Inflation und Schulden im Blick Investoren vor US-Inflationsdaten nervös
Sorgen um die US-Inflation, die US-Schuldenobergrenze und die trüben Aussichten bei den Unternehmen haben die Wall Street ins Minus gedrückt. Die europäischen Märkte bleiben ohne klare Richtung.
Die US-Börsen haben nach dem recht stabilen Wochenauftakt leicht nachgegeben. Der Dow Jones büßte bis Handelsschluss 0,1 Prozent auf 33.561 Punkte ein. Am Montag war der Leitindex wie bereits am Freitag von seiner 21-Tage-Durchschnittslinie ausgebremst worden. Sie gilt bei technisch orientierten Anlegern als Gradmesser für den kurzfristigen Trend und leistet aktuell Widerstand.
Der marktbreite S&P 500 sank um 0,3 Prozent auf 4.137 Punkte und auch der technologielastige Nasdaq verlor 0,6 Prozent auf 13.201 Punkte. Besonders die PayPal-Aktie stand heute im Fokus: Nach einer Senkung der Margenprognose stürzte die Aktie um fast zwölf Prozent ab. Analysten zufolge befürchten die Investoren unter anderem, dass PayPal Marktanteile an Apple verliert.
Neben den verhaltenen Tönen der Unternehmen trugen besonders mit Spannung erwarteten Inflationsdaten zur Nervosität bei. Von den morgigen Daten aus den USA erhoffen sich Analysten Hinweise darauf, wann die US-Notenbank Fed das Ende des Zinserhöhungszyklus einläutet. "Wir haben endlich den Punkt erreicht, an dem die US-Notenbank das Ende ihres Straffungszyklus erreicht haben könnte und wir beginnen können, uns darauf zu freuen", sagte Analyst Craig Erlam vom Handelshaus Oanda. "Damit dies jedoch der Fall ist, müssen wir in den Daten Anzeichen dafür sehen, dass die Fed ab morgen auf dem Weg zu seinem Inflationsziel von zwei Prozent ist."
Allerdings betonte der der Chef des Notenbankbezirks New York, John Williams, heute auch, dass weitere Zinserhöhungen noch nicht vom Tisch seien: "Wir haben nicht gesagt, dass wir fertig sind." Falls weitere geldpolitische Straffung angebracht sein sollte, werde die Notenbank dies tun.
Heute beschäftigten neben den morgen anstehenden Inflationsdaten auch die US-Schulden die Märkte. Denn im Tagesverlauf findet ein wichtiges Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und dem Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, statt. Die Republikaner wollen einer Anhebung der Schuldengrenze nur zustimmen, wenn als Gegenleistung Staatsausgaben gekürzt werden. Die Demokraten wollen Budgetverhandlungen nicht mit dem Schuldendeckel verknüpfen.
"Das US-Finanzministerium hat den 1. Juni als 'X-Day' festgelegt. Wird bis dahin keine Einigung erzielt, haben die USA möglicherweise nicht genug Geld, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, was zu einem technischen Zahlungsausfall führen und möglicherweise eine Finanzkrise auslösen könnte", sagte Konstantin Oldenburger, Analyst vom Broker CMC Markets. Solche Situationen hätten sich in der Vergangenheit immer wieder entspannt, unterschätzen solle man sie als Anleger dennoch nicht.
Im Vorfeld der US-Inflationsdaten waren die Anleger heute auch in Europa verhalten. Der DAX pendelte im Tagesverlauf unter der gestrigen Marke von 15.955, bei der er schließlich auch aus dem Handel ging. "Es fehlen weiterhin die positiven Impulse, um auf dem hohen Niveau und ob der vielen Unsicherheitsfaktoren noch Käufer in den Markt zu locken", sagte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets mit Blick auf den Dax.
Der MDax verlor 0,83 Prozent auf 27.315 Zähler. Der SDax fiel um 0,93 Prozent auf 13.696 Punkte. Der EuroStoxx50 bröckelte um knapp ein Prozent auf 4307 Zähler ab.
Auch in der Eurozone ist laut Bundesbankpräsident Joachim Nagel mit weiteren Zinserhöhungen zu rechnen: "Der Kampf gegen die hohe Inflation ist noch nicht gewonnen", sagte Nagel der "FAZ" in einem Interview. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte am Donnerstag zum siebten Mal in Folge die Zinsen im Euroraum erhöht. Allerdings fiel die Anhebung mit 0,25 Prozentpunkten geringer aus als die Erhöhungen zuvor. Wichtig sei die Botschaft: "Wir sind noch nicht am Ende: Die Zinsen sollten noch weiter steigen", so Nagel weiter. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, liegt damit bei 3,25 Prozent.
Ähnliches war heute auch von EZB-Direktorin Isabel Schnabel zu hören: Es gebe zwar einen spürbaren Rückgang der Gesamtinflation, doch die zugrundeliegende Inflation bleibe hoch, erklärte Schnabel am Dienstagabend bei einem Vortrag in Frankfurt. Das "Momentum der Inflation" bleibe bei allen Komponenten außer Energie hoch.
Gute Nachrichten gab es heute aus dem Bankensektor: Nur eine Handvoll kleinerer Banken stehen derzeit unter besonderer Beobachtung der BaFin. Bis jetzt erweise sich das weltweite Finanzsystem als stabil, sagte heute auch der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Mark Branson. Das gelte auch für die meisten deutschen Banken. "Doch es ist nicht sicher, dass diese schwierige Phase hinter uns liegt", warnte Branson auf der Jahrespressekonferenz der Behörde. Zum einen seien weitere Zinsschritte möglich, zum anderen schlügen sich die Effekte der höheren Zinsen oft nur verzögert in den Bewertungen und Bilanzen nieder.
Die Marke von 1,10 Dollar, die der Euro in der vergangenen Woche mehrfach deutlich übersprungen hatte, bleibt hart umkämpft. Im Tagesverlauf ist der Euro gefallen, die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0959 Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9125 Euro.
Die Nervosität der Investoren stützte das Gold, das als "sicherer Hafen" in Krisenzeiten gilt. Das Metall verteuerte sich um 0,4 Prozent auf rund 2030 Dollar je Feinunze. Unter Druck gerieten dagegen die Ölpreise. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI verbilligten sich um jeweils rund ein Prozent auf 76,09 beziehungsweise 72,43 Dollar pro Barrel.
Fehlende Teile von Zulieferern haben den weltgrößten Flugzeugbauer Airbus auch im April belastet. Im vergangenen Monat übergab der Boeing-Konkurrent 54 Maschinen an seine Kunden, wie der Konzern nach Börsenschluss mitteilte. Seit Jahresbeginn zählt der Flugzeugbauer damit nun 181 Auslieferungen. Üblicherweise ziehen die Auslieferungen bei Airbus gegen Jahresende deutlich an. 2022 reichte dies jedoch nicht aus, um das Jahresziel zu erreichen.
Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck baut weiter auf Preiserhöhungen zur Abfederung höherer Kosten. Im ersten Quartal erzielte der DAX-Konzern damit in seinen wichtigsten Märkten Nordamerika und Europa gute Resultate, zudem lief das Ersatzteilgeschäft weiter rund. Der Gewinn im ersten Quartal stieg auf fast das Dreifache im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum. Allerdings ließ der Auftragseingang nach. Aus Vorsicht vor weiteren Problemen in der Lieferkette bestätigte das Management die Jahresprognosen, sieht aber Luft nach oben. Dennoch gehörte die Aktie heute zu den DAX-Verlieren.
Der US-Finanzinvestor Bain Capital lässt bei Software AG nicht locker. Man sei unter bestimmten Bedingungen bereit, bis zu 36 Euro je Aktie zu zahlen, teilte die von den Amerikanern kontrollierte Rocket Software am Dienstagabend mit. Dazu zählt der Verkauf oder eine anderweitige Übertragung der derzeit vom Technologieinvestor Silver Lake und der Großaktionärin Software-AG-Stiftung gehaltenen Papiere an Rocket. Silver Lake hatte vor wenigen Tagen sein Anfangsgebot von 30 auf 32 Euro erhöht und genießt die Unterstützung von Vorstand, Aufsichtsrat und Stiftung.
Eine Senkung der Margenprognose setzte heute die PayPal-Aktie unter Druck. Das Unternehmen erwartet 2023 einen Anstieg der bereinigten operativen Marge um 100 Basispunkte. Zuvor hat es mit 125 Basispunkten gerechnet. Analysten zufolge befürchten die Investoren unter anderem, dass PayPal Marktanteile an Apple verliert. Zudem schreckten die hohen Zinsen Kunden zunehmend von teuren Käufen ab.
Volkswagen und die auf autonomes Fahren spezialisierte Technologiefirma Mobileye bauen ihre Zusammenarbeit aus. Der zum Wolfsburger Autokonzern gehörende Sportwagenbauer Porsche übernimmt das von der israelischen Intel-Tochter entwickelte System Mobileye Super-Vision, das automatisiertes Fahren ermöglicht. Porsche hat damit eine Vorreiterrolle; die Technik soll später auch von anderen Fahrzeugmarken des Konzerns genutzt werden.
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sieht Deutschlands größtes Geldhaus auf einem guten Weg, die selbstgesteckten Ziele für 2025 zu erfüllen. Er gehe davon aus, "dass wir die Erträge in den kommenden beiden Jahren stärker steigern können als bisher angenommen", sagte Sewing in der heute veröffentlichten Rede zur Hauptversammlung am 17. Mai. Dabei seien die für 2025 angestrebten zehn Prozent Eigenkapitalrendite"eher das untere Ende der Möglichkeiten". Ende April hatte Sewing trotz eines Gewinnanstiegs weitere Kostensenkungen und den Abbau von Stellen angekündigt. Dabei hob er das Einsparziel um 500 Millionen Euro auf 2,5 Milliarden Euro an.
Finanzchefin Beatriz Puente verlässt den kriselnden spanischen Windturbinenhersteller Siemens Gamesa - nur wenige Monate nach der Übernahme durch Siemens Energy. Der Abgang sei zum 15. Mai geplant, geht aus einer Mitarbeiter-Info am Dienstag hervor. Ein Grund für Puentes Abgang wurde in dem Schreiben, in das die Nachrichtenagentur Reuters Einblick hatte, nicht genannt. Siemens Energy bestätigte die Echtheit der Mitarbeiter-Info. Die Managerin war seit Dezember 2020 Finanzchefin bei dem Unternehmen, das immer wieder hohe Verluste eingefahren hatte.
Lanxess-Chef Matthias Zachert bleibt für weitere fünf Jahre an der Spitze des Spezialchemiekonzerns. Der Vertrag mit Zachert sei mit Wirkung zum 1. April 2024 um fünf Jahre verlängert worden, teilte der Kölner Konzern mit. Der gebürtige Bonner ist seit 2014 Vorstandschef und war seit der Abspaltung von Bayer von 2004 bis 2011 Finanzchef.
Die jüngsten Probleme am Mittelstreckenjet 737 Max haben den Flugzeughersteller Boeing im April wieder zurückgeworfen. Der Hersteller lieferte insgesamt nur 26 neue Verkehrsflugzeuge aus und damit nicht einmal halb so viele wie im März, wie heute veröffentlicht wurde. Im Vormonat hatte Boeing 64 Maschinen an seine Kunden übergeben. Der Hersteller hatte Mitte April mitgeteilt, dass er die Auslieferungen wegen Fertigungsmängeln und nötiger Inspektionen drosseln müsse. Die neuen Mängel wurden beim Zulieferer Spirit Aerosystems festgestellt, der die Flugzeugrümpfe von vielen der 737-Max-Jets fertigt.
Europas größter Billigflieger Ryanair kauft wieder im großen Stil bei Boeing ein. Die Bestellung umfasse 150 Mittelstreckenjets in der neuen Langversion 737 Max 10, teilte Ryanair mit. Hinzu kämen Optionen über weitere 150 Maschinen des Typs. Die Aktionäre müssten dem Deal noch auf der Hauptversammlung im September zustimmen. Laut Preisliste kommen die fest bestellten Maschinen auf einen Gesamtwert von etwa 20 Milliarden Dollar (18,1 Mrd Euro).
Der Baukonzern Hochtief ist mit einem Gewinnsprung ins neue Jahr gestartet. Im ersten Quartal legte der um Sondereffekte bereinigte Konzerngewinn im Jahresvergleich um 16,3 Prozent auf 137,5 Millionen Euro zu, wie das Unternehmen heute in Essen mitteilte. Vor allem laufen die Geschäfte der Auslandstöchter und des spanischen Autobahnbetreibers Abertis, an dem Hochtief rund 20 Prozent hält, deutlich besser. Das Gewinnziel für das Gesamtjahr bestätigte der Essener Konzern, der kurz vor der Rückkehr in den Mittelwerteindex MDax steht. 2022 war der bereinigte Gewinn um fast 156 Prozent auf knapp 522 Millionen Euro gestiegen.
Der Gesundheitskonzern Fresenius ist überraschend gut ins neue Jahr gestartet, die Aktie ist größter DAX-Gewinner. Während der Umsatz im ersten Quartal im Vorjahresvergleich um fünf Prozent auf 10,2 Milliarden Euro kletterte, musste der Konzern allerdings Gewinneinbußen hinnehmen. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis fiel mit einem Rückgang um neun Prozent auf 908 Millionen Euro jedoch deutlich besser aus als von Analysten erwartet. Als Belastung für Fresenius erwies sich hingegen erneut die Tochter Fresenius Medical Care (FMC). Beim inzwischen in den MDAX abgestiegenen Blutwäschespezialisten brach das Betriebsergebnis um ein Viertel ein, der Gewinn ging um 45 Prozent auf 86 Millionen Euro zurück.
Aktien des Lkw-Konzers Daimler Truck notierten dagegen am DAX-Ende. Dabei hat die US-Investmentbank Goldman Sachs ihre Kaufempfehlung für die Aktie nach Bekanntgabe der Quartalszahlen sogar bekräftigt. Das Unternehmen hat im ersten Quartal dank hoher Nachfrage und besserer Versorgung mit Halbleitern deutlich mehr Gewinn erzielt. Daimler Truck steigerte den Absatz um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf gut 125.000 Einheiten. Der Umsatz legte um 25 Prozent auf 13,2 Milliarden Euro zu, das Konzernergebnis verdreifachte sich auf fast 795 Millionen Euro.
Dem Lufthansa-Management schlägt heute auf der virtuellen Hauptversammlung in diesem Jahr viel Kritik von Aktionären entgegen. Die Premium-Marke Lufthansa sei durch Abwicklung ihrer Flüge durch die Töchter Eurowings und Eurowings Discover sowie externe Leasing-Airlines verwässert, der Konzern mit elf Flugbetrieben zu komplex, monierten die Fondsgesellschaften Deka Investment und Union Investment. "Der Markendschungel verwirrt die Kunden und birgt erhebliche Reputationsrisiken", sagte Deka-Nachhaltigkeitschef Ingo Speich laut Redetext. Konzernchef Carsten Spohr habe "keine klare Strategie", kritisierte auch Henrik Pontzen, Leiter Nachhaltigkeit bei Union Investment.
Der Rüstungselektronik-Hersteller Hensoldt ist mit deutlichen Zuwächsen ins Jahr gestartet. Im ersten Quartal legte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 18 Prozent auf 338 Millionen Euro zu. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg um mehr als 80 Prozent auf 30 Millionen Euro. Unter dem Strich schlugen allerdings ungünstige Währungskurse und Zinssicherungsgeschäfte negativ zu Buche. Der Nettoverlust wuchs dadurch um mehr als ein Fünftel auf 20 Millionen Euro.
Höhere Personal- und Logistikkosten haben dem hessischen Auto- und Industriezulieferer Norma im ersten Quartal einen Gewinneinbruch beschert. Das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) sank um über ein Viertel auf 22,6 Millionen Euro. Um aufgestaute Kundenaufträge abzuarbeiten, seien Zusatzschichten gefahren, Zeitarbeitskräfte beschäftigt worden und Sonderfrachten angefallen. Der Umsatz legte dank Preiserhöhungen um 3,5 Prozent auf 315 Millionen Euro. Der Vorstand bekräftigte seine Ziele für 2023. Er will ein Umsatzplus im mittleren einstelligen Prozentbereich und eine unveränderte operative Umsatzrendite (EBIT-Marge) von acht Prozent erreichen.
Sinkende Strompreise und eine geringere Windausbeute haben beim Windparkentwickler PNE das Ergebnis belastet. Das operative Ergebnis (EBITDA) sank im ersten Quartal um fast die Hälfte auf 8,6 Millionen Euro. Unter dem Strich verbuchte PNE einen Verlust von 0,08 Euro je Aktie nach einem Gewinn von 0,13 Euro vor Jahresfrist. Die Erlöse kletterten allerdings auf 32,2 (Vorjahr: 29,5) Millionen Euro. Bei Genehmigungen neuer Windparks mit einem Volumen von insgesamt 79 Megawatt (MW) und Ausschreibungen von 96 MW habe PNE allerdings Erfolge verzeichnet.
Die Macher des Smartphone-Games Pokémon Go versuchen ihr Glück mit Spielefiguren aus eigener Entwicklung. Das Spiel Peridot, in dem Nutzer ein Fantasiewesen als ein virtuelles Haustier pflegen und großziehen, ist seit heute in Deutschland und anderen Ländern breit verfügbar. Die App weckt Erinnerungen an die einst populären Tamagotchis - allerdings wachsen die Peridots bei mangelhafter Pflege nur langsamer, statt zu sterben.