Dow und DAX im Minus Börsen im Bann der Zinsängste
Fehlende Impulse und die Sorgen vor länger anhaltenden Zinserhöhungen haben den Aktienmärkten heute weitere Verluste beschert. Für die Wall Street ging es deutlich nach unten. Auch der DAX schloss tiefer.
Die Aussicht auf anhaltende Zinserhöhungen der Notenbanken sorgt an den Börsen weiter für negative Stimmung. Nach einem bereits schwachen Wochenauftakt hat heute ohne frische Impulse der Schwung für einen neuerlichen Anstieg gefehlt. Gestern hatten überraschend gute US-Wirtschaftsdaten die Kurse erheblich belastet - und die Zinsängste erneut aufkochen lassen.
Der Dow Jones ging mit einem Minus von 1,03 Prozent bei 33.596 Punkten aus dem Handel. Damit sackte der US-Leitindex erstmals seit Oktober wieder unter die 21-Tage-Linie ab, die an den Märkten ein beliebter kurzfristiger Trendindikator ist. Zwischenzeitlich stand er auf dem niedrigsten Stand seit Mitte November. Für die übrigen Indizes ging es sogar noch etwas kräftiger bergab: Der marktbreite S&P 500 verlor 1,44 Prozent und der technologielastige Nasdaq 100 büßte etwa zwei Prozent ein.
Anleger gingen vor den Leitzinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank Fed in der kommenden Woche keine großen Risiken mehr ein, hieß es unter Experten. Nach den ordentlichen Kursgewinnen der vergangenen Wochen gebe es derzeit nur wenig, was die Märkte kurzfristig höher treiben könnte, erläuterte Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets UK. Anleger nähmen daher Gewinne mit.
Die Aktienmärkte seien in einer schwierigen Situation, meinte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Denn die weiterhin florierende US-Wirtschaft könnte die Fed dazu drängen, die Zinsen länger zu erhöhen und den Endpunkt nach oben zu verschieben." Ein deutlich gestiegener Auftragseingang der US-Industrie und ein guter ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor hatten zum Wochenauftakt die jüngsten Spekulationen gedämpft, die Währungshüter könnten angesichts der zuletzt nachlassenden Inflation das Tempo und die Intensität ihrer Zinserhöhungen verringern.
Gute Wirtschaftsdaten steigern tendenziell den Spielraum, weitere Zinsschritte einzuleiten, ohne die Wirtschaft zu gefährden. Laut dem Anlagestrategen Mark Haefele von der UBS-Vermögensverwaltung werden solche Nachrichten daher derzeit als eher schlechte Nachricht für Aktien und Anleihen interpretiert. Auch er verwies dabei auf die Schlussfolgerung, dass die Fed so schnell nicht dazu übergehen werde, ihre Geldpolitik wieder zu lockern.
Wegen der wachstumsbremsenden Wirkung hoher Zinsen litten heute vor allem die Titel von Tech-Riesen wie Apple, Alphabet, Netflix, Amazon und Tesla unter Abgaben zwischen 1,44 und 3,03 Prozent. Besonders stark sanken die Papiere des Social-Media-Giganten Meta. Sie verloren knapp 6,8 Prozent. Laut einem Bericht im "Wall Street Journal" will die EU dem Facebook- und Instagram-Besitzer untersagen, die Zustimmung der Nutzer zum Erhalt personalisierter Werbung zu verlangen.
Die EZB will die geldpolitischen Zügel offenbar ebenfalls straff halten. Die Notenbank werde noch mehrfach die Zinsen anheben müssen, auch wenn die Inflation ihren Höhepunkt fast erreicht haben dürfte, sagte Chefvolkswirt Philip Lane der Zeitung "Milano Finanza". Der zyprische Notenbankchef Constantinos Herodotou geht ebenfalls davon aus, dass es weitere Erhöhungen geben werde, wie das EZB-Ratsmitglied auf einer Bloomberg-Veranstaltung betonte.
Auch am Frankfurter Aktienmarkt gehen deshalb weiter Zinssorgen um. Der DAX schloss rund 0,7 Prozent im Minus bei 14.343 Punkten. Damit knüpfte er an den verhaltenen Vortag an, nachdem er am Freitag mit 14.584 Zählern einen weiteren Höchststand seit Juni erreicht hatte. Seit Mitte November kommt der deutsche Leitindex jedoch nicht über diese Marke hinaus. Das könnte ein Zeichen für eine sogenannte Konsolidierung sein - sprich einer Gegenbewegung nach dem wochenlangen Aufschwung.
Die deutsche Industrie hat derweil im Oktober wieder mehr Aufträge bekommen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag der Auftragseingang 0,8 Prozent höher als im Monat zuvor. Ökonomen hatten zwar einen Anstieg erwartet, im Schnitt aber nur um 0,1 Prozent. Das Bundeswirtschaftsministerium sprach von einer Stabilisierung der Bestellungen. Während sich die Aufträge aus dem Inland im Vergleich zum Vormonat um 1,9 Prozent verringerten, stiegen die Auslandsaufträge um 2,5 Prozent.
Die Zins- und Konjunkturängste belasteten auch den Ölmarkt. Nach leichten Gewinnen im frühen Handel drehten die Notierungen bis zum Mittag in die Verlustzone. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Abend 80,19 Dollar. Das waren über 2,00 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 2,8 Prozent auf 74,81 Dollar.
Am Ölmarkt zeigten sich in den vergangenen Handelstagen zum Teil starke Preisschwankungen. Marktbeobachter verwiesen auf das Inkrafttreten eines weitgehenden Embargos der Europäischen Union gegen Rohöl aus Russland und auf einen Preisdeckel für russisches Öl von 60 Dollar je Barrel. Zudem sorgt auch die Corona-Politik der Regierung in China immer wieder für Kursbewegungen.
Papiere aus dem Gesundheits- und Medizintechniksektor waren heute die größten Verlierer am deutschen Aktienmarkt. Im DAX verunsicherte einmal mehr Fresenius Medical Care (FMC) seine ohnehin leidgeprüften Anleger mit einer Personalentscheidung. Nach nur zwei Monaten kommt es beim Dialysekonzern zum nächsten Führungswechsel. Carla Kriwet legte ihr Mandat als Vorsitzende und Mitglied des Vorstands nieder. FMC verloren als DAX-Schlusslicht 3,7 Prozent. Siemens Healthineers und Sartorius erging es mit Abschlägen von jeweils um die 3,2 Prozent kaum besser.
RWE gewannen als Tagessieger im DAX dagegen 1,5 Prozent. Die Papiere reagierten damit auf einen Analystenkommentar. In einer Studie hatte Wanda Serwinowska von der Credit Suisse ihr Kursziel auf 50,50 Euro aufgestockt und die "Outperform"-Einstufung bestätigt. Gestern hatte RWE zudem mitgeteilt, dass man nach Uniper nun ebenfalls ein Schiedsgerichtsverfahren gegen den russischen Staatskonzern Gazprom anstrengt. Hintergrund ist die Kürzung und schließlich Einstellung russischer Gaslieferungen nach Deutschland im vergangenen Sommer.
Die Volkswagen-Tochter Porsche AG steigt noch Dezember in den DAX auf, wie die Deutsche Börse mitteilte. Wegen der Aufnahme der Automobilaktie steigt der Sportartikelhersteller Puma aus dem DAX in den MDAX ab.
Durch den Porsche-Aufstieg in den DAX gibt es auch in den weiteren Indizes Bewegung. Puma verdrängt im MDAX den Batteriehersteller Varta, der in den Nebenwerteindex SDAX absteigt. Dadurch fällt der Online-Modehändler About You aus dem Index der kleinen und mittleren Unternehmen.
Airbus wird sein Auslieferungsziel in diesem Jahr nicht schaffen. Das Ziel, rund 700 Flugzeuge 2022 zu übergeben, sei nicht mehr zu erreichen, teilte das Unternehmen heute mit. Der Flugzeugbauer gehe nun von etwas weniger Maschinen aus. In den zwölf Monaten per Ende November habe das Unternehmen 565 Flugzeuge ausgeliefert, davon 68 im November. Airbus hatte bereits im Juli unter anderem auch wegen Problemen in der Lieferkette das ursprüngliche Ziel von 720 Maschinen kassieren müssen. Die Prognose für das laufende Jahr für das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) sowie den freien Mittelzufluss bekräftigte Airbus hingegen.
Apple braucht Insidern zufolge beim geheimnisumwitterten Apple-Car mehr Zeit. Der Technologiekonzern habe das geplante Startdatum um rund ein Jahr auf 2026 verschoben, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg heute unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Das Projekt sei schon seit Monaten in der Schwebe, da sich die Verantwortlichen im Konzern mit der Tatsache anfreunden mussten, dass ihre Pläne für ein Fahrzeug ohne Lenkrad und Pedale mit der aktuellen Technik nicht möglich seien. Daher werde nun ein weniger ambitioniertes Design mit Lenkrad und Pedalen geplant.
Mercedes-Benz verdoppelt die Produktionskapazität für elektrische Antriebe im größten Komponentenwerk des Autobauers in Stuttgart-Untertürkheim auf eine Million Stück. Der Hochlauf für Antriebe der vollelektrischen Fahrzeuge der Marke EQ solle ab 2024 beginnen, teilte der Autobauer mit und bestätigte damit einen Bericht der "Wirtschaftswoche". Mercedes-Benz will bis Ende des Jahrzehnts sein gesamtes Angebot auf reine E-Autos umstellen, wenn die Marktnachfrage entsprechend ist.
Der US-Pharmakonzern Pfizer und sein deutscher Partner BioNTech haben im Streit über konkurrierende Corona-Impfstoffe bei einem Bostoner Bundesgericht Klage gegen das US-Biotechunternehmen Moderna eingereicht. Darin wurde die Abweisung der anhängigen Moderna-Klage sowie die Feststellung beantragt, dass die Patente von Moderna ungültig sind und nicht verletzt wurden.
Die Deutsche-Bank-Tochter DWS hat am Abend vor ihrem Investorentag ihre mittelfristigen Dividendenpläne bekannt gegeben. Ab 2025 sei eine Auszahlungsquote von rund 65 Prozent geplant, teilte das Unternehmen mit. Zum Vergleich: Für 2021 hatte der Konzern 400 Millionen Euro beziehungsweise zwei Euro je Aktie als Dividende ausgeschüttet und damit gut 64 Prozent des Bilanzgewinns von 2021. Im Jahr 2024 solle zudem die Ausschüttung einer Sonderdividende in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro vorgeschlagen werden. Die DWS-Aktien stiegen nachbörslich um rund zwei Prozent.
Der Chef des Chemiekonzerns Evonik rechnet wegen der schwierigen und teuren Gasversorgung Deutschlands infolge des Kriegs Russlands gegen die Ukraine mit massiven Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Kurzarbeit bei dem Essener MDAX-Konzern will Christian Kullmann daher nicht ausschließen. Eine solche Maßnahme habe den Zweck, in Krisenzeiten Beschäftigung zu sichern. "Bei Evonik wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben", sagte der Manager im Gespräch mit der "Westdeutschen Allgemeine Zeitung" (WAZ).
Der Versicherungskonzern Talanx will seinen Nettogewinn in den nächsten drei Jahren um mehr als ein Viertel steigern. Neues Ziel für 2025 sei ein Gewinn von rund 1,6 Milliarden Euro, so das MDAX-Unternehmen am Morgen. Für das laufende Jahr hat Talanx 1,05 bis 1,15 Milliarden Euro angepeilt. Gute Geschäfte erwartet der Konzern vor allem in der Industrieversicherung.
Nach einem wohl eher enttäuschenden Ergebnisausblick haben die Anleger von Gerresheimer heute Kasse gemacht. Mit einem Verlust von 7,5 Prozent rutschten die Papiere ans MDAX-Ende und beendeten damit ihre wochenlange Rally. Diese hatte den Aktien des Spezialverpackungsherstellers von Ende September bis zum Anfang dieses Monats einen Kursgewinn von 57 Prozent beschert. Im aktuellen Umfeld steigender Zinsen dürfte es beim bereinigten Ergebnis je Aktie im gerade begonnenen Geschäftsjahr zunächst eine Wachstumsdelle für Gerresheimer geben.
Belastet durch die Platzierung eines institutionellen Investors sind Aktien von Eckert & Ziegler aus dem Nebenwerteindex SDAX heute um bis zu 13 Prozent abgerutscht. Der Investor bietet laut Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg bis zu 1,1 Millionen Aktien zum Preis von 47 Euro an. Im freien Handel befinden sich gemäß Unternehmensangaben aktuell 11,8 Millionen Papiere. Zuletzt betrug das Minus 11,4 Prozent.
Die Aussicht auf einen Großauftrag aus den USA hat den Kurs von Rolls-Royce an der Londoner Börse auf den höchsten Stand seit Juli getrieben. Laut der Analystin Chloe Lemarie vom Analysehaus Jefferies dürfte Rolls-Royce von der Entscheidung der US-Armee für den V-280 Valor des Herstellers Textron profitieren. Rolls Royce liefert für den neuen Helikopter jeweils zwei Motoren des Typs AE 1107F. Für die Verteidigungssparte des Konzerns wäre ein solcher Auftrag ein längerfristiger Wachstumsimpuls.