchste Stand seit Mai 2022. Anleger hoffen vor allem auf die Einführung eines börsengehandelten Investmentfonds in den USA, der Bitcoin direkt und nicht über Terminkontrakte hält (Bitcoin-Spot-ETF).

An den Devisenmärkten schwankte der Euro heute um die Marke von 1,07 Dollar, die er gestern zurückerobern konnte. Im späten europäischen Geschäft notierte die Gemeinschaftswährung noch darüber. Im US-Handel gab sie nach und sank wieder unter die Schwelle. Zuletzt wurde der Euro bei 1,0667 Dollar gehandelt.

Die Ölpreise haben sich am Donnerstag etwas von ihren deutlichen Abschlägen der vergangenen Wochen erholt. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Januar 80,66 US-Dollar. Das waren 1,13 Dollar mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Dezember stieg um 95 Cent auf 76,28 Dollar.

Ungeachtet der jüngsten Stabilisierung stehen die Erdölpreise seit Wochen unter Druck. Ausschlaggebend ist die Nachfrageseite: Aufgrund zuletzt schwacher Konjunkturdaten aus den USA und einer andauernden Wachstumsschwäche in China sind die Marktteilnehmer zurückhaltend. Sinkende Verbraucherpreise bestätigten am Morgen einmal mehr die fragile Konjunkturlage in der Volksrepublik.

An der Spitze im DAX stand heute Siemens Energy. Ein Medienbericht über eine Einigung zwischen Siemens, Siemens Energy und der Bundesregierung über staatliche Garantien für den Energietechnikkonzern hat den Kurs der Aktie nach oben getrieben. Um 5,61 Prozent auf 9,72 Euro legten die Papiere zu. Die Beteiligten hätten sich prinzipiell auf Garantien für Siemens Energy verständigt, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Auf Platz Zwei im DAX landete die Merck-Aktie mit einem Plus von rund vier Prozent. Zwar sank das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) des Pharma- und Technologiekonzerns im dritten Quartal um gut ein Fünftel auf 1,45 Milliarden Euro. Analysten hatten jedoch einen noch stärkeren Rückgang befürchtet. Am Markt war die Rede von "soliden Zahlen". Zudem könnte das Unternehmen wie andere Chemieproduzenten in Deutschland auch von einer geplanten Senkung der Stromsteuer 2024 und 2025 profitieren.

Auch die Aktie von Henkel war nach Zahlen gefragt. In der Spitze stieg sie auf 70,36 Euro und damit auf den höchsten Stand seit Mitte September. Die Preistrends im Konsumbereich seien stark, lobte Analyst Guillaume Delmas von der Schweizer Bank UBS. Der Konsumgüterkonzern hatte zuvor seine Jahresziele für das organische Wachstum und die operative Marge leicht nach oben geschraubt.

Im Steuerstreit mit der EU droht Apple eine 13 Milliarden Euro schwere Nachzahlung. Wegen handwerklicher Mängel empfahl Generalanwalt Giovanni Pitruzzella dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), ein Urteil zugunsten des US-Konzerns aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuüberweisen. Das Gericht ist an diese Empfehlung zwar nicht gebunden, folgt ihr aber in vier von fünf Fällen. Der EU-Kommission zufolge hatte Irland dem iPhone-Hersteller 2016 eine unzulässig niedrige Steuerquote von 0,005 Prozent eingeräumt. Diese verletze die Beihilfe-Richtlinien der Staatengemeinschaft.

Der DAX-Konzern Rheinmetall hat durch den Rüstungsboom nach der russischen Invasion in der Ukraine im dritten Quartal sein operatives Ergebnis um 59 Prozent gesteigert auf 191 Millionen Euro und sitzt nun auf prall gefüllten Auftragsbüchern. "Wir sind auf gutem Kurs, um unsere ehrgeizigen Jahresziele für nachhaltiges profitables Wachstum zu realisieren", betonte Konzernchef Armin Papperger.

Die Deutsche Telekom traut sich für das laufende Jahr erneut etwas mehr zu. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen inklusive Leasingkosten dürfte nun auf rund 41,1 Milliarden Euro zulegen. Der freie Mittelzufluss soll bei mehr als 16,1 Milliarden Euro liegen. Bislang hatte der Vorstand bei beiden Kennziffern jeweils 100 Millionen Euro weniger auf dem Zettel.

Der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück sieht sich trotz mehrerer teurer Naturkatastrophen auf Kurs zu einem Rekordgewinn im laufenden Jahr. Im dritten Quartal verdiente der DAX-Konzern unter dem Strich gut 439 Millionen Euro und damit fast anderthalbmal so viel wie ein Jahr zuvor. Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz sieht die Hannover Rück daher weiterhin gut aufgestellt, im Gesamtjahr mindestens 1,7 Milliarden Euro zu verdienen.

Der Chemikalienhändler Brenntag wird nach einem Ergebnis- und Gewinnrückgang im dritten Quartal etwas vorsichtiger für das Gesamtjahr. Die Unternehmensführung erwartet, dass 2023 beim operativen Ergebnis nur das untere Ende der Prognosespanne von 1,6 bis 1,7 Milliarden Euro erreicht werde. Unter dem Strich blieb in den Monaten Juli bis September ein auf die Aktionäre entfallender Gewinn von 176 Millionen Euro nach 247 Millionen Euro im Vorjahr.

Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus will im nächsten Jahr trotz Problemen bei Zulieferern deutlich mehr Jets fertigstellen als 2023. Nach der für das laufende Jahr geplanten Auslieferung von rund 720 Verkehrsflugzeugen werde die Zahl 2024 "signifikant" höher liegen, sagte Vorstandschef Guillaume Faury. Zudem sollen vom Airbus A350 von 2026 an zehn Maschinen pro Monat gebaut werden - so viele wie vor der Krise schon einmal geplant.

In der E-Auto-Fabrik von Volkswagen in Zwickau wird erneut ein Teil der Produktion heruntergefahren. Grund seien fehlende Motoren, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. Die werden aus dem Werk in Kassel bezogen. Aktuell würden dort aber wegen Störungen der Lieferkette weniger der benötigten Elektromotoren produziert, hieß es.

Ganz am MDAX-Ende rangieren dagegen Papiere von SMA Solar mit einem Abschlag von über drei Prozent. Dabei fielen die Quartalszahlen gut aus: Der Wechselrichter-Hersteller vervielfachte sowohl operativ als auch netto den Gewinn. Unterm Strich stieg der Überschuss von rund 11 Millionen auf über 180 Millionen Euro.

Die japanischen Autobauer Nissan und Honda blicken dank einer anziehenden Nachfrage zuversichtlich auf das laufende Geschäftjahr. Nissan hob seine Prognose um dreizehn Prozent auf 620 Milliarden Yen (3,84 Milliarden Euro) an, wie der Konzern mitteilte. Im dritten Quartal hat Nissan den Gewinn auf 208,1 Milliarden Yen mehr als verdoppelt und die Analystenerwartungen von 155,9 Milliarden Yen deutlich übertroffen. Auch Hondas Gewinn kletterte im Quartal bis September um 31 Prozent auf 302,1 Milliarden Yen. Das Unternehmen hob ungeachtet dessen seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr um 20 Prozent auf 1,2 Billionen Yen an.

Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo fordert 15 Prozent mehr Geld für die rund 18.000 Kabinenbeschäftigten der Lufthansa. Daneben will die Gewerkschaft in der anstehenden Tarifrunde eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro sowie die Erhöhung von Funktionszulagen für Führungskräfte erreichen. Der aktuelle Vertrag läuft am 31. Dezember aus, dann endet auch die Friedenspflicht.

Der Rüstungselektronikkonzern Hensoldt hat in den ersten neun Monaten angesichts der zunehmenden globalen Spannungen von einem kräftigen Wachstum in seinem Kerngeschäft profitiert. Der Umsatz des MDAX-Unternehmens stieg zwar nur leicht von 1,1 auf knapp 1,14 Milliarden Euro, das Kerngeschäft legte aber um 15 Prozent zu. Im vergangenen Quartal heimste der Konzern unter anderem Aufträge für TRML-4D-Radare für die Panzer "Puma" und "Leopard 2" ein.

Deutschlands größte Containerreederei Hapag-Lloyd bekommt das Ende der besonders hohen Nachfrage aus Corona-Zeiten drastisch zu spüren. Wie der Hamburger Traditionskonzern mitteilte, brach das Betriebsergebnis (Ebit) im dritten Quartal auf 204 Millionen Euro ein. Ein Jahr zuvor hatte mit 5,2 Milliarden Euro noch rund das 25-Fache in den Büchern gestanden. Der Konzern kappte daraufhin das obere Ende seiner Ergebnisprognose.

Der Telekommunikationsanbieter Freenet sieht nach einem erwartungsgemäßen dritten Quartal für sein Jahresergebnisziel etwas mehr Luft nach oben. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte nun auf 495 bis 505 Millionen Euro steigen. Bislang hatte der Vorstand ein Ziel von 480 bis 500 Millionen Euro kommuniziert.

Der britische Pharmakonzern AstraZeneca erhöht dank starker Nachfrage nach seinen Krebsmedikamenten die Geschäftsziele für dieses Jahr. Für 2023 rechnet AstraZeneca zu konstanten Wechselkursen nun mit einem Anstieg des Gewinns je Aktie im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. Auch die Umsatzprognose schraubte AstraZeneca leicht nach oben.

Die Freizeitparks in Shanghai und Hongkong haben dem US-Konzern Walt Disney einen Gewinn über Expertenerwartungen beschert. Insbesondere glichen sie im abgelaufenen Quartal einen Rückgang der Werbeeinnahmen beim Sender ABC aus. Der Streamingdienst Disney+ gewann fast sieben Millionen Abonnenten hinzu.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat wie erwartet die Abnehmspritze Zepbound des US-Pharmakonzerns Eli Lilly zugelassen und bereitet damit den Weg für eine noch höhere Nachfrage. Zwar war das Medikament bereits seit 2022 für Diabetes zugelassen. Es konnte in den USA jedoch bislang nicht direkt für Fettleibigkeit eingesetzt werden - auch wenn viele Ärzte dies taten.

Der Chip-Designer Arm hat mit seiner Umsatzprognose für das laufende Quartal die Markterwartungen enttäuscht. Der nach rund sieben Jahren Börsen-Abstinenz seit September wieder gelistete Konzern sagt für sein laufendes drittes Geschäftsquartal eine Umsatzspanne mit einem Mittelwert von 760 Millionen Dollar voraus - etwa ein Prozent weniger als von Experten prognostiziert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. November 2023 um 09:00 Uhr.