Lieferengpässe und Unsicherheit Weniger Aufträge für die Industrie
Die Auftragsbücher in deutschen Industrieunternehmen sind noch gut gefüllt, neue Bestellungen kommen aber immer spärlicher herein. Die Auftragseingänge sinken zum dritten Mal hintereinander.
Die Industrieaufträge in Deutschland sind überraschend auch im April weiter rückläufig gewesen - im dritten Monat in Folge. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sammelten die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes 2,7 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat. Der Rückgang in den Vormonaten setzt sich somit fort. Im März hatte das Minus bei 4,2 Prozent gelegen, im Februar bei 1,3 Prozent.
Zu Jahresbeginn hatte das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland noch über prall gefüllte Auftragsbücher berichtet. Die Unternehmen sammelten im November und Dezember deutlich mehr Bestellungen. Im gesamten Jahr 2021 lagen die Bestellungen um 9,3 Prozent höher als im Vor-Corona-Jahr 2019 und legten auch gegenüber dem Krisenjahr 2020 um 17,8 Prozent zu.
Schwache Nachfrage vor allem aus dem Ausland
Das laufende Jahr steht nun vor allem unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs: "Die erhöhte Unsicherheit durch die russische Invasion in der Ukraine führt weiterhin zu einer schwachen Nachfrage, vor allem aus dem Ausland", kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die aktuellen Industriedaten.
Die Aufträge aus dem Ausland an die deutsche Industrie gingen überdurchschnittlich um 4,0 Prozent zurück. Das Neugeschäft außerhalb der Euro-Zone verbuchte ein Minus von 3,0 Prozent ab, das aus der Währungsunion sogar um 5,6 Prozent. Die Inlandsaufträge sanken ebenfalls, allerdings nur um 0,9 Prozent. Besonders Investitionsgüter wie Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen waren weniger gefragt, weil sich Unternehmenskunden mit größeren Ausgaben derzeit zurückhalten: Hier brach die Nachfrage um insgesamt 4,3 Prozent ein.
Auftragsbestand weiter hoch
Die Industrie befindet sich derzeit in einer ungewöhnlichen Situation. Einerseits bleiben neue Aufträge aus. Zum anderen können die noch gut gefüllten Auftragsbücher aber schwerer abgearbeitet werden. So lag der Auftragsbestand etwa im März noch 0,6 Prozent über dem des Februar, so das Statistische Bundesamt - trotz geringerer Neuaufträge.
Der Industrie mangelt es derzeit vor allem an Vorprodukten wie Computerchips. Die Probleme bei den globalen Lieferketten infolge der Corona-Pandemie, aber nun auch wegen des Ukraine-Konflikt wirken sich dabei aus. Nach Angaben des Münchener ifo-Instituts klagen aktuell 77,2 Prozent der Firmen über Engpässe oder Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen, im Vormonat waren es 75 Prozent. "Die Lieferketten stehen unter Dauerstress", sagte der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Die Schließung von Häfen in China hat für viele Unternehmen die Situation weiter verschlechtert."