Broker handeln an der New Yorker Börse
Marktbericht

Nervöser Handel Schaukelbörse in New York

Stand: 07.06.2022 22:14 Uhr

Die Unsicherheit über den zukünftigen Zinskurs der Notenbanken sorgte in New York für einen wechselvollen Handelstag. Auch hierzulande warf die anstehende EZB-Sitzung ihre Schatten voraus.

Die US-Börsen haben heute lange Zeit keine klare Richtung gefunden, ehe sie am Ende dann doch noch ins Plus drehten. Der Leitindex Dow Jones gewann am Ende 0,8 Prozent auf 33.180 Zähler. Die Technologiebörse Nasdaq stieg um 0,94 Prozent auf 12.175 Punkte, ebenso wie der Auswahlindex Nasdaq 100, der 0,89 Prozent vorrückte auf 12.711 Zähler. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 4160 Zählern aus dem Handel, ein Tagesgewinn von 0,94 Prozent.

Nach einem schwächeren Start drehte der Markt ins Plus, um danach mehrfach wieder das Vorzeichen zu wechseln. Am Ende setzten sich die Börsenbullen dann durch. Die Anleger blieben nervös und die Stimmung schwankte zwischen Optimismus und Pessimismus.

Denn immer wieder flammen derzeit Sorgen auf, dass die Politik der Notenbanken zur Eindämmung der hohen Inflation über das Ziel hinausschießen und den wirtschaftlichen Aufschwung ausbremsen oder gar wieder zunichte machen könnte, hieß es. Entsprechend volatil tendieren derzeit die Märkte.

Das Thema Zinswende blieb auch heute ganz oben auf der Agenda. Mit deutlichen Erhöhungen im Juni und Juli ist fest zu rechnen, zuletzt hatte Fed-Direktoriumsmitglied Lael Brainard auch für den September keinen Grund gesehen, den Zyklus zu beenden.

An der Entschlossenheit der Fed, das Inflationsniveau von derzeit über acht Prozent zu drücken, dürfte also kein Zweifel bestehen. Ein schwieriges Umfeld für den Aktienmarkt, das auch dazu führt, dass die Renditen am Rentenmarkt stiegen. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren aktuell wieder leicht über drei Prozent und werden damit immer mehr zur Alternative für den Aktienmarkt.

Unter den Einzelwerten in den USA schockte Target erneut die Anleger. Denn zum zweiten Mal binnen weniger Wochen kappt der große US-Einzelhändler seine Margenziele, weil die Inflation die Konsumlaune dämpft.

Da sich das Branchenumfeld in den vergangenen Wochen noch einmal verschlechtert habe, intensiviere Target die Bemühungen, die Lager mit Rabattaktionen zu leeren, kommentierte Analyst Michael Baker vom Research-Haus D.A. Davidson. Das drücke zwar kurzfristig auf die Margen, bilde aber die Basis für eine Erholung des Geschäfts in der zweiten Jahreshälfte.

"Jetzt bekommen wir mehr Hinweise darauf, dass es ein anhaltender Druck ist, nicht nur eine einmalige Sache auf Quartalssicht", sagte Andrea Cicione, Chef-Anlagestratege des Research-Hauses TS Lombard. Target-Titel brachen zur Eröffnung an der NYSE zunächst über sechs Prozent ein und schlossen letztlich bei 155,98 Dollar um 2,44 Prozent leichter. Binnen weniger Wochen ist damit gut 30 Prozent des Börsenwertes verloren gegangen. Im Target-Sog rutschte auch der Index der europäischen Einzelhandelsbranche ab.

Eine im Verlauf freundliche US-Börse hat dem DAX im Handelsverlauf noch geholfen, seine Verluste einzugrenzen. Der deutsche Leitindex schloss bei 14.556 Punkten um 0,66 Prozent leichter, nachdem er im Tagestief über ein Prozent schwächer tendiert hatte und auch unter die Marke von 14.500 Punkten gefallen war. Damit ging zumindest ein Teil der gestrigen Gewinne wieder verloren. Der DAX pendelte zwischen 14.458 und 14.590 Punkten.

Der deutsche Leitindex hatte gestern bei dünnen Umsätzen mit einem Plus von 1,3 Prozent bei 14.653 Zählern geschlossen. Hoffnungen auf ein Ende der Corona-Beschränkungen in China hatten dabei für gute Laune gesorgt.

Stefan Wolff, HR, mit Informationen zur Börse

tagesschau 17:00 Uhr

Die meisten der 40 DAX-Aktien standen im Minus, lediglich der Versorger RWE als Tagessieger und Sartorius Vorzüge legten gegen den Trend etwas stärker zu. Am Ende notierten Zalando und HelloFresh, aber auch Infineon und Porsche SE gaben deutlicher nach.

Gefragt waren nach den jüngsten Verlusten wieder Fresenius Medical Care (FMC). Fresenius-Chef Sturm hat klargestellt, dass ein Verkauf von FMC keinesfalls ausgemachte Sache sei. Zwar habe FMC durch die Coronapandemie besonders gelitten, aber die Aussichten seien ungebrochen positiv. "Es geht nun darum, diese Wachstumschancen bestmöglich zu nutzen – unter unserem Dach oder durch Übergabe in neue Hände, die das womöglich noch besser können als wir."

Wie auch in New York, holte die Marktteilnehmer wieder Altbekanntes ein in Gestalt neuer Zinsängste. Experten zufolge wird die EZB am Donnerstag den Boden für die erste Zinsanhebung seit elf Jahren bereiten. Als wichtige Voraussetzung dafür dürfte das Aus für das milliardenschwere Anleihen-Ankaufprogramm APP besiegelt werden. Dies gilt als Vorstufe der ersten Zinserhöhung.

"Mit einer Erhöhung der Leitzinsen um 50 Basispunkte im Juli könnte die EZB ein deutliches Signal setzen, wir rechnen jedoch nicht mit einem solchen Schritt", sagte Jan Viebig, Chef-Anleger der Bank Oddo BHF. "Allerdings gehen wir davon aus, dass sich die EZB dem Druck der Inflationszahlen nicht entziehen kann." Deswegen werde sich der Anstieg der Leitzinssätze im vierten Quartal fortsetzen, der Einlagenzins bis zum Jahresende auf 0,5 Prozent steigen.

Aktuell beträgt der Satz für Bankeinlagen bei der EZB minus 0,5 Prozent. Diese "Gebühr" müssen Banken zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank hinterlegen. Viele Geldhäuser haben die Zinsbelastung in den vergangenen Jahren an ihre Kunden weitergereicht.

Hinter den Zinssorgen der Anleger stecken gleich mehrere Belastungsfaktoren, die in dieser Kompaktheit bisher noch nie zusammengekommen sind. "Steigende Ölpreise, Rohstoffknappheit und die Lohn-Preisspirale deuten auf eine weiter galoppierende Inflation und eine Reaktion der Notenbanker hin", kommentiert Salah-Eddine Bouhmidi vom Broker IG. Befeuert werden all diese Probleme vom Krieg in der Ukraine, bei dem sich kein schnelles Ende abzeichnet, sowie den die Unsicherheiten über chinesische Corona-Lockdown-Maßnahmen.

Sven Lehmann, Kapitalmarktanalyst bei HQ Trust, rechnet auch weiterhin mit hohen Schwankungen an den Börsen: "Die Volatilität wird kurzfristig hoch bleiben."

Update Wirtschaft vom 07.06.2022

Anne-Catherine Beck, HR, tagesschau24

Fundamentaler Gegenwind kam auch von frischen Daten der deutschen Industrie. Sie hat im April überraschend den dritten Monat in Folge weniger Aufträge an Land gezogen. "Die erhöhte Unsicherheit durch die russische Invasion in der Ukraine führt weiterhin zu einer schwachen Nachfrage, vor allem aus dem Ausland", so das Bundeswirtschaftsministerium.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigt ungeachtet einer Inflation von mehr als 70 Prozent weitere Zinssenkungen der Zentralbank an. "Diese Regierung wird die Zinssätze nicht erhöhen. Im Gegenteil, wir werden sie weiter senken", sagte Erdogan. Die türkische Lira gab als Reaktion zum Euro und zum Dollar deutlich nach und weitete im Verlauf ihre Verluste aus.

Etwas Auftrieb erhielt heute der australische Dollar. Die Notenbank des Landes hatte ihren Leitzins zum zweiten Mal in Folge erhöht und dabei deutlich stärker als von Analysten im Schnitt erwartet. Der Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte ist gerade für die australische Notenbank beachtlich, weil sie zu den Instituten mit einer meist vorsichtigen Linie gehört. Hintergrund des Schritts ist die hohe Inflation.

Der Euro ringt im US-Handel derzeit mit der Marke von 1,07 Dollar und erholt sich damit etwas. Aktuell werden 1,0706 Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0662 (Montag: 1,0726) US-Dollar fest.

Auch am Devisenmarkt ist die Zinssitzung der EZB ein großes Thema, denn der jüngste Dollarschub ist maßgeblich auf das höhere Zinsniveau für den Greenback zurückzuführen. Daten der US-Handelsbilanz vom frühen Nachmittag beeinflussten den Markt kaum. Das chronische Handelsbilanzdefizit der USA ist allerdings im April zurückgegangen, da die Exporte gegenüber dem Vormonat weniger stark fielen als die Importe.

Das Wachstum der Weltwirtschaft wird wegen den Folgen der Corona-Pandemie und den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine in diesem Jahr nach Ansicht der Weltbank deutlich geringer ausfallen als zuletzt angenommen. Die globale Wirtschaftsleistung werde in diesem Jahr um 2,9 Prozent wachsen, wie die Weltbank in ihrer Schätzung mitteilte. Im Januar, vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, hatte die Weltbank noch ein Wachstum von 4,1 Prozent erwartet.

Nach der Corona-Rezession im Jahr 2020 war die globale Wirtschaft im Folgejahr laut Weltbank um rasante 5,7 Prozent gewachsen. Weltbankpräsident David Malpass erklärte nun: "Der Krieg in der Ukraine, Lockdowns in China, Störungen der Lieferketten und das Risiko einer Stagflation ziehen das Wachstum nach unten. Für viele Länder wird es schwierig werden, eine Rezession zu vermeiden."

Angesichts der hohen Teuerungsrate nimmt der Weltbank zufolge die Gefahr einer Stagflation zu, also einer Phase von hoher Inflation und stagnierendem Wirtschaftswachstum. Dies würde auch ärmere Länder und solche mittleren Einkommens schaden, warnte die Weltbank.

Trotz der jüngsten Erhöhung der Fördermenge durch das Opec+-Kartell auf 648.000 von 430.000 Barrel pro Tag bleibt der Ölpreise auf hohem Niveau. Ein Fass der Sorte Brent kostete heute weiter rund 120 Dollar. Experten werten die Fördererhöhung als zu gering, vor allem wenn China wieder verstärkt nachfragen sollte nach dem Corona-Lockdown.

Denn in den großen Metropolen Peking und Schanghai werden die sehr strengen Corona-Gegenmaßnahmen wegen rückläufiger Infektionen Zug um Zug gelockert. Dies sorgt nicht nur für Entspannung im Welthandel, der stark vom Export Chinas abhängig ist. Auch der Energieverbrauch der Volksrepublik dürfte steigen, was den Erdölpreisen zugute kommt.

Nach den deutlichen Kursverlusten der vergangenen Monate fliegt der Sportartikelhersteller Adidas aus dem Stoxx Europe 50. Seinen Platz nimmt zum 20. Juni der Rohstoff- und Bergbaukonzern Glencore ein, wie der Indexanbieter mitteilte. Getrieben von boomenden Rohstoffpreisen haben die Glencore-Aktien im laufenden Jahr schon um fast 45 Prozent zugelegt. Für Adidas ging es hingegen bislang um mehr als ein Viertel nach unten.

SGL Carbon ist zuversichtlicher für das Gesamtjahr und hebt seinen Ausblick für Umsatz und Ergebnis an. Das Geschäft entwickle sich gut und die gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik könnten an die Kunden weitergereicht werden, so die Begründung. Es werde nun 2022 ein Umsatz von etwa 1,1 Milliarden Euro angepeilt und damit über Vorjahresniveau (2021: knapp 1,01 Mrd Euro). Beim Betriebsergebnis (Ebitda) strebt SGL einen Wert zwischen 130 und 150 Millionen Euro an statt bisher 110 bis 130 Millionen Euro. Die Aktie, die demnächst den Kleinwerteindex SDAX verlassen muss, steigt um fast zehn Prozent.

Der Stahlkonzern Salzgitter will zusammen mit dem Bergbau-Konzern Rio Tinto seine Pläne für eine klimafreundlichere Stahlerzeugung vorantreiben. Dabei gehe es um CO2-arme Lieferketten und Produktionsverfahren, teilten die Unternehmen mit. Dazu habe man eine Grundsatzvereinbarung geschlossen. Im Mittelpunkt stehe die zukünftige Lieferung hochwertiger Eisenerzprodukte. Salzgitter und Rio Tinto wollten zudem die CO2-Emissionen in der gesamten Lieferkette unter die Lupe nehmen. Salzgitter will mit seinem Programm Salcos schrittweise bis 2033 eine nahezu CO-freie Stahlproduktion realisiert haben.

Der Verwaltungsratsvorsitzende des angeschlagenen Immobilien-Investors Adler Group, Stefan Kirsten, erwartet noch in diesem Jahr aus Immobilientransaktionen Liquiditätszuflüsse von gut einer Milliarde Euro für die angeschlagene Gruppe. "Das sind Projekte, bei denen wir Cash im laufenden Jahr erwarten", sagte Kirsten im Interview mit dem "Handelsblatt".

Der Manager sieht derzeit kein realistisches Szenario, das den SDAX-Konzern "an die Wand drückt". Der 61-Jährige betonte jedoch auch: "Ohne einen Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss 2022 können wir nicht von Stabilität sprechen." Zuletzt hatten die Wirtschaftsprüfer von KPMG das Testat für den Jahresabschluss 2021 verweigert. Für das Sorgenkind des Konzerns, den Projektentwickler Consus, stellte Kirsten einen Debt-Equity-Swap oder einen Forderungsverzicht in Aussicht.

Der Facebook-Eigner Meta Platforms besetzt mit Guy Rosen erstmals in seiner Firmengeschichte die Position des Informationssicherheitschefs. Er werde die gesamte Bandbreite der Sicherheitsrisiken für die Nutzer, das Unternehmen und die Industrie überwachen, twitterte Rosen. Rosen arbeitet bereits seit 2013 für das weltgrößte Internetnetzwerk mit fast drei Milliarden monatlichen Nutzern. Firmengründer Mark Zuckerberg bezeichnete die Ernennung in einem von Reuters eingesehenen internen Schreiben als weiteren Schritt, um den Sicherheitsaspekt zu betonen.

Der US-Technologiekonzern Apple will ab Herbst US-Kunden den Kauf mit Ratenzahlung anbieten. Nutzer des Zahlungsdienstes Apple Pay sollen einen Kauf in vier Raten über sechs Wochen hinweg "ohne Zinsen oder Gebühren jeglicher Art" bezahlen können, erklärte das Unternehmen. Apple will dafür mit dem Zahlungsdienstleister Mastercard zusammenarbeiten. Auf dem Markt für Ratenzahlungen tummeln sich bereits zahlreiche Anbieter wie Affirm, Afterpay, Klarna und PayPal. Während der Pandemie sind ihre Umsätze sprunghaft gestiegen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 07. Juni 2022 um 09:05 Uhr.