Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

DAX und Dow mit Verlusten Zinsängste neu geschürt

Stand: 05.12.2022 22:20 Uhr

Überraschend starke Wirtschaftsdaten aus den USA haben die Zinssorgen der Anleger verschärft. Wall Street und Nasdaq fuhren deutliche Verluste ein. Auch der DAX startete schwach in die neue Woche.

Gute Konjunkturdaten sind an der Börse wieder ein Verkaufsargument. Das hat der heutige Handelstag klar gezeigt. Ein unerwartet starker Auftragseingang der US-Industrie und ein überraschend guter ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor haben den Anlegern an den Aktienmärkten zu Wochenbeginn die Kauflaune verdorben.

Der US-Leitindex Dow Jones baute seine Verluste im Handelsverlauf weiter aus und schloss schließlich 1,4 Prozent tiefer bei 33.947 Punkten. Der marktbreite S&P 500 büßte 1,8 Prozent auf 3998 Zähler ein. Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 verabschiedete sich mit einem Minus von 1,7 Prozent bei 11.239 Stellen aus dem Handel.

Gute Wirtschaftsdaten gelten in Zeiten hoher Inflation als Anzeichen, dass die US-Notenbank Fed einen größeren Spielraum für Zinserhöhungen hat - ohne die Wirtschaft zu sehr zu gefährden. Helaba-Analyst Ralf Umlauf sprach daher von einem Indiz, dass der Zins-Höhepunkt noch weiter entfernt liegen könnte als gedacht.

Bereits am Freitag hatten überraschend robuste US-Arbeitsmarktdaten Spekulationen einen Dämpfer versetzt, die Fed könnte angesichts der jüngsten Anzeichen einer nachlassenden Inflation das Tempo und die Intensität ihrer Zinserhöhungen verringern.

Es sei "fast schon eine bizarre Welt, in der gute Nachrichten schlechte Nachrichten sind", sagte Jonathan Waite, Fondsmanager bei Frost Investment Advisors. Nächste Woche entscheiden neben der US-Notenbank Fed auch die Europäische Zentralbank und die Bank of England über ihren weiteren Zinskurs im Kampf gegen die hohe Inflation.

Auch am deutschen Aktienmarkt überwogen heute die Verluste. Der Leitindex DAX schloss 0,6 Prozent tiefer bei 14.448 Punkten. "Der Deutsche Aktienindex tut sich weiterhin schwer damit, über die in den beiden Vorwochen erreichten Hochs bei 14.580 Punkten zu klettern", erklärte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. "Der Deckel scheint zunächst einmal drauf."

Folgerichtig richten sich die Augen der Anleger nun auf die Unterseite. Bei 14.327 Zählern, dem Tief vom 29. November, verläuft eine wichtige Unterstützung für den deutschen Leitindex. Die Technischen Analysten von HSBC sehen in dieser Marke einen "Signalgeber in Sachen Konsolidierung, denn ein Rutsch darunter würde eine kurzfristige Topbildung vervollständigen".

Die Aussicht auf weiter steigende US-Zinsen ließ den Dollar-Index, der den Kurs des Greenback zu wichtigen Währungen widerspiegelt, heute um bis zu 0,8 Prozent auf 105,40 Punkte steigen. Parallel dazu fiel der Euro am Abend bis auf 1,0482 Dollar zurück, nachdem er noch im frühen Handel bei 1,0595 Dollar ein Fünfmonatshoch verbucht hatte.

Für Gold-Anleger war es ein turbulenter Tag, markierte das gelbe Edelmetall doch im frühen Handel zunächst bei 1810 Dollar ein frisches Vier-Monats-Hoch, nur um am Abend bis auf 1765 Dollar abzustürzen. Gold litt unter dem im Tagesverlauf wieder anziehenden Dollar und den steigenden US-Zinserwartungen.

Der starke Dollar setzte auch die Ölpreise unter Druck. Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 2,7 Prozent auf 83,07 Dollar. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI sank um 3,2 Prozent auf 77,39 Dollar .

Gut zwei Monate nach dem Börsengang zieht der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche AG in den Leitindex DAX ein. Die Aktie der Volkswagen-Tochter ersetzt dort zum 19. Dezember die Papiere des fränkischen Sportartikelkonzerns Puma, der in den Nebenwerteindex MDAX absteigt, wie die Deutsche Börse nach US-Börsenschluss mitteilte.

Porsche ist an der Börse inzwischen gut 98 Milliarden Euro wert. Die Aktie hat seit dem vielbeachteten Börsengang fast 30 Prozent zugelegt. "Wir freuen uns sehr über den schnellen, direkten Einstieg in den DAX", sagte Porsche-Finanzchef Lutz Meschke. "Unser Sprung in die Top 40 Deutschlands ist das Ergebnis unserer harten Arbeit der vergangenen Jahre."

Anleger von Flatexdegiro erlebten derweil zum Wochenstart ein Kursdebakel. Nach der am Wochenende bekannt gewordenen Gewinnwarnung des Online-Brokers und der Kritik der deutschen Finanzaufsicht BaFin, die bei einer Sonderprüfung Mängel in der Organisation und der Unternehmensführung festgestellt hatte, brach der Kurs der im Nebenwerte-Index SDAX notierten Papiere um 37 Prozent ein.

Nach dem Energiekonzern Uniper forderte auch der Essener Versorger RWE wegen ausbleibender Gaslieferungen Schadensersatz von dem russischen Gazprom-Konzern. RWE habe deshalb ein Schiedsverfahren gegen Gazprom eingeleitet, bestätigte das Unternehmen einen Bericht des "Handelsblatts". Details nannte RWE nicht.

Trendwende in der Lebensversicherung: Die Kunden des deutschen Marktführers Allianz Leben bekommen 2023 zum ersten Mal seit 2008 höhere Zinsen gutgeschrieben als ein Jahr zuvor. Die Gesamtverzinsung steigt für alle Produktlinien um 0,3 Prozentpunkte, wie die Allianz Deutschland AG mitteilte.

Am DAX-Ende setzte die Bayer-Aktie mit einem Minus von knapp drei Prozent ihre jüngste Verlustserie fort. Hier belastete eine gestrichene Kaufempfehlung der Bank of America. BofA-Analyst Sachin Jain hatte Bayer im Rahmen eines eigentlich optimistischen Branchenausblicks auf 2023 auf "Neutral" abgestuft.

Zu den größten Gewinner im DAX zählte heute die Aktie der Deutschen Bank. Gestützt durch eine Empfehlung von Oddo BHF legt sie über ein Prozent zu. Analyst Roland Pfänder traut den Papieren mit seinem Kursziel von 13 Euro noch deutlich mehr zu und änderte seine bisher negative Einstufung auf "Outperform".

Der Versicherungskonzern Talanx will die Dividende für das zu Ende gehende Jahr kräftig anheben und in den nächsten Jahren weiter nach oben schrauben. Für 2022 will das Unternehmen aus Hannover zwei Euro je Aktie ausschütten, ein Viertel mehr als für 2021. Bis 2025 soll die Dividende auf einen Zielwert von 2,50 Euro je Aktie steigen - sofern der Gewinn und die Liquidität es zulassen.

Der Chef des österreichischen Öl,- Gas- und Chemiekonzerns OMV, Alfred Stern, schlägt eine Verstaatlichung der Gashandelstochter des Unternehmens vor. Eine gute Basis für eine nationale Gashandelsfirma, die alle Marktaktivitäten bündelt, wäre die Handelstochter OMV Gas Marketing & Trading (OGMT), sagte Stern in einem vorab veröffentlichten Interview mit der Tageszeitung "Kurier".

Der Chef des britischen Telekommunikationskonzerns Vodafone, Nick Read, gibt nach vier Jahren überraschend seinen Posten zum Jahresende ab. Übergangsweise soll Finanzchefin Margherita Della Valle zusätzlich zu ihren Aufgaben Vodafone leiten, bis die Nachfolge geregelt ist.

Mit einem Anstieg von 1,2 Prozent auf 185,10 Dollar war die Boeing-Aktie der einzige Kursgewinner im Dow-Jones-Index. Die Papiere knüpften damit nahtlos an ihren vierprozentigen Aufschlag vom Freitag an. Am Markt hieß es, die Spekulation über einen Großauftrag von United Airlines wirke weiter positiv.

An der Nasdaq rutschte die Tesla-Aktie um 6,4 Prozent ab. Der US-Autobauer fährt laut Insiderinformationen im Dezember die Produktion des Model Y in der Fabrik Shanghai um 20 Prozent gegenüber dem Vormonat zurück. Ein Tesla-Sprecher nannte dies eine "falsche Nachricht", wollte sich aber nicht weiter dazu äußern.

Titel des US-Bekleidungskonzerns VF Corporation sind zu Wochenbeginn prozentual zweistellig eingebrochen. Das Unternehmen, das für Marken wie Timberland, The North Face und Eastpak bekannt ist, gab den Rücktritt seines Vorstandschefs Steve Rendle bekannt und kassierte seine Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr 2022/23.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 05. Dezember 2022 um 09:00 Uhr.