Nach Arbeitsmarktdaten Der Ball liegt im Feld der Fed
Der stark ausgefallene Arbeitsmarktbericht hat an der Wall Street Zinsängste geschürt. Die Märkte rechnen nun mit deutlichen Zinsschritten der Notenbank Federal Reserve. Auch der DAX gab nach.
Die Aussicht auf weitere XXL-Zinsschritte der Notenbank Federal Reserve (Fed) setzte zum Wochenschluss vor allem der zinssensitiven Technologiebörse Nasdaq zu. Der US-Standardwerteindex Dow Jones hielt sich jedoch besser. Er schloss nach anfänglichen Verlusten bei 32.803 Zählern sogar um 0,23 Prozent leicht höher. Das Tagestief hatte bei 32.489 Punkten deutlich darunter gelegen.
Der Composite-Index der Nasdaq verlor hingegen 0,5 Prozent der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,78 Prozent. Der breit gefasste S&P 500 ging bei 4145 Punkten aus dem Handel, ein leichter Tagesverlust von 0,16 Prozent. Die Daten strahlten auch auf die europäischen Märkte, wo der deutsche Leitindex DAX gut 0,6 Prozent nachgab.
Die Märkte reagierten damit skeptisch auf den deutlich besser als erwartet ausgefallen US-Jobbericht, traditionell einer der wichtigsten Konjunkturdaten, der insbesondere bei der Fed als wichtige Entscheidungsgrundlage für die Zinspolitik gilt.
Denn die Notenbank ist entschlossen, die hohe Inflation zu bekämpfen, darf dabei aber gleichzeitig die Konjunktur nicht abwürgen - ein schwieriger Spagat. Nach den Daten wurde heute klar, dass sich die Notenbank nun ganz auf die Bekämpfung der Inflation konzentrieren kann. In diesem Umfeld müssen die Märkte zukünftig ihren Kurs finden.
Konkret hat die US-Wirtschaft im Juli deutlich mehr Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Außerhalb der Landwirtschaft seien 528.000 Stellen hinzugekommen, teilte das Arbeitsministerium am Nachmittag in Washington mit. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit 250.000 neuen Stellen gerechnet. Von Konjunkturkrise also zumindest unmittelbar keine Spur, obwohl die USA zuletzt in eine technische Rezession gerutscht waren.
In der Corona-Krise war der Arbeitsmarkt zeitweise dramatisch eingebrochen. Mittlerweile hat er sich deutlich erholt und die Unternehmen klagen über Arbeitskräftemangel. Auch die Löhne zogen deutlich an, was als Inflationsindikator gilt. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote sank von 3,6 auf 3,5 Prozent, was als Vollbeschäftigung gilt.
"Das sind Hammer-Zahlen", sagte Dean Smith, Chef-Anlagestratege des Fondsanbieters FolioBeyond. "Die Leute wollten unbedingt Entwarnung bei der Inflation geben, aber so weit sind wir noch nicht." Die Teuerung nehme sogar noch zu. Er rechne daher fest für September mit einer dritten Zinserhöhung der Fed um 0,75 Prozentpunkte in Folge.
Mit nachgebenden Kursen hat der deutsche Aktienmarkt heute auf den konjunkturellen Höhepunkt der Woche reagiert. Der Bericht zur Lage am US-Arbeitsmarkt im Juli war auch hierzulande das große Thema des Tages und drückte am Nachmittag auf die Stimmung. Denn die Furcht vor drastischen Zinserhöhungen der US-Notenbank und deren wirtschaftlichen Folgen stieg mit den neuen Zahlen.
Der DAX schloss am Ende bei 13.573 Punkten, ein Tagesverlust von 0,65 Prozent, zudem nahe am Tagestief bei 13.562 Punkten. Das Tageshoch lag bei 13.693 Zählern. Im Wochenvergleich stieg der Index damit leicht um 0,6 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Werte verlor stärker 1,38 Prozent auf 27.772 Zähler.
"Unkaputtbar, das war der erste Gedanke, als die Zahl von 528.000 neu geschaffenen Stellen über den Ticker lief. Da auch die Löhne kräftig zulegten, dürfte eine abermalige Leitzinsanhebung um 75 Basispunkte auf der Sitzung im September in Stein gemeißelt zu sein", kommentierte Analyst Dirk Chlench von der LBBW.
Auch andere Experten zeigten sich überrascht und erwarten nun weitere Zinserhöhungen durch die Fed, um die hohe Inflation von zuletzt etwas über 9,0 Prozent zu bekämpfen.
"Fed-Chef Powell hat auf der Pressekonferenz nach der Juli-Sitzung explizit auf die beiden bis zur September-Sitzung anstehenden Arbeitsmarktberichte verwiesen. Diese würden mit darüber entscheiden, ob die Fed weiter kräftig bremsen muss. Der erste dieser beiden Datenpunkte ist jetzt veröffentlicht - und zeigt, dass der Arbeitsmarkt weiter auf vollen Touren läuft.
Die von der Fed erhoffte Abkühlung, um den Inflationsdruck zu senken, ist ausgeblieben. Damit dürften Forderungen nach einem weiteren Zinsschritt von 75 Basispunkten im Entscheidungsgremium der Fed Rückenwind erhalten", hieß es von den Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz.
Die Kurse deutscher Bundesanleihen waren schon vor der Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts gefallen. Bis zuletzt sank der richtungweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future um 1,52 Prozent auf 155,79 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg auf 0,96 Prozent. Investoren warfen auch US-Staatsanleihen aus den Depots und trieben die Rendite der zehnjährigen Bonds auf 2,845 Prozent.
Nach den US-Daten rutschte der Euro stärker über einen halben Cent ins Minus und wieder unter die Marke von 1,02 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0233 (Donnerstag: 1,0181) Dollar fest. Im US-Handel werden 1,0181 Dollar bezahlt. Mit den nunmehr zu erwartenden weiteren Zinssteigerungen bleibt der Greenback attraktiv und damit weiter auf hohem Niveau. Der Goldpreis leidet ebenfalls unter dem wieder etwas stärkeren Dollar. Der Preis für eine Feinunze des gelben Edelmetalls fällt um 1,0 Prozent auf 1775 Dollar.
Am Ölmarkt sackte der Preis zunächst ab, hat sich danach aber wieder erholt und ist deutlich ins Plus gedreht. Der hohe Dollar belastet aber tendenziell die Notierungen, da Öl für Dollar-Ausländer teurer wird. Zudem lasteten zuletzt auch Konjunkturängste auf dem schwarzen Gold, besonders aus China. Diese schwächten sich heute nach den US-Jobdaten ab, was den Preis trieb. Zuletzt gab es etwas Entlastung für die Aktienmärkte, denn die Ölpreise waren gestern auf den tiefsten Stand seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs gefallen waren - was die Inflationsdynamik abschwächt.
"Fallende Energiepreise reduzieren Kosten und können sich dann positiv auf Unternehmensgewinne auswirken - solange fehlende Umsätze im Rahmen einer rezessiven Entwicklung diesen Effekt nicht überkompensieren", erklärt Robert Rethfeld, Marktexperte von Wellenreiter-Invest.
Trotz einer Steigerung des operativen Ergebnisses im zweiten Quartal ging es für die Aktien der Allianz-Aktie bergab. Für Verstimmung sorgte laut Händlern unter anderem die Asset-Management-Sparte. Das für Dritte verwaltete Vermögen schrumpfte um fast 200 Milliarden auf 1,77 Billionen Euro. Im Verlauf erholte sich die Aktie aber wieder etwas.
Denn auf den zweiten Blick zeigte sich, dass insbesondere die Sachversicherung im Quartal sehr gut abgeschnitten hat. Trotzdem blieb der Vorstand beim Ausblick auf die zweite Jahreshälfte vorsichtig, strebt aber weiter das ober Ende der Erwartungen beim operativen Ergebnis von 14,4 Milliarden Euro an.
Dagegen rangierte die Deutsche-Post-Aktie mit einem Aufschlag von über vier Prozent an der DAX-Spitze. Die Bonner fahren dank florierender Geschäfte ihrer Fracht- und Express-Sparten weiter auf Wachstumskurs. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um 23,4 Prozent auf 24 Milliarden Euro, unter dem Strich blieb ein Gewinn von rund 1,5 Milliarden Euro.
Bayer-Aktien weiteten nach den schwach aufgenommenen Quartalszahlen vom Vortag die Verluste aus, sie büßen sieben Prozent ein und waren damit Schlusslicht im DAX. Insbesondere anhaltend hohe Kosten für Rechtsrisiken in den USA kommen bei den Anlegern weiterhin nicht gut an.
Die Billigung der Gas-Umlage durch das Kabinett half Uniper laut Händlern auf die Sprünge. Die Aktien von Deutschlands größtem Gas-Importeur, die seit Jahresbeginn gut 80 Prozent an Wert verloren haben, steigen im MDAX um bis zu 6,2 Prozent auf 7,26 Euro, konnten das Niveau aber am Ende nicht halten. Mit der Umlage will die Bundesregierung die Ersatz-Beschaffungskosten für ausgefallene russische Gas-Lieferungen auf alle Industrie- und Haushaltskunden umlegen.
Stromkunden der EnBW müssen ab Oktober im Schnitt fast ein Drittel mehr für Haushaltsstrom bezahlen. Wegen gestiegener Beschaffungskosten unter anderem infolge des Ukraine-Kriegs und der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland würden die Preise im Grundversorgungstarif im Durchschnitt um 31,1 Prozent angehoben, kündigte das Unternehmen an.
Der Rüstungskonzern und Autozulieferer Rheinmetall hat im ersten Halbjahr ein Rekordergebnis eingefahren. Bei einem Umsatzplus um 3,5 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro legte das operative Ergebnis um acht Prozent auf 206 Millionen Euro zu. Netto schnellte das Ergebnis von 31 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf 134 Millionen Euro empor.
Die Geschäfte mit der Autoindustrie liefen zuletzt noch gut, doch hier trüben sich die Aussichten mittlerweile ein. Daher hatte Unternehmenschef Armin Papperger Ende Juli auch bei der Umsatzprognose Abstriche gemacht. Zudem rechnet der Vorstand laut einer Präsentation vom Freitag mit einer Verschiebung von Rüstungsaufträgen in das kommende Jahr. Das kam bei den Anlegern an der Börse nicht gut an, die Rheinmetall-Aktie verlor rund 12 Prozent und war damit Schlusslicht im MDAX.
Der europäische Fernsehkonzern RTL hat wegen der Werbeflaute in Folge der Wirtschaftsabkühlung und des Ukraine-Kriegs seinen Ausblick gekappt. Der MDAX-Konzern rechnet nun mit einem bereinigten Betriebsergebnis (Ebita) von 1,05 bis 1,15 Milliarden Euro. Bisher hatte RTL ein Ergebnis von 1,15 Milliarden Euro prognostiziert. Beim Umsatz peilt das Unternehmen nun eine Spanne zwischen 7,3 bis 7,5 Milliarden Euro (zuvor: 7,4 Milliarden Euro) an.
Der Medizintechnikkonzern Carl Zeiss Meditec hat in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2021/22 bei elf Prozent höheren Umsätzen leichte Gewinneinbußen verzeichnet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag mit 275,9 Millionen Euro unter dem Vorjahresniveau von 282,8 Millionen Euro. Der Vergleichszeitraum sei "noch stark von den während der Covid-19-Pandemie niedrigeren operativen Kosten" geprägt gewesen, erklärte das Unternehmen.
Der Metallproduzent Aurubis hat angesichts einer starken Kupfernachfrage die gestiegenen Energiekosten wettgemacht und seine Ertragsprognose bekräftigt. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) sprang im dritten Geschäftsquartal von April bis Juni um rund ein Viertel auf 103 Millionen Euro. In den ersten neun Monaten schwoll das Ergebnis sogar um zwei Drittel auf 448 Millionen an. Aktuell würden alle Standorte ausreichend mit Energie versorgt und könnten ohne jede Einschränkung produzieren.
Passagiere der Lufthansa müssen keine weiteren Streiks des Bodenpersonals mehr fürchten. Das Unternehmen und die Gewerkschaft Verdi haben sich gestern Abend auf einen Tarifvertrag mit einer Laufzeit von 18 Monaten geeinigt. Die Vereinbarung sieht für die rund 20.000 Beschäftigten Gehaltssteigerungen von mindestens 325 Euro plus einer weiteren Erhöhung um 2,5 Prozent vor. Das Lufthansa-Papier knüpfte an die Rally vom Vortag an und war erneut bester MDAX-Wert.
Der Autozulieferer Hella hat zwei neue Mitglieder für den Gesellschafterausschuss und den Aufsichtsrat vorgeschlagen. Das frühere Mitglied des Volkswagen-Vorstandes für den Geschäftsbereich Nutzfahrzeuge, Andreas Renschler, solle den Vorsitz des Hella-Aufsichtsrats übernehmen, teilte das im SDAX notierte Unternehmen überraschend am Nachmittag in Lippstadt mit.
Die Managerin Judith Buss, die unter anderem als Finanzchefin bei verschiedenen Unternehmen von Eon tätig war, wurde für den Vorsitz des Prüfungsausschusses nominiert. Beide folgen damit auf Klaus Kühn, der aus persönlichen Gründen mit Ablauf der ordentlichen Hauptversammlung niederlegen möchte. Diese ist für den 30. September geplant.
Amazon will seine Rolle im vernetzten Zuhause mit dem Kauf der für ihre Roboter-Staubsauger bekannten Firma iRobot ausbauen. Mit einem Kaufpreis von 61 Dollar je Aktie wird iRobot inklusive ausstehender Schulden insgesamt mit rund 1,7 Milliarden Dollar (1,67 Mrd Euro) bewertet. iRobot-Aktien stiegen an der Nasdaq um 19 Prozent. Amazon will die Summe bar zahlen, wie die Unternehmen am Freitag bekanntgaben. Der Mitgründer und bisherige iRobot-Chef Colin Angle soll an Bord bleiben. Aktionäre und Aufsichtsbehörden müssen dem Deal aber noch zustimmen.
Der weltgrößte Elektroautobauer Tesla plant den Bau weiterer Fabriken. Er werde möglicherweise noch in diesem Jahr einen neuen Standort ankündigen, sagte Konzernchef Elon Musk auf der Aktionärsversammlung des US-Unternehmens. Perspektivisch gehe er von weltweit zehn bis zwölf sogenannten Gigafactories aus. Bis Ende 2022 will der Autobauer auf eine jährliche Produktionsrate von zwei Millionen Fahrzeugen kommen. Damit rückt Tesla in Schlagdistanz zum Absatz von Premiumherstellern wie BMW und Mercedes-Benz heran.
Gleichzeitig beschloss die Hauptversammlung einen Aktiensplit im Verhältnis 3:1. Ein genaues Datum für die Umstellung gibt es aber noch nicht.
Der Lebensmittel-Produzent Beyond Meat leidet unter dem Ende des Booms für Fleischersatzprodukte in den USA. Der Hersteller vegetarischer Burger kündigte nach US-Börsenschluss den Abbau von vier Prozent aller Stellen weltweit an. Für das Gesamtjahr erwartet der US-Konzern zudem nun einen Umsatz zwischen 470 und 520 Millionen Dollar statt 560 bis 620 Millionen. Der Nettoverlust im zweiten Quartal vergrößerte sich auf 97,1 Millionen Dollar nach 19,7 Millionen im Vorjahreszeitraum.
Der US-Biotechkonzern Amgen hat dank starker Medikamentenverkäufe im zweiten Quartal mehr verdient und umgesetzt als Experten erwartet hatten. Der Umsatz stieg um ein Prozent auf 6,6 Milliarden US-Dollar, wie Amgen gestern nach US-Börsenschluss mitteilte. Unter dem Strich sprang der Gewinn von 464 Millionen Dollar im entsprechenden Vorjahreszeitraum auf 1,3 Milliarden Dollar.
Das durch eine Fusion neu entstandene Medienunternehmen Warner Bros. Discovery hat im zweiten Quartal einen Nettoverlust von 3,4 Milliarden Dollar verbucht. Grund sei die Neuordnung sich überschneidender Geschäftsbereiche, teilte der Konzern mit. Der Verlust setze sich zusammen aus etwa zwei Milliarden Dollar an Abschreibungen, etwa eine Milliarde US-Dollar an Restrukturierungs- und anderen Kosten sowie 983 Millionen Dollar an Transaktions- und Integrationskosten.