Gewinne auf breiter Front Wall Street im Vorwärtsgang
In New York ist die Woche versöhnlich zu Ende gegangen. Getragen wurde die gute Stimmung von der Hoffnung auf eine etwas weniger aggressive Notenbank. Auch die DAX-Anleger zogen mit.
US-Aktienanleger haben zum Wochenschluss ihre Inflationssorgen beiseite geschoben und den großen Aktienindizes Auftrieb verschafft. Sie bauten dabei ihre Anfangsgewinne aus und legten am Ende alle deutlich zu. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss mit einem Tagesgewinn von 2,68 Prozent bei 31.500 Punkten. Der Index eroberte dabei die Marke von 31.000 Punkten wieder zurück. Erstmals seit Ende Mai gab es wieder ein Wochenplus, mit 5,4 Prozent fiel dieses gleich deutlich aus.
An der Technologiebörse Nasdaq ging es noch deutlicher um 3,34 Prozent bergauf auf 11.607 Punkte. Der Auswahlindex Nasdaq 100 legte 3,49, der marktbreite S&P-500-Index 3,06 Prozent zu.
Insgesamt ging mit dem heutigen Tag damit das schnelle Wechselbad zwischen kräftigen Kursgewinnen und Verlusten weiter, das zuletzt das Marktumfeld bestimmte. Gleiches gilt auch für die europäischen Märkte.
Konkret setzten die Anleger heute nach zuletzt etwas verlangsamten Konjunkturindikatoren auf weniger aggressive Zinserhöhungen der US-Notenbank. "Das kombiniert mit niedrigeren Rohstoffpreisen und Anleiherenditen sind die Gründe, die Investoren nennen, warum wir einen kurzfristigen Börsenaufschwung erleben könnten", sagte Sam Stovall, Investmentstratege bei CFRA Research in New York.
Ungeachtet dessen stellt der entschlossene Straffungskurs der Federal Reserve ein erhebliches Konjunkturrisiko dar. Historisch ist es der Fed nur in wenigen Perioden mit steigenden Zinsen gelungen, der Wirtschaft eine Rezession zu ersparen. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer hatte die empirisch abgeleitete Wahrscheinlichkeit hierfür unlängst mit etwa einem Viertel angegeben.
Die etwas höhere Risikoneigung der Investoren zeigte sich auch an den mäßigen Verlusten am Rentenmarkt, wo die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe auf bis zu 3,12 Prozent zulegte. Dennoch liegt sie damit deutlich unter ihrem in der vergangenen Woche markierten Elfjahreshoch von 3,49 Prozent.
Unter den Einzelwerten stand der US-Logistikkonzern FedEx im Fokus und sorgte für gute Laune. Der Post-Konkurrent hat im jüngsten Geschäftsquartal deutlich mehr Umsatz gemacht. Die Erlöse legten gegenüber dem Vorjahreswert um acht Prozent auf 24,4 Milliarden Dollar zu, wie gestern nach US-Börsenschluss bekannt wurde. Der Betriebsgewinn stieg nicht zuletzt dank höherer Paketpreise um rund sieben Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar.
Auch der positive Geschäftsausblick kam bei den Anlegern gut an. Die Aktie stieg deutlich um 7,16 Prozent. Sie erreichte damit den höchsten Stand seit Februar.
Der DAX hat zum Wochenschluss zugelegt und jüngste Verluste damit wieder etwas aufgeholt. Zudem behauptete der deutsche Leitindex die wichtige Chartmarke von 13.000 Punkten, die sowohl heute im Verlauf als auch gestern auf Basis der Schlusskurse unterschritten worden war. Am Ende schloss der Index bei erneut volatilem Handel um 1,59 Prozent höher bei 13.118 Punkten. Im Wochenvergleich hat sich der DAX damit trotz der hohen Schwankungen an einzelnen Handelstagen kaum bewegt.
Nach einem so versöhnlichen Abschluss des Tages hatte es zunächst nicht ausgesehen, denn nach anfänglichen Gewinnen war der deutsche Leitindex im frühen Handel ins Minus gerutscht und hatte bei 12.905 Zählern ein frisches Drei-Monats-Tief markiert, was charttechnisch als Verkaufssignal gilt.
Etwas Unterstützung erhalte der Aktienmarkt von fallenden Anleihe-Renditen, erklärte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Damit gehen die Finanzierungskosten der Unternehmen zurück. Zudem sind Anleihen im Vergleich zu Aktien ein Stück unattraktiver." Die Rendite der zehnjährigen Bundestitel steht bei 1,43 Prozent, nachdem sie zu Wochenbeginn noch bei über 1,7 Prozent gelegen hatte.
Übergeordnet lasten allerdings weiter Rezessionsängste auf den Märkten. Auch die drohende Gasknappheit bleibt ein Thema, nachdem Wirtschaftsminister Habeck gestern die sogenannte Gas-Alarmstufe ausgerufen hatte. Bei einem Ausfall der Gasversorgung in Deutschland könnten der deutschen Wirtschaft unruhige Zeiten bevorstehen, hieß es bei der DZ Bank.
Die Liste der Belastungsfaktoren für die Aktienmärkte sei immer noch lang, warnten auch andere Strategen. "Krieg, Inflation, steigende Zinsen, gestörte Lieferketten und eine nicht enden wollende Pandemie", zählten die Marktexperten von Marcard, Stein & Co auf. Dennoch könnten gerade in Zeiten steigender Preise Aktien ein geeignetes Investment sein. "Wenn eine Rezession im kommenden Jahr ausbleibt oder moderat verläuft, dürften die negativen Auswirkungen auf defensive Sektoren überschaubar sein."
Die Veröffentlichung des ifo-Index sorgte am Vormittag für eine negative Überraschung. Nach zwei Anstiegen in Folge fiel der wichtige deutsche Konjunkturfrühindikator unerwartet deutlich auf 92,3 Zähler von 93,0 Punkten im Vormonat, wie das Münchner ifo-Institut zu seiner Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte.
Dabei dürfte sich die am 13. Juni verkündete Beschränkung der russischen Gaslieferungen nur in einem Teil der Antworten niedergeschlagen haben, wie Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, herausstreicht. "Ein Großteil der vom ifo befragten Unternehmen antwortet nämlich normalerweise bereits zu Beginn des Monats." Die konjunkturelle Situation sei labil.
Spekulationen auf ein verknapptes Angebot trieben die Ölpreise um zwischenzeitlich um fast drei Prozent nach oben. Die Nordsee-Sorte Brent kostete zuletzt 112,44 Dollar je Fass ein Plus von 1,75 Prozent, US-Leichtöl WTI steht bei 106,95 Dollar gut zwei Prozent höher.
Zwar dominierten an den Rohstoffmärkten weiterhin Rezessionssorgen, sagte Stephen Brennock vom Ölmakler PVM. "Trotzdem bleibt der Konsens bestehen, dass der Ölmarkt in den Sommermonaten eine hohe Nachfrage und ein knappes Angebot erleben wird." Die Spekulationen auf Lieferengpässe nährte auch der aufgrund politischer Unruhen fast vollständig versiegte Ölfluss aus Libyen.
Der Euro präsentiert sich zum Wochenschluss gegen den Dollar höher und stieg zuletzt im US-Handel auf 1,0554 Dollar. Damit notiert die europäische Gemeinschaftswährung wieder klar über der Marke von 1,05 Dollar, unter die sie gestern noch im Handelsverlauf gerutscht war. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0524 (Donnerstag: 1,0493) Dollar fest.
Zuletzt hatte der Euro unter der drohenden Gaskrise gelitten. Ökonomen warnen vor erheblichen Folgen für die deutsche Wirtschaft, sollten die russischen Gaslieferungen komplett ausfallen. "Tatsächlich ist die konjunkturelle Situation labil", erklärte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. So könnte es zu einer folgenschweren Rationierung von Gas in der Industrie kommen.
Dramatisch sind heute im DAX die Kursschwankungen der Aktie des Online-Modehändlers Zalando. Dieser befürchtet wegen der zuletzt stark eingetrübten Konjunkturaussichten eine längere Nachfrageflaute. Daher strich das im DAX notierte Unternehmen gestern Abend seine Jahresziele zusammen und rechnet 2022 bestenfalls noch mit einem kleinen Umsatzwachstum.
Die Aktie brach am Morgen ein und fiel zwischenzeitlich um bis zu 18 Prozent auf 20,94 Euro - und damit unter ihren Ausgabepreis ihres Börsengangs aus dem Jahr 2014 von 21,50 Euro. Bis zum Handelsschluss am frühen Abend berappelten sich die Papiere aber: Sie schlossen mit 25,14 Euro gut eineinhalb Prozent im Minus
Das gute Ergebnis der US-Tochter beim Stresstest der Notenbank Federal Reserve ermunterte Anleger zum Einstieg bei der Deutschen Bank. Die Aktien des Geldhauses stiegen nach dem gestrigen Kursrutsch von 12,2 Prozent um rund fünf Prozent. Die US-Sparte der Deutschen Bank, die in den vergangenen Jahren mehrmals durchgefallen war, hatte mit 22,8 Prozent die höchste Kapitalquote.
Der Porsche-Vorstand sieht trotz der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keinen Grund, den geplanten Börsengang abzusagen. Die Vorbereitungen dafür liefen auf Hochtouren, sagte Vorstandschef Oliver Blume der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Auch Konjunktursorgen, das Börsenumfeld und der Krieg in der Ukraine brächten Porsche nicht von dem Vorhaben ab.
Mitten in der Sommerferienzeit streicht die Lufthansa wegen Personalmangels mehr als 2000 weitere Flüge an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München. Schon vor gut zwei Wochen hatte die Airline angekündigt, hier 900 Verbindungen an Freitagen und Wochenenden im Juli abzusagen.
Der vorzeitige Rückzug des langjährigen Chefs Fritz Joussen drückt die TUI-Aktie gegen den Branchentrend ins Minus. Joussen lege sein Amt vorzeitig zum 30. September nieder, teilte das Unternehmen heute überraschend mit. Das Präsidium des Aufsichtsrats schlägt den bisherigen Finanzvorstand Sebastian Ebel als Nachfolger vor.
Die geplante Komplettübernahme durch den Mehrheitsaktionär Adler Group bescherte Adler Real Estate einen der größten Kurssprünge der Firmengeschichte. Die Aktien der Immobilienfirma steigen um bis zu 62 Prozent, am Ende schlossen sie um 44,6 Prozent höher bei 7,58 Euro. Die Adler Group beantragte ein sogenanntes Squeeze-out-Verfahren, bei dem die übrigen Eigner von Adler Real Estate zwangsabgefunden werden.
Am Abend nach Börsenschluss wurde bekannt, dass die Adler Real Estate AG von ihrer luxemburgischen Konzernmutter Adler Group ein Bestandsportfolios von Wohnimmobilien in Berlin übernimmt. Wie das deutsche Tochterunternehmen mitteilte, umfasst das Portfolio 1400 Wohneinheiten und hat einen Marktwert von 326 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung von Minderheitsanteilen, Finanzverbindlichkeiten sowie latenten Steuern betrage die an die Adler Group zu leistende Gegenleistung rund 275 Millionen Euro. Die Transaktion stehe unter keinem Vorbehalt und werde unverzüglich vollzogen.
Derzeit untersucht die Finanzaufsicht Bafin schon eine Weile die Bücher von Adler. Die Behörde hatte sich eingeschaltet, nachdem die Immobiliengesellschaft im Oktober erstmals vom Leerverkäufer Fraser Perring unter Druck gesetzt wurde. Dieser und sein Researchdienst Viceroy hatten schwere Vorwürfe gegen Adler erhoben, darin ging es unter anderem um die Bewertung von Immobilienprojekten. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Der Maschinenbauer Singulus muss die längst überfällige Vorlage seiner Jahresbilanz 2020 erneut verschieben. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat zusätzliche Unterlagen angefordert, die das Unternehmen nicht in der geforderten Zeit liefern kann. Das teilte das unterfränkische Unternehmen heute mit. Als neuer Veröffentlichungstermin ist nun der 23. Juli angepeilt.
Singulus stellt Maschinen unter anderem für Solaranlagen und Medizintechnik her. Das Unternehmen machte 2020 coronabedingt sehr schlechte Geschäfte, in diesem Jahr hätten sich insbesondere die Lockdowns in China negativ auf die wirtschaftliche Situation ausgewirkt, hinzu kämen die gestörten Lieferketten und der Ukraine-Krieg. Wegen des fehlenden Geschäftsberichts 2020 gibt es bislang auch für 2021 keine Jahresbilanz.
Davon abgesehen betonte das Management, dass der Auftragsbestand bei über 100 Millionen Euro liege. "Aus heutiger Sicht verfügt das Unternehmen über ausreichend frei verfügbare liquide Mittel zur Absicherung der Geschäftstätigkeit."
Der Covid-19-Impfstoff der Pharma-Riesen Sanofi und GSK zeigt den Unternehmen zufolge Wirkung gegen die Omikron-Variante des Virus. In einer Versuchsreihe mit 13.000 Personen habe der bivalente Impfstoff bei 72 Prozent der Getesteten zu einer Immunantwort gegen Omikron geführt. Bei Personen, die sich bereits einmal mit dem Virus infiziert hatten, sei das Ergebnis mit 93,2 Prozent noch stärker ausgefallen. Die Unternehmen hoffen, das Mittel im Laufe des Jahres auf den Markt bringen zu können.
Bei der schwedischen Modekette H&M fordern die Folgen der Corona-Krise und der Uiguren-Problematik ihren Tribut. In der chinesischen Wirtschaftsmetropole Shanghai machten die Schweden nun ihren Flagship-Laden dicht. Wie die Konkurrenz kämpft H&M mit den jüngsten Lockdowns in China, aber auch mit den Reaktionen auf die Weigerung des Unternehmens, Baumwolle aus der Provinz Xinjiang zu benutzen.
Der Autobauer Stellantis steigt bei dem angehenden deutsch-australischen Lithiumförderer Vulcan Energy ein. Stellantis werde einen Anteil von acht Prozent für umgerechnet rund 50 Millionen Euro erwerben, teilte Vulcan mit. Die Aktie der an den Börsen Frankfurt und Sydney gelisteten Vulcan Energy schnellten fast um ein Viertel in die Höhe. Das Geld soll zum Aufbau der Lithiumgewinnung aus Thermalwasser am Oberrheingraben eingesetzt werden.
Der weltgrößte Sportartikelkonzern Nike will sich angesichts des andauernden Krieges gegen die Ukraine komplett aus Russland zurückziehen. "Nike hat die Entscheidung getroffen, den russischen Markt zu verlassen", erklärte ein Sprecher. Priorität habe nun, die Beschäftigten vor Ort zu unterstützen, während der Betrieb in den kommenden Monaten verantwortungsbewusst heruntergefahren werde.
Amazon hat eine Software entwickelt, die aus weniger als einer Minute Sprache die Stimme eines Menschen nachahmen kann. Der Online-Konzern demonstrierte gestern, wie ein vernetzter Lautsprecher mit der Sprachassistentin Alexa das Buch "Der Zauberer von Oz" einem Jungen mit der Stimme seiner Großmutter vorliest.
Instagram testet in den USA die automatische Alterserkennung auf Basis eines Selfie-Videos. Die Nutzer werden dabei gebeten, einen Clip hochzuladen. Eine Software der Partnerfirma Yoti werde dann das Alter schätzen, wie die zum Facebook-Konzern Meta gehörende Foto- und Videoplattform gestern erläuterte.