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marktbericht

DAX dreht ins Minus Kriegsängste lasten auf der Börse

Stand: 01.10.2024 18:32 Uhr

Sorgen um eine Ausweitung des Krieges in Nahost haben die DAX-Erholung am Nachmittag jäh abgewürgt. Der Index drehte ins Minus, nachdem er zuvor bis knapp an sein Rekordhoch gestiegen war.

So schnell kann es gehen an der Börse. Nach Meldungen aus US-Regierungskreisen, dass der Iran einen Raketenangriff auf Israel plant, zogen die Anleger die Reißleine.

Der DAX drehte in kürzester Frist ins Minus, nachdem er im Tageshoch zuvor noch bei 19.448 Punkten bis knapp an sein Allzeithoch bei 19.491 Punkten gestiegen war. Der DAX ging letztlich bei 19.213 Punkten um 0,58 Prozent schwächer aus dem Handel. Das Tagestief lag bei 19.149 Punkten.

Auch der MDAX der mittelgroßen Werte gab seine Gewinne von deutlich über einem Prozent wieder ab, sank aber am Ende nur leicht um 0,06 Prozent auf 26.837 Punkte. Der europäische Auswahlindex EuroStoxx 50 sank sogar um 0,93 Prozent auf 4.954 Zähler.

Im Gegenzug stiegen die Kurse am Rentenmarkt. Der Euro Bund Future gewann an der Terminbörse Eurex über 80 Stellen, die Rendite für die marktführende zehnjährige Bundesanleihen sank auf 2,04 Prozent.

Nach Angaben eines hochrangigen Beamten des Weißen Hauses haben die USA Hinweise darauf, dass der Iran in Kürze einen Raketenangriff auf Israel durchführen will. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg.

Die Vereinigten Staaten unterstützen aktiv die Vorbereitungen zur Verteidigung Israels gegen einen solchen Angriff, der schwerwiegende Folgen für den Iran haben würde, sagte der Beamte demnach weiter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Die Warnung erfolgte, nachdem die israelischen Streitkräfte gegen die von Teheran unterstützte Hisbollah in den Südlibanon vorgerückt waren.

Die Furcht vor einer weiteren Eskalation des Konflikts im Nahen Osten hat heute die Aktien von Rheinmetall an die DAX-Spitze gehievt. Die Papiere des Rüstungskonzerns zogen zuletzt um 5,14 Prozent auf 509,60 Euro an und erreichten damit das Niveau von Mitte September. Rüstungswerte wie Rheinmetall sind in Zeiten geopolitischer Spannungen oft gefragt.

Auch die großen Wall-Street-Indizes liegen wegen der Krise im Nahen Osten allesamt im Minus. Der Dow Jones gibt gut 0,4 Prozent nach und löst sich damit etwas von seine bisherigen Tiefständen. Die Technologiebörse Nasdaq und der marktbreite S&P-500-Index verlieren deutlicher gut 1,7 Prozent und weiten ihre Verluste damit aus.

Belastend wirken sich neben den Spannungen im Nahen Osten auch der Hafenarbeiter-Streik in den USA aus, womit sämtliche Warenströme in den betroffenen Häfen gestoppt wurden.

Analysten befürchten, dass der Ausstand zu Lieferengpässen und höheren Preisen für die Verbraucher führen und die US-Wirtschaft Milliarden US-Dollar kosten könnte. Mit größeren wirtschaftlichen Verwerfungen rechnen die Experten von Capital Economics allerdings nicht. Daten zur Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe und zum Arbeitsmarkt hinterließen in den Kursen kaum Spuren.

Ölwerte profitierten von den Nachrichten zu einem möglichen Flächenbrand im ölreichen Nahen Osten, weil damit die Gefahr einer Verknappung des Rohstoffs verbunden ist. Chevron gewinnen als stärkster Dow-Wert 1,8 Prozent, Exxonmobil und ConocoPhillips legen im S&P 500 um bis zu 3,0 Prozent zu.

Die Ölpreise selbst steigen ebenfalls deutlich. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostet derzeit 3,8 Prozent mehr, die U-Leichtölsorte WTI verteuert sich um über vier Prozent. Zuletzt waren die Ölpreise trotz der zugespitzten Lage im Nahen Osten tendenziell gefallen. Ein Angriff des Irans könnte dies jedoch ändern. Der Iran ist Mitglied im Ölkartell OPEC.

Zuletzt hatten vor allem Angebotssorgen die Ölpreise belastet. Vor allem die anhaltende Konjunkturflaute in China sorgte für Verkaufsdruck bei den Ölpreisen. Im dritten Quartal ist Brent-Öl um etwa 15 Dollar je Barrel billiger geworden.

Volatil geht es auch am Devisenmarkt zu, wird doch der Dollar traditionell in Krisenzeiten gesucht. Aktuell werden nur noch 1,1064 Dollar für den Euro bezahlt.

Neben den aktuellen Nachrichten aus Nahost belastete aber auch die Aussicht auf eine nur "kleine" Zinssenkung der US-Notenbank um 0,25 Prozent den Euro. Zudem deuten die sinkenden Inflationsdaten in der Eurozone auch auf Zinssenkungen durch die EZB hin, was die Attraktivität der Gemeinschaftswährung schwächt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1086 (Montag: 1,1196) US-Dollar fest.

Die jüngste Preisentwicklung habe die Zuversicht verstärkt, dass die Inflation rechtzeitig zum angepeilten Zielwert von mittelfristig zwei Prozent zurückkehren werde, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde zu Beginn der Woche in einer Rede vor dem EU-Parlament. Sie bezog sich damit ausdrücklich auf die jüngsten Inflationsdaten. "Wir werden dies bei unserer nächsten geldpolitischen Sitzung im Oktober berücksichtigen", sagte sie.

Sinkende Inflationsraten schürten vor der Verschärfung der geopolitischen Lage zunächst weiterhin die Zinsfantasie. Die Inflationsdaten aus der Eurozone standen an, nachdem gestern bereits die Verbraucherpreisdaten für Deutschland publiziert worden waren.

Die Inflation in der Eurozone ist dabei im September erstmals seit langem wieder unter zwei Prozent gefallen. Die Verbraucherpreise legten um 1,8 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat zu, teilte das Statistikamt Eurostat mit. Dies ist der niedrigste Stand seit April 2021.

"Dass die Inflation deutlich unter die Marke von zwei Prozent fallen würde, war wegen des Rückgangs der Energiepreise klar", kommentierte Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank. Bemerkenswert sei hingegen, dass die Inflation auch ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel gesunken sei.

"Auch wenn diese Kernrate wegen der stark steigenden Löhne in den kommenden Monaten wieder anziehen sollte, wird die EZB ihre Zinsen vermutlich bereits auf der nächsten Sitzung in gut zwei Wochen noch einmal senken."

Update Wirtschaft vom 01.10.2024

Emal Atif, HR, Update Wirtschaft, 01.10.2024 09:00 Uhr

Auch in den USA bestimmt derzeit das Thema Geldpolitik den Handel. Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Federal Reserve, rechnet in diesem Jahr noch mit zwei weiteren Zinssenkungen um insgesamt 50 Basispunkte. "Wenn sich die Wirtschaft wie erwartet entwickelt, wird sich die Zinspolitik mit der Zeit in Richtung einer neutraleren Haltung bewegen", sagte er.

Er verpasste hingegen Spekulationen einen Dämpfer, dass nach Einleitung der Zinswende mit einer erneuten überraschend starken Zinssenkung um 0,5 Prozent ein vergleichbar großer Schritt auf der Zinstreppe nach unten bevorstehe. "Dies ist kein Ausschuss, der es eilig hat, die Zinsen schnell zu senken", sagte Powell auf der Finanzkonferenz in Nashville im Bundesstaat Tennessee. Einige US-Anleger zeigten sich daraufhin enttäuscht.

In einem für Technologiewerte günstigen Umfeld haben die Aktien von SAP heute ihre Rekordjagd wieder aufgenommen, ehe sie mit dem Gesamtmarkt zurückfielen. Die Papiere des Softwarekonzerns erreichten im Verlauf einen neuen Höchststand bei 208,55 Euro, am Ende schlossen sie wenig verändert bei 204,30 Euro.

Der Sektor profitiert von der Aussicht auf weiter sinkende Zinsen im Zuge der mittlerweile vollzogenen Zinswende der großen Notenbanken. Niedrigere Zinsen lassen die erwarteten hohen Gewinne von Wachstumsunternehmen aus dem Technologiebereich aus heutiger Sicht attraktiver erscheinen.

Auch die Aktien von Siemens Energy haben heute ihre monatelange Erholungsrally mit dem Sprung auf ein Rekordhoch gekrönt. Die Papiere des Energietechnikkonzerns erreichten bei 34,65 Euro ihren Höchststand. Zuletzt stand trotz des politischen Gegenwinds noch ein Plus von gut 2,6 Prozent zu Buche. Damit gehörten sie zu den größten Gewinnern im DAX.

Ausschlaggebend für den aktuellen Kursschub von Siemens Energy war eine Einigung mit der US-Justiz. Eine US-Tochterfirma will in den USA mit der Zahlung einer Millionensumme Ermittlungen zum Schummeln bei einer Auftragsbewerbung beenden. Der Fall geht auf 2019 zurück, also auf einen Zeitpunkt vor der Abspaltung von der ehemaligen Mutter Siemens. Nun werde ein Schlussstrich unter die ganze Angelegenheit gezogen, schrieb Analyst Philip Buller von der Privatbank Berenberg.


Im Fokus stand im DAX auch die Covestro-Aktie, die deutlich um gut 3,8 Prozent zulegte. Denn der Ölriese Adnoc ist nach langem Werben bei Covestro am Ziel. Der Staatskonzern aus Abu Dhabi übernimmt den Leverkusener Kunststoffhersteller für bis zu 12,9 Milliarden Euro. Adnoc bietet 62 Euro je Aktie, wie die beiden Unternehmen mitteilten. Zusätzlich zeichnet Adnoc eine Kapitalerhöhung um zehn Prozent, die Covestro weitere knapp 1,2 Milliarden Euro in die Kasse spült.

Die neue Chefin der vom italienischen Konkurrenten UniCredit umworbenen Commerzbank, Bettina Orlopp, hat zu ihrem Amtsantritt die Mitarbeiter auf eine Strategie der Unabhängigkeit eingeschworen. Die Strategie der Commerzbank "basiert auf der Eigenständigkeit der Bank", sagte Orlopp heute in einer Video-Botschaft an die Commerzbank-Belegschaft.

"Das gesamte Vorstandsteam und ich sind von dieser Strategie überzeugt und wir werden uns mit aller Kraft für diese Strategie und die Weiterentwicklung unserer Bank einsetzen." UniCredit-Chef Andrea Orcel sagte dagegen, er sehe in großen und starken Banken einen Vorteil für Europa. Ein fragmentierter Banken-Markt sei ein Hindernis für weiteres Wachstum.

Der Onlinehandelskonzern Amazon hat im Streit mit der US-Wettbewerbsbehörde FTC über möglicherweise wettbewerbswidrige Praktiken einen Teilerfolg erzielt. Ein Bundesgericht gab einem Antrag von Amazon statt und wies einen Teil der Klagen ab. Gerichtsunterlagen zufolge darf die FTC aber alle Klagen weiter verfolgen, die der Richter nicht dauerhaft abgewiesen hat. Details zum Urteil blieben zunächst unklar.

Die FTC hatte unter anderem ins Feld geführt, Amazon wende wettbewerbswidrige Taktiken an, um seine Vorherrschaft unter den Online-Superstores und -Marktplätzen aufrechtzuerhalten. Amazon hatte derweil die Abweisung der Klage beantragt, da die Behörde keine Beweise für eine Schädigung der Verbraucher vorgelegt habe. Der Fall ist einer von fünf Klagen, mit denen die Kartellbehörden der FTC und des US-Justizministeriums gegen die großen Technologiekonzerne wie Amazon und Google vorgehen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 01. Oktober 2024 um 09:00 Uhr.