Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Nach einer turbulenten Woche Ruhiger Wochenausklang an der Wall Street

Stand: 16.08.2024 22:23 Uhr

Mit moderaten Gewinnen haben die US-Börsen eine denkwürdige Woche beendet. Nachdem sich Rezessionsängste zerstreuten, sind die Anleger wieder mit viel Schwung an die Wall Street zurückgekehrt.

Nach den Gewinnen der vergangenen Handelstage legten die Anleger an den US-Börsen heute eine Verschnaufpause ein. Die wichtigsten Indizes bewegten sich zwar letztlich nur moderat, drehten aber im Verlauf nach anfänglichen Gewinnmitnahmen noch ins Plus, sodass das gute Wochenmomentum erhalten blieb.

"Die Botschaft der US-Konjunkturdaten dieser Woche ist, dass uns der Himmel nicht wie von manchen befürchtet auf den Kopf fallen wird", sagte Mike Reynolds, Chef-Anlagestratege des Vermögensverwalters Glenmede. Die jüngsten Einzelhandels- und Arbeitsmarktdaten deuteten darauf hin, dass die US-Notenbank den Leitzins im September senken wird.

Der Dow Jones ging am Ende bei 40.659 Punkten aus dem Handel, ein leichter Anstieg von 0,24 Prozent. Erst gestern hatte der Leitindex der NYSE die Marke von 40.000 Punkten schwungvoll zurückerobert. Im Wochenvergleich gewann der Dow damit knapp drei Prozent, die beste Entwicklung im bisherigen Jahresverlauf. Ähnlich der marktbreite S&P-500-Index, der bei 5.554 Zählern um 0,2 Prozent höher aus dem Handel ging.

An der zinssensitiven Nasdaq ging es ebenfalls moderat voran um rund 0,21 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 machte 0,1 Prozent gut. Konjunkturdaten von heute änderten nicht viel an dem zuletzt wieder sehr viel optimistischeren wirtschaftlichen Gesamtbild. So enttäuschten zwar die Baugenehmigungen und die Baubeginne im Juli. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima für August aber überraschte positiv.

Nach dem Kurseinbruch von Anfang August zeigte sich die amerikanische Wirtschaft zuletzt widerstandsfähig. "Die jüngsten Daten, von der Inflation über Arbeitslosenanträge bis hin zu Einzelhandelsumsätzen, haben die Anleger beruhigt und die Hoffnung unterstützt, dass die weltweit größte Wirtschaft auf ein "Goldlöckchen-Szenario zusteuert", sagte ein Marktbeobachter.

Dies hieße, dass die Inflation im Griff bleibt und Zinssenkungen ermöglicht, während sich das Wachstum widerstandsfähig zeigt.

Zu den guten Konjunkturnachrichten zuletzt passte, dass das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima zum Vormonat um 1,4 Punkte auf 67,8 Punkte stieg. Volkswirte hatten lediglich mit einem Anstieg auf 66,9 Punkte gerechnet. Zuvor war der Indikator viermal in Folge gefallen. Der Indikator der Universität Michigan misst das Kaufverhalten der US-Verbraucher.

Die Kurse von US-Staatsanleihen haben sich derweil nach deutlichen Vortagsverlusten stabilisiert. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere lag bei 3,89 Prozent.

Die Märkte warten bereits auf das Treffen von Notenbankern, das in der nächsten Woche in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming stattfindet. Fed-Chef Jerome Powell könnte Signale geben, ob im September auch eine große Zinssenkung um 0,50 Prozentpunkte möglich ist. Die zuletzt so robusten Konjunkturdaten hatten zuletzt genau diese Variante aber eher unwahrscheinlicher erscheinen lassen, was die deutlichen Verluste am Markt ausgelöst hatte.

Bei den Einzelwerten geriet Applied Materials unter Verkaufsdruck, obwohl der Chipindustrie-Zulieferer am Vorabend für das laufende Quartal einen Ausblick leicht über Markterwartungen veröffentlicht hatte. "Einige Analysten hatten aber offenbar auf einen robusteren Ausblick gehofft", sagte Michael Ashley Schulman, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Running Point. Applied Materials-Aktien gaben daher 1,86 Prozent nach, grenzten damit höhere Verluste aber im Verlauf ein.

Auch den neunten Handelstag in Folge beendete der DAX mit Gewinnen. Der Index profitierte damit weiter von der Erleichterungsrally an der Wall Street, nachdem Konjunktursorgen in den USA zuletzt zurück traten. Durchwachsene heimische Konjunkturdaten spielten weiter kaum ein Rolle beim Leitindex, die Richtung wird derzeit fast ausschließlich aus New York bestimmt.

Nachdem der DAX gestern die 18.000 Punkte-Marke übersprungen hatte, stieg am Nachmittag weiter und schloss bei 18.322 Punkten um 0,77 Prozent höher - und zudem nahe seines Tageshochs, das bei 18.344 Punkten lag.

Der export- und industrielastige MDAX der mittelgroßen Werte rückte hingegen nur leicht um 0,1 Prozent auf 24.812 Zähler vor. Bei den Werten aus der zweiten Reihe agieren die Investoren deutlich vorsichtiger, machen sich die heimischen Konjunkturprobleme doch hier stärker bemerkbar.

Für den eher von internationalen Investoren bestimmten Leitindex DAX endete die Woche mit einem Gewinn von knapp 3,4 Prozent damit höchst erfolgreich. Seine Monatsverluste holte der Index inzwischen größtenteils auf.

Die Korrektur am Aktienmarkt in den vergangenen zwei Wochen entwickele sich offenbar zu einer klassischen Bärenfalle - wenn die Kurse also plötzlich wieder steigen, während Spekulanten fallende Kurse erwarten, meint Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets.

Eine besondere Bedeutung könne im DAX nun dem Widerstand bei 18.600 Punkten beigemessen werden, so Stanzl weiter. "Dort begann der ganze Spuk, der den Index in der Spitze um über 1.500 Punkte einbrechen ließ."

Auslöser für die jüngste Erleichterungsrally war die Aussicht, dass es in den USA wohl nicht zu einer Rezession kommen dürfte. Robuste Wirtschaftsdaten, zuletzt vom wichtigen Einzelhandel, bei einer gleichzeitig rückläufigen Inflation haben die Anlegerinnen und Anleger in der zu Ende gehenden Woche wieder an die Börse gelockt.

Dieser US-Entwicklung kann und konnte sich der DAX jedenfalls nicht entziehen, auch wenn sich die konjunkturelle Lage hierzulande und im Rest Europas als sehr viel schwieriger darstellt als in den USA.

"Aktien konnten die Scharte auswetzen, die führenden Indizes tendieren allmählich wieder in Richtung Allzeithochs", hieß es vom Helaba-Experten Christian Apelt.

Noch vor knapp zwei Wochen hatten die Furcht vor einer Rezession, Sorgen um eine Eskalation des Nahost-Konflikts und geplatzte Spekulationen am Devisenmarkt die Börsen weltweit abstürzen lassen. Für den DAX war es bei dieser Talfahrt bis auf den tiefsten Stand seit Mitte Februar abwärts gegangen auf fast 17.000 Punkte.

Zwar bleiben die Nahost-Sorgen, von da an ging es dann aber wieder rasant nach oben, und zwar aktuell um mehr als 1.300 Punkte. "War was?", titelte daher der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater, in seinem Marktkommentar.

Update Wirtschaft vom 16.08.2024

Bettina Seidl, HR, Update Wirtschaft, 16.08.2024 09:00 Uhr

"Die Korrektur der vergangenen zwei Wochen ist drauf und dran, sich zu einer klassischen Bärenfalle zu entwickeln", betont CMC Markets-Experte Stanzl. Eine Bärenfalle bedeutet im Börsenjargon, dass die Kurse plötzlich wieder steigen, während Spekulanten fallende Kurse erwarten.

Erleichterung dürfte nach der langen Tristesse heute auch bei den Bayer-Aktionären herrschen. Die gebeutelte Aktie sprang um über zehn Prozent nach oben auf genau 29 Euro.

Der Grund (mal wieder): Bayer hat im Rechtsstreit um die angeblich krebserregende Wirkung des Unkrautvernichters Glyphosat einen juristischen Sieg in den USA errungen. Ein Bundesberufungsgericht in Philadelphia wies den Vorwurf zurück, die Tochter Monsanto habe gegen die Gesetze im Bundesstaat Pennsylvania verstoßen.

Bayer selbst verwies in einem Kommentar darauf, dass der Oberste Gerichtshof der USA, der Supreme Court, sich nun mit den Fällen beschäftigen müsse, da es einfach keine einheitliche Regelung gebe. Bayer hat nach juristischen Niederlagen in ähnlich gelagerten Fällen auch immer wieder schwere Rückschläge einstecken müssen.

Der Euro hat am Abend im US-Handel zunächst weiter zugelegt auf bis zu 1,1019 Dollar, um danach wieder unter die Marke von 1,10 Dollar zu fallen. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,0993 Dollar gehandelt. Marktbeobachter sprachen von einer Gegenbewegung kurz vor dem Wochenende. Ein starkes US-Konsumklima hatte den Euro nur kurz belastet. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0994 (Donnerstag: 1,1011) Dollar fest.

Gestern Nachmittag hatten besser als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten die Spekulation auf eine starke Zinssenkung der US-Notenbank im Fed im September gedämpft. Dies sorgte zeitweise für Auftrieb beim Dollar. Der Euro war im Gegenzug bis auf 1,0950 Dollar gefallen. Heimische Konjunkturdaten, die heute uneinheitlich ausfielen, hatten keinen Einfluss auf die Gemeinschaftswährung.

So sind die Genehmigungen für den Bau von Wohnungen in Deutschland im ersten Halbjahr eingebrochen. Sie fielen von Januar bis Juni um 21,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat oder um 28.500 auf 106.700, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

Bis zuletzt zeigte der Trend deutlich nach unten: Im Juni allein gab es einen Rückgang von 19,0 Prozent auf 17.600 Wohnungen. Gemessen am Juni 2022 waren das sogar 42,1 Prozent weniger. Hohe Finanzierungs- und Baukosten gelten als Gründe für den Abwärtstrend. Branchenverbände klagen zudem über zu viel Bürokratie.

Trotz der hartnäckigen Konjunkturflaute steigt allerdings dagegen die Zahl der Beschäftigten in Deutschland. Im zweiten Quartal waren rund 46,1 Millionen Personen erwerbstätig, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Bereinigt um saisonale Schwankungen sind das 54.000 oder 0,1 Prozent mehr als im ersten Vierteljahr. Allerdings verlangsamt sich der Zuwachs damit: In den ersten drei Monaten lag er noch bei plus 64.000 Personen. Ohne Saisonbereinigung stieg die Zahl der Erwerbstätigen im Frühjahr sogar um 249.000 oder 0,5 Prozent.

Die Ölpreise fallen derweil.Nachdem sie im frühen Handel nur leicht gesunken waren, bauten sie die Verluste bis zum Nachmittag deutlich aus. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 79,76 Dollar. Das waren 1,5 Prozent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im September fiel um 1,7 Prozent auf 75,59 Dollar.

Am Markt wurde auf die Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg verwiesen, wo es nach Angaben von Diplomaten einige Fortschritte gibt. Von Erfolgen oder gar einem Durchbruch könne aber noch keine Rede sein. Derzeit wird unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens über eine Waffenruhe zwischen Israel und islamistischen Hamas verhandelt. Zuletzt hatten die Ölpreise mehrfach durch die Furcht vor einem neuen Krieg im Nahen Osten Auftrieb erhalten.

Der Preis für Gold hat erneut einen Rekordwert erreicht. Das Edelmetall übersprang am Nachmittag erstmals die Marke von 2.500 Dollar und wurde zuletzt bei 2.508 Dollar pro Feinunze gehandelt. Zuletzt hatte der Goldpreis Mitte Juli bei 2.483 Dollar ein Rekordhoch erreicht.

Die weltweite wirtschaftliche und politische Unsicherheit wirkt sich seit einigen Monaten treibend auf den Goldpreis aus. Das Edelmetall gilt als Krisenwährung. Auch die Aussichten auf eine baldige Senkung der Leitzinsen durch die US-Notenbank Fed treiben den Goldpreis, da Anlegerinnen und Anleger ihr Geld dann umschichten könnten. 

Im Rechtsstreit um die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank hat das Frankfurter Geldhaus einem Kläger-Anwalt zufolge einen Vorschlag zu einer gütlichen Beilegung des Zwists gemacht. Den Klägern, die argumentieren, dass den Postbank-Aktionären bei der Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank vor 14 Jahren ein höherer Preis zugestanden habe, sei eine solche Offerte gemacht worden, sagt Anwalt Jan Bayer. Er wies das Angebot indes zurück. Die Deutsche Bank erklärte, sie wolle sich nicht zum Stand der Gespräche äußern.

Das florierende Geschäft mit Zuckerrüben-Saatgut schiebt den Gewinn von KWS Saat noch stärker an als gedacht. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) sei im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende Juni) um mehr als die Hälfte auf rund 300 (Vorjahr: 195,1) Millionen Euro gestiegen, teilte das Unternehmen mit.

Der Verkauf des chinesischen Maisgeschäfts steuerte 28 Millionen Euro dazu bei. Die operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) lag mit 18 Prozent noch über den angepeilten 15 bis 17 Prozent. Der Weltmarktführer für Zuckerrübensaaten hatte seine Prognose erst im April deutlich nach oben geschraubt.

Champions-League-Finalist Borussia Dortmund (BVB) will nach einem Rekordumsatz und einem Gewinnsprung zum ersten Mal seit fünf Jahren eine Dividende zahlen. Der Umsatz sei in der Saison 2023/24 (per Ende Juni) - ohne Transfererlöse - um 22 Prozent auf 509,1 Millionen Euro gestiegen, teilte der BVB mit. Der Nettogewinn vervierfachte sich dank der Erfolge in der Champions League auf 44,3 Millionen Euro.

Der Fußball-Verein hatte seine Gewinnprognose dreimal angehoben und zuletzt zwischen 40 und 50 Millionen Euro anvisiert. Der BVB war erstmals seit 2013 ins Finale eingezogen, unterlag dort aber Real Madrid. Die Geschäftsführung schlägt eine Dividende von sechs Cent je Aktie vor. Zuletzt hatte der BVB für 2018/19 eine Dividende gezahlt - ebenfalls sechs Cent.

Stellantis ist in den USA von mehreren Aktionären verklagt worden. Der französisch-italienische Autobauer habe seinen Aktienkurs über weite Strecken des Jahres 2024 künstlich in die Höhe getrieben, indem es "überwältigend positive" Einschätzungen zu Lagerbeständen, Preissetzungsmacht, neuen Produkten und Betriebsergebnismarge abgegeben habe, hieß es. Den Aktionären zufolge sei die Wahrheit dann am 25. Juli ans Licht gekommen, als Stellantis mitteilte, dass das bereinigte Betriebsergebnis im ersten Halbjahr um 40 Prozent auf 8,46 Milliarden Euro gefallen sei. Es wird ein nicht näher bezifferter Schadensersatz gefordert.