Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Wall Street gibt Gewinne ab Turbulenzen noch nicht ausgestanden

Stand: 07.08.2024 22:12 Uhr

Die Finanzmärkte stehen nach dem jüngsten Kursbeben weiter unter Spannung. Während der DAX noch kräftig zulegte, konnten die New Yorker Börsen ihre anfänglichen Gewinne nicht halten.

Zwischenzeitlich hatte der Dow Jones schon ein Prozent höher notiert und damit seine Kurserholung vom Dienstag fortgesetzt. Doch dann gingen viele Anlegerinnen und Anleger wieder auf Nummer sicher und nahmen ihre Gewinne mit. Am Ende schloss der Leitindex Dow Jones 0,6 Prozent tiefer bei 38.763 Punkten.

Die Technologiewerte hatten sogar um bis zu zwei Prozent zugelegt, bevor sie wieder abrutschten. Der Technologieindex Nasdaq 100 ging 1,16 Prozent tiefer bei 17.867 Punkten aus dem Handel.

Die Sorge, dass viele Tech-Aktien in diesem Jahr zu schnell zu stark gestiegen sind, bleibt dem Markt also erhalten.

Der deutsche Aktienmarkt hatte noch die stärkere Erholungsbewegung der Wall Street von Dienstagabend nachvollzogen. Der DAX ging 1,5 Prozent höher bei 17.615 Punkten aus dem Handel.

Damit sandte der deutsche Leitindex auch ein technisches Entspannungssignal. Er überschritt wieder die viel beachtete 200-Tage-Linie. Dieser Durchschnitt der vergangenen 200 Handelstage lag heute bei 17.483 Punkten. Mit dem Fall unter diesen Durchschnitt hatte der DAX am Montag ein deutliches Stresssignal gesendet.

Bereits am Dienstag war die erste Panik nach den heftigen, von Rezessionssorgen in den USA ausgelösten Turbulenzen aus dem Markt gewichen. Äußerungen von Vertretern der US-Notenbank und neue Konjunkturdaten hatten die Furcht vor einem Abschwung gedämpft.

Eine Rolle bei den Verkäufen am US-Aktienmarkt hatte auch die Auflösung spekulativer, mit geliehenen Yen finanzierter Positionen gespielt. Die überraschende Zinserhöhung der japanischen Notenbank und die darauf folgende starke Aufwertung des Yen hatten die Investoren dieser sogenannten Carry Trades genötigt, diese Positionen wieder aufzulösen. Mittlerweile hat der stellvertretende Notenbankchef Shinichi Uchida die Märkte mit der Zusage beruhigt, die Bank of Japan werde "ihren Leitzins nicht erhöhen, wenn die Finanz- und Kapitalmärkte instabil sind".

"Die Käufer am Aktienmarkt haben wieder etwas Kontrolle zurückgewonnen, aber eine vollständige Trendwende hat noch nicht stattgefunden", erklärte Jochen Stanzl von CMC Markets. Das liegt wohl auch an der Lage im Nahen Osten. Ausbleibende Nachrichten von dort seien zwar gute Nachrichten, sagte Jürgen Molnar, Marktstratege beim Handelshaus Robomarkets. Dennoch bleibe ein Angriff des Iran auf Israel ein Risiko, das viele Investoren weiterhin davon abhalten dürfte, bei den vermeintlich billigeren Kursen bereits wieder deutlich zuzugreifen.

Update Wirtschaft vom 07.08.2024

Antje Erhard, HR, Update Wirtschaft, 07.08.2024 09:00 Uhr

Die deutsche Industrie hat nach der jüngsten Schwächephase wieder etwas Fahrt aufgenommen: Im Juni ist die Gesamtherstellung im Monatsvergleich um 1,4 Prozent gestiegen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Analysten hatten im Schnitt nur einen Anstieg um 1,0 Prozent erwartet. Das reichte allerdings nicht aus, um das Mai-Minus von 3,1 Prozent auszugleichen. "Die deutsche Industrieproduktion hat den Einbruch im Vormonat nur zur Hälfte aufholen können", sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Das spricht Bände."

Die Exporteure mussten dagegen überraschend den bislang stärksten Rückgang ihrer Ausfuhren in diesem Jahr verkraften, weil die Nachfrage aus den USA und aus der Europäischen Union nachgelassen hat. Die deutschen Ausfuhren schrumpften im Juni um 3,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 127,7 Milliarden Euro. Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 1,5 Prozent gerechnet. Es ist bereits das zweite deutliche Minus in Folge: Im Mai war es bereits um 3,1 Prozent nach unten gegangen. Die Importe stiegen diesmal um 0,3 Prozent auf 107,3 Milliarden Euro. Hier war ein Plus von 2,8 Prozent erwartet worden.

In Japan, wo der Leitindex am Montag noch um mehr als zwölf Prozent abgestürzt war, beflügelten die beschwichtigenden Signale von der Notenbank die Kurse. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index stieg um 1,2 Prozent auf 35.089 Punkte nach einem Plus von mehr als zehn Prozent am Dienstag. "Der Ausverkauf bei japanischen Aktien könnte fast beendet sein", erklärten die Analysten von JPMorgan.

Der Euro hat sich nach den Kursverlusten vom Vortag etwas stabilisiert. Die Gemeinschaftswährung notierte am späten Abend bei 1,0920 Dollar. Die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) erklärten den zuletzt schwächeren Euro damit, dass die Erwartungen an Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed zuletzt etwas gedämpft worden seien, nachdem sich die Lage an den Finanzmärkten beruhigt habe.

Klar aufwärts ging es mit den Ölpreisen. Die abnehmenden Rezessionssorgen lassen die Angst vor einer Eskalation in Nahost wieder in den Vordergrund treten. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Oktober kostete am Abend 78,37 Dollar.

Auch die aktuellen Lagerbestandsdaten aus den USA stützten die Notierungen. Dort sind die Ölreserven im Vergleich zur Vorwoche um 3,7 Millionen auf 429,3 Millionen Barrel gesunken.

Der Unterhaltungskonzern Walt Disney meldete einen um vier Prozent auf 23,16 Milliarden Dollar gestiegenen Quartalsumsatz. Unter dem Strich gab es einen Gewinn von 2,6 Milliarden Dollar nach roten Zahlen von 460 Millionen Dollar im Vorjahresquartal. Obwohl die Zahlen über den Erwartungen lagen und das Streaming-Geschäft erstmals schwarze Zahlen liefert, steht die Aktie unter Druck. Am Dienstag hatte das Papier noch von den Plänen profitiert, im Streaming-Geschäft das Teilen von Login-Daten über einen Haushalt hinaus zu unterbinden, so wie es bereits Konkurrent Netflix praktiziert.

Die Commerzbank sieht sich trotz eines Gewinnrückgangs im zweiten Quartal auf Kurs zu einem höheren Ergebnis im laufenden Jahr. In den drei Monaten bis Ende Juni sei der Gewinn um fünf Prozent auf 538 Millionen Euro gefallen, teilte die im DAX notierte Bank mit. Da die Bank im ersten Quartal allerdings deutlich mehr verdient hatte, zog der Gewinn im ersten Halbjahr noch prozentual zweistellig an. Bankchef Manfred Knof rechnet daher im laufenden Jahr weiter mit einem Gewinnanstieg. Die Bank sieht sich finanziell so gut aufgestellt, dass sie einen Aktienrückkauf in Höhe von 600 Millionen Euro ankündigte. Am Markt kam aber insbesondere die höher als erwartete Vorsorge für Kreditrisiken nicht gut an. Die Aktie fiel im Verlauf auf den tiefsten Stand seit März.

Siemens Energy hat im dritten Geschäftsquartal seinen Verlust reduziert. Der Energietechnikkonzern profitierte dabei von guten Geschäften in seinem Netzgeschäft, welches Erlös und Ergebnis deutlich steigern konnte. So stieg der Umsatz in den drei Monaten per Ende Juni auf vergleichbarer Basis um 18,5 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro, wie das DAX-Unternehmen mitteilte. Unter dem Strich verbuchte Siemens Energy einen Verlust von 102 Millionen Euro. Im Vorjahresquartal hatte der Konzern wegen Gamesa noch einen Fehlbetrag von 2,9 Milliarden Euro verzeichnet.

Der Nivea-Konzern Beiersdorf ist dank seiner Stammmarke und wieder anziehenden Geschäften bei Tesa weiter gewachsen. Der Umsatz legte im ersten Halbjahr organisch gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 7,1 Prozent auf knapp 5,2 Milliarden Euro zu, wie der im DAX notierte Konsumgüterriese mitteilte. "Diese positiven Ergebnisse konnten den anhaltenden Gegenwind im herausfordernden Luxusmarkt, insbesondere in China, mehr als ausgleichen", sagte Konzernchef Vincent Warnery. Beiersdorf schwächelt mit seiner Luxusmarke La Prairie wegen der Konsumflaute in China weiter.

Der japanische Elektronik- und Unterhaltungskonzern Sony wird nach besser laufenden Geschäften im Auftaktquartal optimistischer. Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende März 2025 peilt das Unternehmen nun einen Umsatz von 12,61 Billionen japanischen Yen (79,5 Mrd. Euro) und einen operativen Gewinn von 1,31 Billionen Yen an, wie der Konzern mitteilte. Während Analysten beim Erlös weniger auf ihren Zetteln hatten, traf das Unternehmen die Erwartungen mit seinem neuen Gewinnziel.

Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk bekommt die zunehmende Konkurrenz für seine Abnehmmittel zu spüren. Im ersten Halbjahr stieg das operative Ergebnis zwar um 18 Prozent auf 57,8 Milliarden Dänische Kronen (7,75 Milliarden Euro). Das lag aber unter den Erwartungen der Analysten. Der Umsatz sprang vor allem dank des Booms des Diabetesmittels Ozempic und der Abnehmspritze Wegovy um 24 Prozent auf 133,4 Milliarden Kronen, wie der nach Börsenwert wertvollste Konzern Europas mitteilte. "Wir sind mit dem Umsatzwachstum in der ersten Jahreshälfte 2024 zufrieden, und wir können den Ausblick für das Gesamtjahr anheben", sagte Konzernchef Lars Fruergaard Jorgensen.

Der Neukundenzustrom von Fernsehnutzern hat dem Mobilfunk- und TV-Anbieter Freenet im ersten Halbjahr Rückenwind beschert. Der Umsatz stieg zwischen Januar und Juni um 3,3 Prozent und kratzte damit an der Zwei-Milliarden-Euro-Marke, teilte das MDAX-Unternehmen mit. Freenet kommt dabei der Wegfall des sogenannten "Nebenkostenprivilegs" zu Gute: Seit dem 1. Juli dürfen die Vermieter die TV-Kosten nicht mehr pauschal über die Nebenkosten abrechnen, sodass Mieter frei ihren Fernsehanschluss wählen können. Entsprechend nahm Freenet mehr Geld in die Hand, um die Markenbekanntheit seines Produktes "waipu.tv" zu steigern. Das ließ das operative Ergebnis (Ebitda) der ersten sechs Monate um 1,2 Prozent auf 252,2 Millionen Euro schrumpfen. Unter dem Strich legte der Gewinn von 132,8 Millionen Euro auf knapp 160 Millionen Euro zu. Die Jahresprognose behielt der Vorstand bei.

Der weltweit drittgrößte Sportartikelkonzern Puma bremst wegen negativer Währungseffekte etwas bei seiner Gewinnprognose. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) werde in diesem Jahr zwischen 620 und 670 (2023: 622) Millionen Euro liegen, teilte das MDAX-Unternehmen mit. Bisher hatte das obere Ende der Spanne bei 700 Millionen gelegen. Der Umsatz soll wie geplant um etwa fünf Prozent steigen. Dabei hofft Puma-Chef Arne Freundt, dass das zweite Halbjahr - und vor allem das vierte Quartal - besser ausfallen wird als das erste. Freundt sprach von "anhaltendem Gegenwind durch Währungen, angespannte Lieferketten und eine gedämpfte Verbraucherstimmung".

Schwächster MDAX-Wert mit einem zweistelligen Einbruch war die Aktie von Evotec. Der Pharmawirkstoffforscher und -entwickler hatte am Dienstagabend vor einem überraschend starken Gewinneinbruch gewarnt. "Das Ausmaß der Prognosesenkung ist enttäuschend und überraschend", erklärten die Analysten von RX Securities.

Der für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie produzierende Anlagenbauer GEA hat trotz leichter Umsatzeinbußen mehr verdient und sein angehobenes Margen-Ziel bestätigt. In den ersten sechs Monaten schrumpften die Erlöse um 1,4 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro, während das operative Ergebnis vor Restrukturierungsaufwand um 4,7 Prozent auf 200,6 Millionen Euro zulegte, wie der MDAX-Konzern mitteilte. Der Auftragseingang ging um 6,7 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zurück. "Das Marktumfeld bleibt herausfordernd, aber wir blicken trotzdem zuversichtlich auf die zweite Jahreshälfte", betonte GEA-Chef Stefan Klebert.

Der Autovermieter Sixt hat nach einem Verlust zu Jahresbeginn im zweiten Quartal operativ wieder schwarze Zahlen geschrieben. Von dem um 8,9 Prozent auf rund eine Milliarde Euro gesteigerten Umsatz blieb vor Steuern ein Gewinn von 62,9 Millionen Euro, wie das Unternehmen mitteilte. Damit wurde die selbst avisierte Zielspanne von 60 bis 90 Millionen Euro knapp geschafft, wenngleich es einen deutlichen Rückgang gab verglichen mit den im Vorjahreszeitraum erzielten knapp 132 Millionen Euro. Im Vergleich zu den Schätzungen der von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragten Analysten enttäuschte das Ergebnis jedoch. Außerdem senkte der Sixt-Vorstand die Jahresprognose.

Das Mainzer Biotechnologie-Unternehmen BioNTech sieht sich in den USA mit einer Klage wegen angeblich zu niedriger Lizenzgebühren für seinen Corona-Impfstoff Comirnaty konfrontiert. Die Universität von Pennsylvania reichte am Montag eine entsprechende Klage ein, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht. Die Hochschule führt an, BioNTech schulde einen höheren Anteil an den weltweiten Impfstoffverkäufen. Begründet wird dies mit der Nutzung "grundlegender" mRNA-Erfindungen der Professoren und Nobelpreisträger Katalin Kariko und Drew Weissman.

Das jüngste Urteil im "Kartellprozess des Jahrzehnts" gegen Google könnte Apple Experten zufolge milliardenschwere Einnahme-Ausfälle einbrocken. Die Internet-Suche dürfe künftig wohl nicht mehr vertraglich als Standard in Apples Internet-Browser "Safari" festgelegt werden, so die Analysten der Investmentbank Evercore ISI. Google hatte dem iPhone-Anbieter dafür allein im Jahr 2021 26,3 Milliarden Dollar gezahlt. Diese Summe sei mehr als ein Drittel von Apples Einnahmen aus Online-Werbung über "Safari", rechnete die Bank Morgan Stanley vor. Falle dieses Geld weg, würde das den Konzerngewinn um vier bis sechs Prozent schmälern.

Die schwindende Reiselust vor allem der US-Verbraucher macht AirBnB zu schaffen. Der Gewinn ging den Angaben des Zimmervermittlers zufolge im zweiten Quartal um knapp 15 Prozent auf 555 Millionen Dollar zurück, während der Umsatz um elf Prozent auf 2,75 Milliarden Dollar wuchs. Für das angelaufene Vierteljahr stellte das Unternehmen Erlöse von 3,67 und 3,73 Milliarden Dollar in Aussicht. Analysten hatten auf 3,84 Milliarden Dollar gehofft.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 07. August 2024 um 09:00 Uhr.