Inflationsängste ebben ab Kursfeuerwerk an der Wall Street
Neue Konjunkturdaten haben heute für viel Optimismus an der Wall Street gesorgt. Inflationsängste ebbten nach frischen Wirtschaftsdaten ab, was die Anleger massiv an den Markt lockte.
An der New Yorker Aktienbörse haben abflauende Zins- und Inflationsängste für kräftige Gewinne gesorgt. Der Leitindex Dow Jones und die anderen großen Indizes bauten ihre Gewinne im Verlauf stetig aus und schlossen deutlich höher.
Am Ende legte der Leitindex Dow Jones um 1,14 Prozent zu und überschritt bei 34.029 Punkten auch die Marke von 34.000 Punkten. Deutlich besser schnitt die zinssensitive Technologiebörse Nasdaq ab, die 1,99 Prozent zulegte. Der Auswahlindex Nasdaq 100 überwand die Marke von 13.000 Stellen und legte dabei 2,03 Prozent zu. Vor allem die Tech-Aktien waren zuletzt wegen fortdauernder Zinsängste unter Druck geraten und holten heute auf. Der marktbreite S&P-500-Index, der sowohl Technologie- als auch Standardaktien enthält, ging bei 4146 Punkten um 1,33 Prozent ebenfalls deutlich höher aus dem Handel.
Rückenwind kam insbesondere von frischen Konjunkturdaten, die auf eine langsamere Gangart der Fed im derzeitigen Zinszyklus schließen lassen. "Wir haben die Spitze des Inflationsberges erklommen, und es sieht so aus, als ob wir auf der anderen Seite wieder herunterkommen", sagte David Russell vom Online-Broker TradeStation.
Am Markt wird mehrheitlich das baldige Ende des aggressiven Zinszyklus der Notenbank erwartet. Allerdings stehen im Gegenzug Zinssenkungen bis auf weiteres auch nicht zur Debatte, dazu sind die Preisniveaus noch zu hoch. Dies bremst immer wieder die Optimisten.
Konkret ist die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stärker als erwartet gestiegen. In der vergangenen Woche legte sie um 11.000 auf 239.000 zu, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. An den Finanzmärkten war im Schnitt mit 235.000 Anträgen gerechnet worden. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gelten als zeitnaher Indikator für die allgemeine Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, der von Expertinnen und Experten aber weiterhin als sehr robust beschrieben wird.
Auch direkte Inflationsdaten stützen. Denn der Preisauftrieb auf Herstellerebene hat sich im März stärker als erwartet abgeschwächt. Die Erzeugerpreise stiegen zum Vorjahresmonat um 2,7 Prozent, wie das Arbeitsministerium ebenfalls mitteilte. Ökonominnen und Ökonomen hatten einen Anstieg um 3,0 Prozent erwartet. Im Februar hatte die Rate noch bei revidierten 4,9 Prozent gelegen (zunächst Plus 4,6 Prozent).
Die Erzeugerpreise beeinflussen die Verbraucherpreise, an denen die US-Notenbank ihre Geldpolitik ausrichtet. Die allgemeine Inflation hat sich zuletzt ebenfalls merklich abgeschwächt. Sie lag aber im März mit 5,0 Prozent noch deutlich über dem Inflationsziel von zwei Prozent. Mit Spannung erwartet wird, ob die Fed den Leitzins im Mai erneut um 0,25 Prozentpunkte anheben wird.
Unter den Einzelwerten stützte die Hoffnung auf kleinere Zinsschritte Technologiewerte besonders. Apple, Netflix, Amazon und der Chiphersteller Intel gewannen in der Spitze über vier Prozent. Höhere Zinsen schmälern üblicherweise zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen.
Der Abgang von Finanzchefin Gina Goetter schickte Harley-Davidson auf Talfahrt. Die Anteilsscheine des Motorrad-Herstellers verloren 1,7 Prozent. Goetter verlasse das Unternehmen am 28. April, um die Rolle des Finanzvorstands beim Spielehersteller Hasbro zu übernehmen, teilte Harley Davidson mit.
Nach dem Jahreshoch des Vortages ging es heute an der Frankfurter Aktienbörse ruhiger zu. Der DAX behauptete bei einem leichten Tagesgewinn von 0,16 Prozent auf einen Schlussstand von 15.729 Punkten sein zuletzt erhöhtes Niveau. Der Index blieb aber bei ruhigem Handel unter seinem gestrigen Jahreshoch von 15.827 Punkten.
Dies auch, weil immer noch nicht wirklich klar ist, wohin die alles Bestimmende Zinspolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Märkte letztlich führen wird. "In Bezug auf die zukünftige Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks dürften sich Börsianer weiterhin den Kopf zerbrechen", sagte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research
Zwar mehren sich die Anzeichen, dass die US-Währungshüter ihrem Ziel näher kommen, die Inflation wirksam zu bekämpfen - nur am Ziel sind sie eben noch nicht. In dieser Grauzone gefangen bewegte sich der DAX heute in einer engen Handelsspanne zwischen 15.675 und 15.754 Punkten. Sogar das Rekordhoch bei 16.290 Punkten bleibt damit in Sichtweite.
Etwas unterstützend wirkten aktuelle Konjunkturdaten aus China: Die Exporte sind im März unerwartet stark gestiegen und schnellten in Dollar berechnet um 14,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in die Höhe. Der Anstieg überraschte Experten, die nach einem Einbruch im Januar und Februar um 6,8 Prozent auch wieder mit einem Rückgang gerechnet hatten.
Zu einem markanten Ausbruch aus der derzeitigen Seitwärtsbewegung des DAX reicht es derzeit aber nicht. Denn ab morgen beginnt in den USA die Berichtssaison, pikanterweise mit den Zahlen der großen Banken. Mit Platzhirsch JPMorgan Chase, Citigroup und Wells Fargo öffnen gleich drei der größten US-Häuser ihre Bücher.
Bankanalysten hatten sich zuletzt besorgt gezeigt, dass es wegen der jüngsten Schwierigkeiten im Regionalbankensektor zu einer Kreditklemme kommen könnte, was einem Wirtschaftsaufschwung erheblich im Weg stehen würde. Die Regionalbanken sind das eigentliche Rückgrat der US-Kreditversorgung, sie mussten zuletzt aber hohe Mittelabflüsse verkraften.
Nach dem jüngsten Bankenbeben, der in der Fed für tiefe Sorgenfalten gesorgt hat, wird es interessant sein zu sehen, wie sich die Zinswende in den Bilanzen der Geldhäusern ausgewirkt hat.
Die nachlassenden Zinserwartungen für den US-Dollar-Raum hatten auch deutliche Auswirkungen auf die Devisen- und Rohstoffmärkte. Der Kurs des Euro ist heute zum US-Dollar auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen. Die Gemeinschaftswährung stieg zuletzt im US-Handel auf 1,1049 Dollar, in der Spitze wurden bis zu bis auf 1,1068 US-Dollar bezahlt. Dies war der höchste Stand seit Anfang April 2022. Am Morgen hatte er noch unter der Marke von 1,10 Dollar notiert. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1015 (Mittwoch: 1,0922) Dollar fest.
Gleichzeitig bleiben die Zinserhöhungserwartungen für den Euro weiter hoch. So stellte Bundesbankpräsident Joachim Nagel weitere Zinsschritte in Aussicht. Nach aktueller Prognose werde die Teuerungsrate erst 2025 wieder die Größenordnung der angestrebten zwei Prozent erreichen. "Das heißt, der Anpassungspfad erfordert noch weitere Zinsschritte", sagte Nagel am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds in Washington.
Der Goldpreis hat mit der Spekulation auf weniger stark steigende Zinsen in den USA seinen jüngsten Höhenflug ebenfalls fortgesetzt und den höchsten Stand seit über einem Jahr erreicht. Der Preis für eine Feinunze (rund 31,1 Gramm) des Edelmetalls stieg heute an der Börse in London zeitweise bis auf 2045 US-Dollar. Das ist der höchste Stand seit März 2022 und liegt nur noch knapp unter dem Rekordhoch von 2075 Dollar aus dem Sommer 2020.
"Die US-Wirtschaftsdaten haben den Markt in seiner Einschätzung bestärkt, dass sich der Zinserhöhungszyklus seinem Ende nähert", kommentierte Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus. Dies mache Gold, das keine Zinsen abwerfe, für Anleger attraktiver.
Die zuletzt stark gestiegenen Ölpreise tendieren heute kaum verändert. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostete ebenso wie ein Fass der US-Sorte WTI rund 0,9 Prozent weniger. Seit Mitte März war es mit den Preisen für das schwarze Gold stürmisch bergauf gegangen. was sowohl an einer Produktionskürzung des Ölkartells Opec+ liegt als auch am nachgebenden Dollar.
Der Kunststoffkonzern Covestro hat zum Jahresstart in einem schwierigen Branchenumfeld deutliche Geschäftseinbußen hinnehmen müssen. Das operative Ergebnis brach dabei aber deutlich weniger ein, als Experten es selbst nach zuletzt etwas zuversichtlicheren Äußerungen des DAX-Konzerns erwartet hatte. Das lag vor allem an Kostensenkungen. Die Aktien legten am frühen Abend auf der Handelsplattform Tradegate im Vergleich zum Xetra-Schluss zu.
Bei einem Umsatzrückgang um ein Fünftel auf 3,74 Milliarden Euro brach das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast zwei Drittel auf 286 Millionen Euro ein, wie Covestro auf Basis vorläufiger Resultate mitteilte. Eine Jahresprognose traut sich Covestro jedenfalls im unsicheren Konjunkturumfeld vorerst weiterhin nicht zu. Näheres zu den Perspektiven dürfte das Management dann am 28. April im Zuge der Veröffentlichung der vollständigen Quartalszahlen sagen.
Die gesamte Branche leidet vor allem seit vergangenen Herbst unter einer sehr schwachen Nachfrage. Wegen Lieferengpässen hatten viele Kunden zuvor die Lager stark aufgefüllt. In dieser Situation brach dann auch noch die Konsumlaune ein, die Menschen wurden angesichts hoher Inflation und ungewisser Wirtschaftsaussichten bei Anschaffungen vorsichtiger. Das ließ die Nachfrage bei Chemieunternehmen einbrechen.
Die VW-Softwaretochter Cariad holt sich über ein Gemeinschaftsunternehmen in China mit Thundersoft lokales Know-how zur Entwicklung von Infotainment-Diensten an Bord. "Die Bedürfnisse und Anforderungen der chinesischen Kunden stehen im Mittelpunkt unserer strategischen Bemühungen", erklärte VW-China-Chef Ralf Brandstätter.
Die Partnerschaft sei ein weiterer wichtiger Schritt, um mehr maßgeschneiderte Innovationen in China für China zu entwickeln. Gemeinsam entwickelt werden sollen Betriebssysteme, Fahrzeug-Cockpits und Cloud-Lösungen. Cariad wird an dem Joint Venture 49 Prozent halten, Thundersoft 51 Prozent.
Die Aussicht auf signifikante Aufträge der Bundeswehr gaben der Aktie von Hensoldt Rückenwind. Die Papiere des bayrischen Spezialisten für Rüstungselektronik klettern im MDAX deutlich um über 5,7 Prozent und gehörten damit zu den größten Gewinnern im Index der mittelgroßen Aktien. Das Unternehmen rechne ab dem laufenden Quartal mit Bestellungen aus dem 100-Milliarden-Beschaffungsprogramm für die deutschen Streitkräfte, sagte Hensoldt-Chef Thomas Müller in einem Interview.
Der Autozulieferer und Scheinwerfer-Hersteller Hella hat seine Geschäfte im ersten Quartal trotz einer gehemmten Entwicklung in China deutlich ausbauen können. Der Umsatz kletterte in den Monaten Januar bis März im Jahresvergleich um über 14 Prozent auf rund zwei Milliarden Euro. Alle Sparten entwickelten sich demnach gut, vor allem das Geschäft des größten Segments rund ums Licht legte dank einer gestiegenen Produktion in der Autoindustrie kräftig zu.
Die UBS hat einem Medienbericht zufolge Vorbereitungen für einen Börsengang des Schweizer Geschäfts der Credit Suisse gestartet. Die UBS habe die US-Großbank JP Morgan mit einem möglichen Börsengang beauftragt, berichtete der Schweizer Finanzmarktblog "Inside Paradeplatz" unter Berufung auf einen Insider. "Der Plan könnte sein, dass die UBS einen Teil der CS-Schweiz an die Börse bringt und den Rest behält", hieß es in dem Bericht. UBS und Credit Suisse lehnten eine Stellungnahme ab. JP Morgan konnte vorerst nicht erreicht werden, berichtet Reuters.
Apple kommt im Bemühen um mehr Unabhängigkeit von China wohl voran. Im vergangenen Geschäftsjahr produzierte Apple in Indien iPhones im Gegenwert von rund sieben Milliarden Dollar und damit dreimal so viel wie im Jahr zuvor, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen. In China war Apple zuletzt in stärkere Schwierigkeiten geraten, weil die einst strikten Covid-Lockdowns die vor Ort produzierenden Auftragsfertiger lahmgelegt hatten. Zudem übt die US-Regierung immer mehr Druck auf die Technologiebranche in China aus, so etwa durch die Beschränkung von Hightech-Chip-Exporten in das Land.
Gute Geschäfte mit Leder und Mode haben dem Luxusgüter-Konzern LVMH einen glänzenden Jahresstart beschert. Im ersten Quartal wuchs der Umsatz im Jahresvergleich um 17 Prozent auf gut 21 Milliarden Euro, wie der Anbieter von Marken wie Louis Vuitton, Rimowa-Koffern und Hennessy Cognac mitteilte. Die Aktie erreichte ein Rekordhoch.
Im Sog von LVMH gewannen die Aktien von Burberry, Hermès, Richemont, Moncler und Kering dazu. Bei den deutschen Konsumwerten waren Boss, Adidas und Puma gefragt.