Wall Street gut aufgelegt Noch ein Erholungstag
Nach den starken Verlusten der vergangenen Woche erholten sich die Kurse auch heute. Von Seiten der Unternehmen gab es ungewöhnlich viele Neuigkeiten.
Die Wall Street ist nach ihrer Feiertagspause mit kräftigen Aufschlägen in die Woche gestartet. Der Leitindex Dow Jones gewann 2,15 Prozent, während die Technologietitel des Nasdaq 100 sogar um 2,5 Prozent zulegten.
Vielen Marktteilnehmern ist der jüngste Ausverkauf offensichtlich zu weit gegangen. Gestützt wurde die Stimmung auch durch die Aussage von US-Präsident Joe Biden, dass eine Rezession in den USA "nicht unvermeidlich" sei. Im Mai sind indessen die Verkäufe bestehender Häuser erneut gesunken. Gegenüber dem Vormonat fiel die Zahl der Verkäufe um 3,4 Prozent, der vierte Rückgang in Folge. Analysten hatten aber ein etwas stärkeres Minus von 3,7 Prozent erwartet.
Inzwischen sei in den Kursen wohl ein milder Konjunkturabschwung enthalten, sagte Thomas Hayes, Manager beim Vermögensverwalter Great Hill. Zum Jahresauftakt sei die US-Wirtschaft geschrumpft und im zweiten Quartal werde dies voraussichtlich auch der Fall sein.
Dem DAX ist heute nach einem starken Start nur ein bescheidenes Plus von 0,2 Prozent geblieben. Immerhin aber konnte der Index erstmals seit drei Wochen wieder drei Tage in Folge zulegen.
Marktexperten bleiben aber skeptisch: "Übergeordnet wurde charttechnisch bereits der Abwärtstrend bestätigt und eingeleitet", meint Salah-Eddine Bouhmidi vom Broker IG. Der seit Januar etablierte Trend verläuft aktuell etwa bei 13.477 Punkten. Der DAX konnte diesen aber mit einem Tageshoch bei 13.444 Punkten nicht erreichen. "Um der galoppierenden Inflation Herr zu werden, bleibt nichts anderes übrig, als die Zinsen schneller als gedacht anzuheben", so Bouhmidi. "Hoffnung bietet aktuell nur der Glaube, dass die EZB einen Mittelweg finden wird."
Mit Blick auf die Konjunktur steckt der Markt derzeit in einer Art Dilemma: Nach Ansicht der Fachleute der Helaba haben sich die Bewertungsniveaus an den Aktienmärkten durch die jüngsten Kursverluste zwar reduziert. Es sei aber nicht klar, welche Art von Datenveröffentlichungen dem Markt Auftrieb verleihen könnte: "Gute Konjunkturzahlen würden die Zinsdiskussion anheizen, schwache Zahlen dagegen die Rezessionssorgen stärken. Beides schränkt das Kurspotenzial ein", lautet ihre Einschätzung.
Vor diesem Hintergrund kann den Investoren die neue Konjunkturprognose des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) nicht gefallen: Erwartet werde nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent. Zum Jahresbeginn, vor dem Krieg, war der BDI noch von einem Wachstum von 3,5 Prozent ausgegangen.
Am Ölmarkt zogen die Notierungen wieder leicht an. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Abend 114,50 Dollar. Die Marktakteure sorgen sich vor einer Verknappung des Angebots.
"Die Versorgungsbedenken werden in den kommenden Monaten wahrscheinlich anhalten, da die OPEC+-Länder, die größten Ölproduzenten der Welt, möglicherweise nicht über genügend freie Kapazitäten verfügen", sagte Leona Liu, Analystin bei DailyFX. Zudem kurbelten die Sommerreisezeit und die Lockerung der Corona-Beschränkungen durch China die Nachfrage an. Die von US-Finanzministerin Janet Yellen ins Gespräch gebrachte Preisobergrenze für Öl hatte kaum Auswirkungen auf den Markt.
Parallel zum Aktienmarkt ging es auch mit den Kryptowährungen wieder aufwärts. Der Bitcoin konnte sich wieder über der Marke von 21.000 Dollar befestigen. Rückenwind erhalte der Markt offenbar vom Kurssprung der kriselnden Kryptobank Celsius, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. "Anleger hoffen verzweifelt, dass sich das Unternehmen wieder berappelt."
Zu den Favoriten an der Wall Street zählte Kellogg mit einem Kursplus von zeitweise über fünf Prozent. Der Cornflakes-Anbieter will sich in drei Unternehmen aufspalten. Abgespalten werden sollen das Nordamerika-Geschäft mit Cornflakes und anderen Frühstücksflocken sowie das Geschäft mit vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten, die zusammen rund 20 Prozent des Konzernumsatzes ausmachen. Der Konzern will sich künftig auf das globale Geschäft mit Snacks wie "Pringles" und "Nutri Grain"-Riegel sowie auf das Frühstücksflocken-Geschäft außerhalb der USA, Kanadas und der Karibik konzentrieren. Durch die neue Strategie erhalte das stagnierende Geschäft mit Frühstücksflocken in den USA die Chance, neu durchzustarten, sagte Analyst Robert Moskow von der Bank Credit Suisse. Außerdem steige die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs der Sparte für vegane Lebensmittel.
Der Elektroauto-Hersteller Tesla werde in den kommenden Monaten drei bis 3,5 Prozent seiner Stellen streichen, sagte Firmenchef Elon Musk. Bei den Angestellten solle dabei etwa jeder zehnte Job wegfallen, die Zahl der Fabrikarbeiter werde dagegen auf lange Sicht wachsen. Zu Jahresbeginn hatte des Unternehmen knapp 100.000 Beschäftigte. Tesla habe zum Teil zu schnell Angestellten-Arbeitsplätze aufgebaut, sagte Musk in einem Videointerview auf der Konferenz Qatar Economic Forum.
Der Verwaltungsrat von Twitter hält derweil an dem Plan fest, den US-Kurznachrichtendienst für rund 44 Milliarden Dollar an Elon Musk zu verkaufen - auch nach den Querschlägen des Tech-Milliardärs. Das Aufsichtsgremium bekräftigte wie bereits im Mai die einstimmige Unterstützung für Musks Gebot von 54,20 Dollar je Aktie. Das Papier notierte danach aber immer noch tief darunter bei 38,40 Dollar. Musk erklärte zwischenzeitlich den Deal für ausgesetzt, weil er an Twitters Angaben zur Zahl von Fake-Accounts zweifele. Aus Sicht des Online-Dienstes kann er die Vereinbarung jedoch nicht einseitig auf Eis legen. Musk verwies nun darauf, dass er noch die Finanzierung für den Deal in trockene Tücher bringen und die Zustimmung der Mehrheit der Twitter-Aktionäre für die Übernahme bekommen müsse. Er hält bereits einen Anteil von gut neun Prozent.
Am Nachmittag geriet die Bayer-Aktie unter Druck. Das oberste US-Gericht, der Supreme Court, hat einen Berufungsantrag des DAX-Konzerns zu einem richtungsweisenden Glyphosat-Fall abgelehnt. Wirklich überraschend kam die Ablehnung nicht, da die US-Regierung bereits den Schritt empfohlen hatte. Wäre es zur Verhandlung gekommen und Bayer hätte gesiegt, so hätten die Leverkusener leichter einen Schlussstrich unter den teuren Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter ziehen können. Diese Hoffnung wurde nun enttäuscht.
Noch härter traf es kurz darauf die Aktien von FMC und seiner Muttergesellschaft Fresenius, die an das DAX-Ende fielen. Die FMC-Aktie notiert nun auf dem niedrigsten Stand seit elf Jahren. Das oberste US-Gericht hat in einem Streitfall um die Höhe der Kostenerstattungen für bestimmte Dialysepatienten gegen den FMC-Wettbewerber DaVita geurteilt. Das war ein herber Dämpfer für Hoffnungen auf höhere Erlöse mit bestimmten Dialysediensten in den USA. Analyst James Vane-Tempest von Jefferies Research reagierte überrascht auf die Nachricht. Anders als gedacht, sei die Entscheidung nicht zugunsten von DaVita ausgefallen. Die FMC-Aktie bewertet er weiter negativ mit "Underperform".
Die Deutsche Post baut ihr Geschäft in der Lieferkettenlogistik mit einer Übernahme in Australien aus. Die Konzernsparte DHL Supply Chain übernimmt das australische Logistikunternehmen Glen Cameron Group. Es entstehe eines der größten Logistikunternehmen des Landes mit einem Gesamtumsatz von über einer Milliarde australischen Dollar. Einem Sprecher zufolge beschäftigt DHL Supply Chain in Australien bisher rund 4000 Mitarbeiter. Durch die Übernahme kämen mehr als 820 hinzu. Verkäufer sei der Unternehmensgründer Glen Cameron selbst. Zum Kaufpreis wollte sich die Post nicht äußern.
Das Bundeskartellamt nimmt den US-Technologieriesen Google wegen möglicher Wettbewerbsbeschränkungen bei Kartendiensten unter die Lupe. Dabei greifen die Wettbewerbshüter auf Befugnisse zurück, die ihnen 2021 erteilt wurden, um den Wettbewerb in der Internet-Wirtschaft zu sichern. "Wir gehen Hinweisen nach, wonach Google die Kombination seiner Kartendienste mit Kartendiensten Dritter einschränkt. Das betrifft etwa die Möglichkeit, Standortdaten von Google Maps, die Suchfunktion oder Google Street View auf Nicht-Google Karten einzubinden", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt.
Der britische Billigflieger Easyjet will die Erneuerung seiner Flugzeugflotte mit einem weiteren Großeinkauf bei Airbus vorantreiben. Vorgesehen sei der Kauf von 56 Mittelstreckenjets aus der Modellfamilie A320neo. Dazu habe sie eine bedingte Vereinbarung mit Airbus getroffen. Dabei übt Easyjet den Angaben zufolge Kaufrechte und Optionen aus einem früheren Vertrag aus. Zudem folgt der Billigflieger dem Trend zu größeren Maschinen: Anstelle von 18 bereits bestellten Flugzeugen in der Standardversion A320neo soll Airbus die gleiche Zahl Jets in der Langversion A321neo liefern.
Der Flugzeugbauer Airbus will derweil das Geschäft mit Großraum-Transportern für das Militär und zivile Anwendungen ausbauen. "Mit dem Ausfall der Antonow-Flotte ist jetzt ein Vakuum in dem Bereich für Großraum-Transportflugzeuge entstanden. Wir wollen uns mit der Beluga in diesem Markt bewähren", sagte der Chef der Airbus-Rüstungssparte, Michael Schöllhorn. Ein "persönliches Highlight" der Messe werde für ihn der Airbus-Transporter Beluga XL sein.
Dem Hamburger Windturbinenhersteller Nordex haben die Produktionsumstellung auf andere Blätter und eine geringere Zahl von Installationen zugesetzt. Im ersten Quartal brach der Umsatz um ein Viertel auf 933 Millionen Euro ein. Wegen eines Hackerangriffs konnte Nordex seine Quartalszahlen nicht pünktlich im Mai vorlegen und musste deswegen auch bis auf Weiteres seinen Platz im Kleinwerte-Index SDAX räumen.