Tag der Zinswende Kräftige Kursgewinne
Die US-Notenbank hat wie erwartet gehandelt - und eine Annäherung zwischen Russland und der Ukraine scheint möglich. Das hat die Aktienmärkte beflügelt.
Mehrere Hinweise auf eine Annäherung zwischen der Ukraine und Russland haben die Aktienmärkte zur Wochenmitte beflügelt. Insbesondere Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und des Präsidentenberaters Mychajlo Podoljak zu den Gesprächen mit Russland deuteten auf eine mögliche Deeskalation hin.
Der historische Zinsentscheid der Fed, erstmals seit Ende 2018 den Leitzins wieder zu erhöhen, sorgte für die erwartbar erratischen Schwankungen an den Märkten. Nach einem kurzen Ausflug ins Minus erholte sich der Dow Jones wieder kräftig und schloss 1,55 Prozent höher. Der Technologiewerteindex Nasdaq-100 gewann sogar 3,3 Prozent hinzu. Obwohl steigende Zinsen eigentlich ungünstig für die Aktienmärkte sind, schätzen die Marktteilnehmer vollendete Tatsachen und mehr Klarheit über den künftigen Zinspfad.
Wegen der früheren Umstellung der USA auf die Sommerzeit schließen die US-Börsen in dieser und der nächsten Woche um 21.00 Uhr unserer Zeit.
Dem DAX bescherten die neuen Hoffnungen das bisher zweitgrößte Tagesplus des Jahres von 3,76 Prozent.
Derzeit würden Dokumente ausgearbeitet, welche Selenskyj und der russische Präsident Wladimir Putin dann vereinbaren und unterzeichnen können, zitierte die russische Staatsagentur Ria Nowosti Präsidentenberater Podoljak. "Das könnte schon bald passieren."
Nach Informationen der "Financial Times" arbeiten beide Seiten an einem 15-Punkte-Plan. An erster Stelle stünden die von Russland geforderte Neutralität und Entmilitarisierung der Ukraine sowie der von Kiew verlangte Abzug russischer Truppen. Territoriale Streitfragen sollten danach erst später diskutiert werden.
"Professionelle Investoren sitzen laut einer Umfrage der Bank of America auf so viel Cash wie zuletzt im April 2020. Mit jeder positiven Nachricht über einen Waffenstillstand besteht hier also jede Menge Anlagebedarf, der die Kurse weiter nach oben treiben könnte", so Jürgen Molnar von Robomarkets. Auch die deutliche Erholung der chinesischen Aktienmärkte am Morgen hat die Märkte gestützt. Zuletzt hatten die Kurse stark unter den neuen Corona-Lockdowns in China gelitten.
Nachrichten über ein Erdbeben vor der Küste Japans hatten am Nachmittag dagegen kaum Einfluss auf die Kurse.
Auch der Euro schwankte nach dem Zinsentscheid stark, kletterte dann aber deutlich über 1,10 Dollar. Die Ölpreise gaben angesichts der Lockdowns in China und der neuen Hoffnungen im Ukraine-Konflikt nach. Die Nordseesorte Brent lag am Abend wieder unter der Marke von 100 Dollar je Barrel. Nach der Invasion Russlands in die Ukraine waren in der vergangenen Woche Preise von mehr als 130 Dollar erreicht worden.
Ein Glanzlicht setzte Walmart im US-Handel. Der größte US-Einzelhändler will im laufenden Geschäftsquartal (bis Ende April) mehr als 50.000 Beschäftigte in den USA einstellen. Darunter sind auch etliche Tech-Jobs, mit denen Walmart den Wandel vom klassischen Einzelhandel zum E-Commerce beschleunigen und Amazon Konkurrenz machen will. Walmart ist mit rund 1,6 Millionen Mitarbeitern bereits der größte private Arbeitgeber in den USA. Weltweit hat der Konzern rund 2,3 Millionen Beschäftigte.
Im Wirecard-Skandal soll ein Musterverfahren die möglichen Schadenersatzansprüche geschädigter Anleger gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY klären. Das hat das Landgericht München I beschlossen. EY kritisierte die Entscheidung und prüft Rechtsmittel. Im Wirecard-Insolvenzverfahren haben Gläubiger und Aktionäre insgesamt Forderungen von über zwölf Milliarden Euro angemeldet. Falls EY rechtskräftig zu Schadenersatz verurteilt werden sollte, könnte das kostspielig für die Wirtschaftsprüfer werden. Musterverfahren dienen dazu, stellvertretend für eine Vielzahl von Klagen eine Entscheidung herbeizuführen. Allein in München sind mittlerweile über tausend Klagen gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun und EY eingegangen - die Prüfer hatten die mutmaßlich gefälschten Bilanzen des mittlerweile zerschlagenen DAX-Konzerns über Jahre testiert. Am Montag hatte die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen Braun und zwei weitere ehemalige Wirecard-Manager erhoben.
Morphosys meldete nach Börsenschluss einen Jahresverlust von 514,5 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor hatte das SDAX-Unternehmen noch einen Gewinn von knapp 98 Millionen Euro erwirtschaftet. Zuletzt hatte der Biotech-Konzern bereits über hohe Abschreibungen für das vierte Quartal berichtet. Der Verkauf des gemeinsam mit dem Partner Incyte in den USA vermarkteten Hoffnungsträgers Monjuvi gewann zuletzt an Fahrt. Das Krebsmedikament spülte im vergangenen Jahr 79,1 Millionen Dollar in die Kassen. Konzernweit sank der Umsatz 2021 aber um 45 Prozent auf 179,6 Millionen Euro. Damit schnitt Morphosys etwas besser ab als am Markt erwartet.
Gleich mehrere Kursverlierer der vergangenen Handelstage führten die Gewinnerliste im DAX an. So gewannen HelloFresh über zwölf Prozent, Delivery Hero über neun Prozent. Die Zalando-Aktie gewann über sieben Prozent.
Der Energiekonzern e.on geht auf Distanz zum russischen Gaskonzern Gazprom. e.on habe in seinem Portfolio Erdgasmengen, die es von Handelsgesellschaften von Gazprom eingekauft habe, so Konzernchef Leonhard Birnbaum auf der Bilanzpressekonferenz in Essen. "Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs haben wir den Einkauf neuer Mengen von diesen Gesellschaften gestoppt." e.on hatte am Morgen einen deutlichen Ergebnisanstieg für 2021 gemeldet. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) sei um eine Milliarde Euro auf 7,9 Milliarden Euro gestiegen. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 49 Cent je Aktie erhalten. Für 2022 peilt e.on ein bereinigtes Ebitda von 7,6 bis 7,8 Milliarden Euro an.
BMW rechnet wegen des Kriegs in der Ukraine mit einem spürbaren Dämpfer im Geschäft. Für das laufende Jahr sagte der Münchner Autobauer eine Gewinnmarge im Autogeschäft von sieben bis neun Prozent voraus nach 10,3 Prozent 2021 - ohne den Krieg wären es acht bis zehn Prozent gewesen. Dabei werde unterstellt, dass es in den kommenden Wochen zu Produktionsunterbrechungen kommt.
Nach den Konkurrenten Swiss Re und Hannover Rück zieht sich auch der weltgrößte Rückversicherer aus Russland zurück. "Bestehende Verträge in Russland und Belarus werden nicht erneuert. Das Neugeschäft hat Munich Re eingestellt", teilte die Münchener Rück mit. "Analog wird mit Kapitalanlagen in der Region verfahren." Ausnahmen davon gebe es nur, wenn von dem Rückzug "schützenswerte Personen oder Unternehmen negativ betroffen wären" und es trotz der Sanktionen überhaupt möglich sei.
Der Immobilienkonzern DIC Asset hat sich die Aktienmehrheit an der auf Logistikimmobilien spezialisierten VIB Vermögen gesichert. Im Rahmen des freiwilligen öffentlichen Teilangebots seien bisher 15 Prozent der ausstehenden VIB-Aktien angeboten worden. Schon zuvor hielt DIC 36 Prozent der Anteile. Die Angebotsfrist läuft am 18. März um Mitternacht aus. Eine Komplettübernahme plant das SDAX-Unternehmen nach eigenen Angaben nicht.
Voltabox wechselt seine Führung aus. Der Aufsichtsrat habe "im gegenseitigen Einvernehmen" mit den Vorstandschef Jürgen Pampel dessen Abberufung "mit sofortiger Wirkung" beschlossen, teilte der Paderborner Batteriehersteller mit. Die BaFin hatte zuvor eine Geldbuße wegen kapitalmarktrechtlicher Versäumnisse in Höhe von 68.000 Euro gegen Voltabox festgesetzt. Nachfolger Pampels wird der bisherige Finanzvorstand Patrick Zabel.
Die Zara-Mutter Inditex ist fast auf das Umsatzniveau aus der Zeit vor der Pandemie zurückgekehrt. Im neuen Geschäftsjahr ab Anfang Februar verkaufte der spanische Modekonzern bisher sogar deutlich mehr als vor der Krise. Doch Russlands Angriff auf die Ukraine hat für Inditex spürbare Folgen: So hat das Unternehmen seine 502 russischen Läden vorerst geschlossen und seine Online-Verkäufe dort eingestellt. Russland ist nach Spanien der weltweit größte Markt des Konzerns. Im vergangenen Geschäftsjahr (bis Ende Januar) setzte Inditex 27,7 Milliarden Euro um, das sind rund 600 Millionen weniger als zwei Jahre zuvor. Der Nettogewinn stieg auf 3,2 Milliarden Euro.
Die Wettbewerbshüter der EU haben grünes Licht für die Übernahme des Unterhaltungskonzerns MGM durch Amazon gegeben. Durch den Kauf will Amazon seine Position im Streaming-Markt stärken. Mit Prime Video haben die Amerikaner einen der weltweit größten Streaming-Anbieter in ihrem Portfolio. Unter dem MGM-Label werden etwa Filme und Serien produziert.
Der Wohnimmobilienkonzern Grand City Properties zeigt sich aufgrund einer starken Nachfrage nach Wohnungen auch für das laufende Jahr zuversichtlich. Das operative Ergebnis (FFO I) soll 2022 auf 188 bis 197 Millionen Euro steigen, so das MDAX-Unternehmen. 2021 stieg das operative Ergebnis um zwei Prozent auf 186 Millionen Euro. Die Dividende für das vergangene Jahr soll 83 Cent je Aktie betragen.
Das Geschäft mit Tests auf das Corona-Virus hat Europas größter Laborkette Synlab zu einem Rekordjahr verholfen. Der Umsatz schnellte 2021 um 44 Prozent auf 3,76 Milliarden Euro. Ohne das Geschäft mit der Pandemie wäre der Umsatz um zehn Prozent gewachsen. Die Tests waren für die Labore außergewöhnlich lukrativ: Der bereinigte Nettogewinn hat sich mit 676,0 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Die Aktionäre sollen eine erste Dividende von 33 Cent je Aktie bekommen.