Weitere Verluste Die Börsen wanken
Das Börsenumfeld bleibt schwierig. Ölpreise und Anleiherenditen steigen, und die Zinssorgen halten an. Dem DAX misslang ein Erholungsversuch. Die Wall Street konnte aber ihre Verluste eingrenzen.
Nach positivem Start gerieten die New Yorker Börsen deutlich unter Druck, konnten bis zum Handelsschluss aber wieder Boden gutmachen. Der Leitindex Dow Jones schloss 0,2 Prozent tiefer, nachdem er zwischenzeitlich 0,9 Prozent eingebüßt hatte.
Die Technologietitel an der Nasdaq konnten sogar ins Plus drehen. Der Nasdaq 100 ging 0,24 Prozent höher aus dem Handel. Im Verlauf griffen Investoren wieder zu, nachdem sich eine denkbare Lösung für den erneuten Haushaltsstreit in den USA abgezeichnet hatte. "Wenn der Markt ziemlich schnell sinkt, und das schon seit geraumer Zeit, werden Schnäppchenjäger eingreifen und in regelmäßigen Abständen zukaufen", sagte Randy Frederick vom Broker Charles Schwab.
Die US-Industrie hat im August überraschend mehr Aufträge erhalten. Die Bestellungen für langlebige Güter wie Flugzeuge und Maschinen wuchsen um 0,2 Prozent zum Vormonat. Von Reuters befragte Volkswirte hatten dagegen mit einem Rückgang um 0,5 Prozent gerechnet, nachdem es im Juli ein kräftiges Minus von 5,6 Prozent gegeben hatte. Das kommt im augenblicklichen Umfeld nicht unbedingt gut am Aktienmarkt an, erhöht es doch die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank Fed bis zum Jahresende noch einmal an der Zinsschraube dreht.
Eine weitere Belastung der Aktienmärkte ist der rasante Renditeanstieg. Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen erreichte mit 4,6 Prozent den höchsten Stand seit 2007. Das macht Aktien im Vergleich zu Anleihen weniger attraktiv.
Auch hierzulande haben die Anleiherenditen weiteres Aufwärtspotenzial, schließen doch einige Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) eine weitere Zinserhöhung im Kampf gegen die hohe Inflation nicht aus. Man könne "nicht unbedingt" sagen, dass die jüngste Phase der Leitzinserhöhungen in der Eurozone bereits ihren Höhepunkt erreicht habe, sagte EZB-Direktor Frank Elderson der Nachrichtenagentur Market News International. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen stieg auf 2,84 Prozent. Das ist der höchste Stand seit 2011.
Entsprechend trübe präsentiert sich die Lage am deutschen Aktienmarkt. Nach mehreren Erholungsversuchen geriet der DAX wieder unter Abgabedruck und schloss 0,25 Prozent tiefer. An den beiden vorherigen Handelstagen hatte das deutsche Börsenbarometer jeweils 1,0 Prozent eingebüßt.
Wenigstens hat sich die hohe Abwärtsdynamik der vergangenen Tage zur Wochenmitte merklich verringert. Für Anlegerinnen und Anleger gibt es aber noch keinen Grund zur Entwarnung. Marktbeobachter verweisen insbesondere auf die deutlich eingetrübte Charttechnik.
So hat sich der DAX mit dem Durchbrechen seiner zentralen Unterstützungszone weiteres Abwärtspotenzial eröffnet. Experten sehen die nächsten größeren Unterstützungen bei 14.500 Punkten. Umgekehrt gilt: Sollte der DAX es schaffen, seine 200-Tage-Linie (aktuell bei 15.588 Punkten) zurückzuerobern, könnten sich die Kurse nachhaltig stabilisieren.
Die gestiegenen US-Zinserwartungen stärken weiter den Dollar. Im Gegenzug gab der Euro weiter nach und fiel bis auf 1,0489 Dollar. So tief notierte die europäische Gemeinschaftswährung seit Januar nicht mehr. Die Feinunze Gold kostete am Abend 1.877 Dollar.
Trotz des starken Dollars bauten die Ölpreise ihre jüngsten Aufschläge aus. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November 94,40 Dollar - ein Plus von zwei Prozent. Das ist der höchste Stand seit dem vergangenen November. Die Notierungen wurden von dem unerwartet deutlichen Rückgang der US-Ölreserven gestützt. Die Bestände an Rohöl gingen im Vergleich zur Vorwoche um 2,2 Millionen auf 416,3 Millionen Barrel zurück.
Die Amazon-Aktie gab nur leicht nach. Dabei hat die US-Wettbewerbsbehörde FTC eine weitere Klage gegen den Online-Riesen eingereicht. Dabei nimmt die Federal Trade Commission (FTC) nun das "Marktplatzgeschäft" des US-Konzerns ins Visier und wirft ihm eine Monopolstellung vor. Die Kartellklage der FTC und von 17 US-Bundesstaaten sei vor einem Bundesgericht in Seattle eingereicht worden, teilte die Behörde mit.
Auch eBay muss sich einer behördlichen Anklage stellen. Die USA haben den Online-Händler wegen angeblicher Verstöße gegen Umweltschutz-Bestimmungen verklagt. Das Unternehmen habe den Verkauf schädlicher Produkte nicht unterbunden, so die Klage des US-Justizministeriums. Kunden könnten auf der Plattform Geräte zur Manipulation von Abgaswerten, methylenchloridhaltige Beize oder Pestizide, die Beschränkungen unterliegen, bestellen. Einige der angebotenen Produkte trügen zur Luftverschmutzung bei oder seien potenziell tödlich.
Die VW-Aktie geriet im Verlauf zunehmend unter Druck. Eine IT-Störung hat den Volkswagen-Konzern lahmgelegt. Bei der Marke VW in Deutschland stünden die Bänder komplett still, sagte ein Sprecher des Autobauers. Seit 12.30 Uhr gebe es eine IT-Störung von Netzwerkkomponenten am Standort Wolfsburg. Dies habe Implikationen auf die Werke. Nach aktuellem Stand der Analysen sei ein Angriff von außen unwahrscheinlich, betonte der Sprecher. An der Behebung der Störung werde mit Hochdruck gearbeitet. Derzeit stehe die Produktion im Stammwerk Wolfsburg sowie in Emden, Osnabrück und Zwickau still. Auch die Produktion bei der VW-Tochter Audi sei betroffen, bestätigte eine Audi-Sprecherin am Abend.
Ohnehin drohen Volkswagen wegen der schwächelnden Nachfrage weitere Einschnitte in der Produktion. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat die Geschäftsführung im Zwickauer Werk die Betriebsvereinbarung zum Drei-Schicht-Betrieb aus dem Jahr 1991 zum Jahresende gekündigt. Erst einen Tag zuvor war bekannt geworden, dass VW Anfang Oktober die Produktion in seiner Zwickauer E-Auto-Fabrik für zwei Wochen drosseln wird. Eine Fertigungslinie soll komplett stillstehen.
Der schwächste DAX-Wert des laufenden Jahres stand zur Wochenmitte weiter unter Druck: Die Aktie von Zalando liegt 2023 inzwischen 37 Prozent im Minus. Die Anteilsscheine des Onlinehändlers kommen dem Vorjahrestief bei 19,18 Euro immer näher. Darunter drohen dann sogar wieder die Kurse der ersten Stunde 2014 bei rund 17 Euro. Für zusätzlichen Druck sorgt heute der negative Ausblick der Citigroup-Analystin Monique Pollard auf den Quartalsbericht Anfang November.
Der "Chemiegipfel" im Kanzleramt hatte keine nachhaltige Auswirkung auf die Börse. Branchenprimus BASF konnte leicht zulegen. Wirtschaftsverbände und die Chemie-Gewerkschaft IGBCE zeigten sich enttäuscht über die Ergebnisse des Treffens. Das dringlichste Thema, ein "Brückenstrompreis" zur Verringerung der hohen Energiekosten, habe nicht adressiert werden können, sagte Markus Steilemann, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie. Das Gespräch sei "äußerst wichtig" gewesen, "aber nur ein erster Schritt hin zu einem Chemiepakt zwischen Industrie, Gewerkschaften und Politik", teilte BASF-Vorstandsmitglied Melanie Maas-Brunner mit.
Im Zusammenhang mit möglichem Diesel-Abgasbetrug fordern zahlreiche Anleger von Mercedes-Benz Schadenersatz in Millionenhöhe - nun beginnt das Musterverfahren. Der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts wird heute zum ersten Mal über die Klage verhandeln. Der erste Verhandlungstag ist demnach als Organisationstermin geplant. Unter anderem soll mit den Parteien die Strukturierung der Verfahrensführung besprochen werden.
Der Finanzinvestor EQT hat mit seinem Übernahmeangebot für den Softwareanbieter Suse den Großteil der noch nicht gehaltenen Aktien angedient bekommen. EQT hatte zuvor rund 79 Prozent der Aktien, nun kamen durch das Übernahmeangebot noch 19,2 Prozent hinzu, wie die Unternehmen am Nachmittag mitteilten. Insgesamt verfügt der schwedische Finanzinvestor damit über 98,2 Prozent der Anteile. Aktionäre erhalten eine Zwischendividende von 3,20 Euro je Papier. Am 4. Oktober soll das Übernahmeangebot abgeschlossen werden. EQT will Suse wegen geschäftlicher Probleme von der Börse nehmen und hatte nach einer Talfahrt des Papiers 16 Euro je Aktie geboten. Anleger haben auch die Möglichkeit, als Minderheitseigner im Unternehmen investiert zu bleiben. Im Mai 2021 hatte EQT beim Börsengang des Linux-Spezialisten 30 Euro je Aktie eingenommen.
Im SDAX war die Aktie von KWS Saat der größte Gewinner. Wegen guter Geschäfte in allen Segmenten übertraf der Saatguthersteller die Erwartungen für das abgelaufene Geschäftsjahr. Das Unternehmen steigerte seinen Umsatz um 18 Prozent auf 1,82 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieben 127 Millionen Euro als Gewinn hängen, wovon KWS Saat seinen Aktionären eine Dividende in Höhe von 90 Cent zahlen will nach 80 Cent im Vorjahr.
Der morgige Börsengang des Pharmakonzerns Schott Pharma stößt bei Investoren offenbar auf großes Interesse. Die begleitenden Banken teilten mit, dass die Aktien für 27 Euro ausgegeben werden, in der oberen Hälfte der Preisspanne, die von 24,50 bis 28,50 Euro reichte. Dabei übersteige die angemeldete Nachfrage das Angebot.
Die weiter hohe Inflation hat Spuren beim Baumarktkonzern Hornbach hinterlassen. Bei einem nahezu unveränderten Umsatz von 1,67 Milliarden Euro sank das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) der Hornbach-Gruppe im zweiten Quartal um 13,3 Prozent auf 111,9 Millionen Euro. Erich Harsch, Chef der Hornbach Baumarkt AG, sprach von einer "gewissen Zurückhaltung der Verbraucher".
Ungewöhnlich hohe Umsätze verzeichnete die im Freiverkehr gehandelte Deutsche Rohstoff AG. Das Unternehmen erhöhte seine Geschäftsprognosen für die Jahre 2023 und 2024. Gründe seien die starke Entwicklung des WTI-Ölpreises und des US-Dollars, eine starke operative Entwicklung und eine beschleunigte Umsetzung des laufenden Bohrprogramms mit erhöhten Anteilen an den Bohrungen nach der erfolgreichen Begebung einer Unternehmensanleihe.
Der Keramikhersteller Villeroy & Boch bekommt Anfang kommenden Jahres mit Gabi Schupp eine Vorstandsvorsitzende. Der Aufsichtsrat hat sie für den Posten bestellt. Schupp wird die Nachfolge von Vorstandschef Frank Göring antreten. Schupp war in den vergangenen fünf Jahren für den Unternehmensbereich "Dining und Lifestyle", der etwa Geschirr, Gläser und Besteck umfasst, verantwortlich.
Die französischen Supermarktketten Carrefour und E.Leclerc wollen Sprit demnächst günstiger verkaufen. Ab Freitag sollen Kraftstoffe an den Tankstellen ihrer Großmärkte täglich zum Selbstkostenpreis angeboten werden, also ohne Profit. Das teilten die Unternehmen gestern auf der Online-Plattform X, früher Twitter, mit. Angesichts hoher Lebenshaltungskosten hatte Frankreichs Regierung zuvor Druck auf die Anbieter gemacht.
US-Präsident Joe Biden hat sich demonstrativ hinter die streikenden Arbeiter in der Autobranche und ihre Forderung von 40 Prozent mehr Lohn gestellt. "Ihnen steht zu, was Sie verdient haben", sagte er am gestern vor einem Verteilerzentrum von General Motors in Belleville im Bundesstaat Michigan. "Und Sie haben verdammt viel mehr verdient, als Sie jetzt bekommen."
Der Gesundheitsschuh-Hersteller Birkenstock will einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge kommende Woche die Zeichnungsfrist für seinen Börsengang in New York starten. Birkenstock wolle am 2. Oktober mit der offiziellen Werbetour für die Emission beginnen, bei der das Traditionsunternehmen aus Linz am Rhein mit rund zehn Milliarden Dollar bewertet werden könnte.