Schwache Bankberichte Fehlstart in die Berichtssaison
Die Wall Street hat zum Wochenschluss schwächer tendiert. Schwach aufgenommene Bankergebnisse zum Beginn der Berichtssaison sowie die Spannungen im Nahen Osten belasteten die Börse.
Die großen Aktienindizes der Wall Street sind nach schwach aufgenommenen Quartalsberichten aus dem Bankensektor mit Verlusten ins Wochenende gegangen. Dies, nachdem noch am Vortag insbesondere die Technologieaktien Boden gut gemacht hatten. Hinzu kam eine sich verschärfende geostrategische Lage im Nahen Osten sowie ein erneuter Zinsdämpfer eines Fed-Bankers.
Die Verluste beim Leitindex Dow Jones lagen am Ende bei 1,24 Prozent, der Schlussstand bei 37.983 Punkten. Auch der marktbreite S&P-500-Index gab deutlich 1,46 Prozent nach auf 5.123 Zähler.
Die Technologiebörse Nasdaq gab ihre Vortagesgewinne mit einem Tagesverlust von 1,62 Prozent nahezu komplett wieder ab. Der Nasdaq 100-Auswahlindex sackte um 1,66 Prozent ab.
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) sollte nach Einschätzung von Währungshüter Jeff Schmid derzeit keine Zinssenkungen in Erwägung ziehen. "Da die Inflation immer noch über zwei Prozent liegt und der Arbeitsmarkt nach wie vor stark ist, ist es angemessen, dass die Geldpolitik restriktiv bleibt", sagte der Chef der regionalen Notenbank von Kansas City heute laut Redetext auf einer Konferenz.
Die Inflation habe das Jahr 2024 mit einem zu hohen Tempo begonnen. Die jüngsten Daten zeigten, dass die Federal Reserve geduldig sein und auf überzeugende Beweise warten müsse, dass die Inflation auf dem Weg sei, nachhaltig auf zwei Prozent zurückzukehren", sagte Schmid. Er ist bereits der dritte Notenbanker in kurzer Zeit, der derzeit keine Zinssenkungen sieht.
Die Hoffnung von Experten, dass die Geldpolitik mit dem Start der Berichtssaison erst einmal ein klein wenig in den Hintergrund rücke, da zunehmend auf in Summe gute US-Konjunkturdaten geschaut werde, trügte zumindest heute. Zuletzt hatte sich der Markt darauf fokussiert, dass die US-Wirtschaft bislang mit dem hohen Leitzins gut zurechtkomme.
Obwohl die größte US-Bank JPMorgan Chase konkret mit 4,44 Dollar je Aktie die Gewinnerwartungen der Analysten übertraf, fiel das im Leitindex Dow Jones enthaltene Papier deutlich um 6,44 Prozent auf 182,79 Dollar ans Dow-Ende. Der US-Branchenriese gab zum Auftakt der neuen Bilanzsaison einen insgesamt zurückhaltenden Ausblick auf das Gesamtjahr.
Dass der Gewinn nicht höher ausfiel, lag auch an der Krise der US-amerikanischen Regionalbanken im vergangenen Jahr. Denn JPMorgan legte 725 Millionen Dollar für die Zahlungen an den Einlagensicherungsfonds zurück. Eine der Krisenbanken - First Republic - gehört inzwischen zum JPMorgan-Konzern.
Konkurrent Citigroup bekam besonders die Kosten des Umbaus zu spüren. Hohe Abfindungen lasteten auf dem Gewinn, die Bank will 20.000 Stellen streichen. Der Gewinn der ebenfalls im Dow enthaltenen Bank sackte im Jahresvergleich deutlich um 27 Prozent auf 3,4 Milliarden Dollar ab, was aber auch zum Teil einem Einmaleffekt geschuldet war. Denn vor Jahresfrist hatte Citigroup vom Verkauf ihres Privatkundengeschäfts in Indien profitiert, so dass Experten sogar einen höheren Rückgang erwartet hatten. Die Aktie verlor ebenfalls 1,7 Prozent.
Auch Konkurrent Wells Fargo enttäuschte mit seinem Ausblick. Die Bank rechnet für 2024 mit einem Rückgang der Netto-Zinseinnahmen, einhergehend mit den anstehenden Zinsenkungen der Notenbank. "Die Leute erwarteten insgesamt stärkere Zinserträge und optimistischere Prognosen", konstatierte Stephen Biggar, Bankenanalyst beim Analysehaus Argus in New York.
Hinzu kommt die derzeit immer gefährlichere Lage im Nahen Osten. Vor dem Hintergrund eines möglichen Angriffs des Iran auf Israel haben die USA angekündigt, Verstärkung in den Nahen Osten zu schicken. "Wir verlegen zusätzliche Ressourcen in die Region, um die regionale Abschreckung zu stärken und den Schutz der US-Streitkräfte zu erhöhen", hieß es am Freitag aus Regierungskreisen. Über die Art der Verstärkung wurden zunächst keine Angaben gemacht.
Die US-Regierung hat zuvor die Gefahr eines iranischen Angriffs auf Israel bekräftigt. "Wir halten die potenzielle Bedrohung durch den Iran nach wie vor für real und greifbar", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, heute vor Journalisten. Berichte, denen zufolge US-Vertreter einen Angriff für "unmittelbar bevorstehend" hielten, wollte Kirby nicht bestätigen.
Die Ölpreise zogen nach den verstärkten Kriegssorgen an, teilweise auf den höchsten Stand seit Oktober 2023. Zuletzt beruhigte sich die Lage wieder etwas, ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete noch 90,41 US-Dollar. In der Spitze wurden schon über 91 Dollar bezahlt. Zu Jahresbeginn hatte der Brent-Preis noch unter 75 Dollar gelegen.
Auch die DAX-Anleger brauchten zum Wochenschluss starke Nerven, denn der zuletzt unstete Kursverlauf setzte sich auch zum Wochenschluss fort. Mit dem besseren Ende für die Bären (Verkäufer). Der DAX sackte im Gefolge einer schwächeren Wall Street am Nachmittag ab.
Am Ende stand nach volatilem Handel ein Schlussstand von 17.930 Punkten an der Anzeigetafel der Frankfurter Börse, ein Tagesverlust von 0,13 und ein Wochenminus von rund 1,3 Prozent. Das Tageshoch hatte bei 18.162 Punkten am Vormittag noch deutlich höher gelegen, das Tagestief lag bei 17.860 Zählern. Der MDAX der mittelgroßen Werte gab stärker nach um 0,47 Prozent auf 26.576 Punkte.
Die Risiken scheinen derzeit allgegenwärtig, was zuletzt für unstete Handelsverläufe sorgte, bei denen das Vorzeichen im Laufe des Tages öfter wechselte. Besonders die angespannte Lage in Nahost sorgt für Zurückhaltung, hinzu kommt die schon lange an den Nerven zehrende Unsicherheit über die weitere Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve.
Zudem ist der übergeordnete Abwärtstrend im DAX weiter intakt. Experten sprachen mit Blick auf die zwischenzeitlichen Kursgewinne daher auch nur von einer Zwischenerholung, die aber am Nachmittag schon wieder verpuffte. Eine im Juni erwartete Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) gilt dabei als eingepreist.
"Die Anleger haben eine stressige Börsenwoche hinter sich", resümierte Marktanalyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Die noch zu Wochenbeginn erhoffte Stabilisierung über der 18.000-Marke sei gescheitert. In der nun anlaufenden Berichtssaison in den USA und Europa könne bald die Entscheidung fallen, ob es eine Chance für ein Wiederaufleben der Börsenrally gebe oder ob es zu einer größeren Korrektur komme.
Der Rückschlag am Nachmittag hat auch mit den gemischt ausgefallenen Quartalsberichten der großen US-Banken zu tun, mit denen die mit Spannung erwartete Berichtssaison für das erste Quartal begonnen hat. Die Geldhäuser, darunter Platzhirsch JPMorgan Chase, haben zwar mehr verdient, können aber kaum für Aufbruchstimmung sorgen.
Die unterschiedlichen Zinsperspektiven in den USA und im Euroraum spiegeln sich unterdessen immer deutlicher am Devisenmarkt wider. Während die EZB auf eine erste Zinssenkung im Juni zusteuert, scheint die US-Zentralbank Fed mit einer Lockerung ihrer straffen Geldpolitik noch abwarten zu wollen. Ausschlaggebend ist die höhere und zähe Inflation in den USA sowie die robustere Verfassung der dortigen Konjunktur. Höhere Zinsen kommen einer Währung meist zugute, in diesem Fall dem Dollar.
"Wenn die Konjunkturunterschiede zwischen Europa und den USA so groß werden wie gegenwärtig, dann kann auch die Geldpolitik temporär auseinandergehen, wobei sich mittelfristig die europäische Wirtschaft den Kräften der US-Märkte nicht ganz entziehen kann", kommentierte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. In der Eurozone dürfte nach einer Zinssenkung im Juni laut Kater im Herbst ein weiterer Schritt folgen.
Der Euro notierte zuletzt im US-Handel bei 1,0640 Dollar. Das Tief lag bei 1,0623 Dollar und damit so niedrig wie seit Anfang November nicht mehr. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0652 (Donnerstag: 1,0729) US-Dollar fest. Noch vor Kurzem wurden bis zu 1,0860 Dollar für den Euro bezahlt.
Die US-Importe haben sich im März stärker als erwartet verteuert, was Zinshoffnungen dämpfte. Die Einfuhrpreise stiegen um durchschnittlich 0,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Arbeitsministerium heute in Washington mitteilte. Befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Anstieg um 0,3 Prozent gerechnet, nach einem Zuwachs von 0,3 Prozent im Februar.
Da die USA viele Waren, Vorprodukte und Rohstoffe aus Übersee beziehen, wirken sich die Einfuhrpreise letztlich auch auf die Lebenshaltungskosten der Verbraucher aus. Diese waren zuletzt überraschend kräftig gestiegen. Die Teuerungsrate legte im März auf 3,5 Prozent zu, nach 3,2 Prozent im Februar.
Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich im April derweil unerwartet deutlich eingetrübt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima fiel zum Vormonat um 1,5 Punkte auf 77,9 Zähler, wie die Universität am Freitag nach einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten mit 79,0 Punkten gerechnet.
Die Rekordrally am Goldmarkt geht ungebremst weiter. Zum Wochenschluss wurden für eine Feinunze des gelben Edelmetalls bis zu 2.400 Dollar gezahlt - und damit so viel wie nie zuvor. Zuletzt waren es 2.336 Dollar. Seit dem Tief im Februar bei 1.984 Dollar geht es für den Goldpreis steil nach oben.
"Aus unserer Sicht könnten zunehmende Goldkäufe der Zentralbanken der BRICS-Staaten zu dem deutlichen Kursanstieg bei Gold geführt haben", sagt der Stabilitas-Edelmetall-Experte Martin Siegel. Zu den BRICS-Staaten gehören Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika.
Der kriselnde Batteriekonzern Varta ruft bei seinen Geldgebern erneut um Hilfe. Das Sanierungskonzept aus dem vergangenen Sommer sei "nicht mehr angemessen", um bis Ende 2026 wie geplant auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren, teilte das SDAX-Unternehmen mit. Die Aktie fiel bis zu 34 Prozent auf 9,30 Euro und damit auf den tiefsten Stand seit dem Börsengang 2017. Im bisherigen Jahresverlauf hat das Papier mehr als die Hälfte an Wert eingebüßt, in den vergangenen fünf Jahren sogar mehr als drei Viertel.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp will unter dem Druck der schwächelnden Nachfrage seine Stahlsparte straffen, Produktionskapazitäten zurückfahren und einen noch nicht bezifferten Personalabbau einleiten. Kern der Neuaufstellung sei eine Reduzierung der im Verbund installierten Kapazitäten auf etwa 9 bis 9,5 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr von derzeit rund 11,5 Millionen Tonnen.
Angesichts der zunehmenden Spannungen im Nahen Osten streicht Lufthansa weitere Flüge aus und in die iranische Hauptstadt Teheran. "Aufgrund der aktuellen Situation setzt Lufthansa nach sorgfältiger Evaluation ihre Flüge von und nach Teheran bis einschließlich Donnerstag, 18. April, aus", erklärte ein Unternehmenssprecher am Freitag. Auch nutze die Fluggesellschaft den iranischen Luftraum nicht weiter. Die Sicherheit von Fluggästen und Crews habe obersten Stellenwert.
Die neueste Version des Chatbots ChatGPT für zahlende Kunden hat ein deutlich aktuelleres Wissen über die Welt. Das frische KI-Modell "GPT-4-Turbo" sei mit öffentlich zugänglichen Informationen bis Ende 2023 trainiert worden, teilte die Entwicklerfirma OpenAI, an der Microsoft beteiligt ist, heute mit. Bisher war bei April 2023 Schluss. OpenAI hatte in Aussicht, dass der Chatbot Zugriff auf immer aktuellere Informationen haben werde. Anfangs reichte sein Wissen nur bis Herbst 2021.