Ärger um Grundsteuererklärung Bundesländer halten eigene Frist nicht ein
Immobilienbesitzer mussten in 15 Bundesländern bis Ende Januar die Erklärung zur neuen Grundsteuer abgeben. Einige Länder haben bei ihren eigenen Liegenschaften die Frist allerdings selbst nicht eingehalten.
Waltraud Bühl aus Weinstadt hat mit ihrer Grundsteuererklärung gekämpft. Mehrmals saß sie vor dem Steuererklärungs-Programm Elster am Computer, doch sie kam nicht weiter - obwohl die Mittsiebzigerin vor ihrer Rente im kaufmännischen Bereich tätig war. Irgendwann habe sie es doch noch geschafft, pünktlich, vor dem Fristende am 31. Januar.
Umso mehr ärgert die Rentnerin, dass das Land Baden-Württemberg selbst bei der Grundsteuererklärung offenbar deutlich nachlässiger ist, als es das selbst von den Bürgerinnen und Bürgern fordert. Während immerhin rund 70 Prozent der Eigentümerinnen und Eigentümer in Baden-Württemberg zum Fristende die Erklärung abgegeben haben, waren es bei den grundsteuerpflichtigen landeseigenen Grundstücken nicht einmal zehn Prozent. "Früher hat man gesagt, der Staat muss mit gutem Beispiel vorangehen", sagt Bühl.
Landesbeamte müssen Grundsteuer nebenher erledigen
Wieso kommt das Land seiner Vorbildfunktion nicht nach? Baden-Württemberg teilt mit, dass von den 32.000 Liegenschaften im Landesbesitz die meisten nicht steuerpflichtig sind, etwa Gebäude des öffentlichen Dienstes wie Schulen, Universitäten oder Polizeiwachen. Für 6900 aber wird eine Grundsteuer erhoben - und hier sind bis Fristende gerade einmal rund 400 Erklärungen eingegangen. Das Finanzministerium rechtfertigt das damit, dass viele Landesbehörden "Großkunden" seien, also mehrere Hundert Erklärungen auf einmal abgeben müssen.
"Wir bewegen uns allein bei Vermögen und Bau in der Größenordnung von 7000 Erklärungen, die jetzt abzugeben sind", sagt Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne). Die Beamtinnen und Beamten, die das machen, hätten noch viele andere Aufgaben. Denn die Grundsteuererklärungen machten die Beschäftigten nebenher. Mehr Personal gebe es nicht - das hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bereits vergangene Woche deutlich gemacht: "Wir haben dafür kein zusätzliches Personal eingestellt, um Kosten zu sparen, deswegen dauert das etwas länger", sagte er vor Journalisten.
Das Finanzministerium in Stuttgart erklärt, man habe den "Großkunden" wie Landesbehörden oder Kommunen frühzeitig signalisiert, dass es erst einmal keine Strafen gebe, wenn man die Frist nicht einhält - das gelte aber auch für Privatbesitzer.
Auch Schleswig-Holstein, Sachsen, Hamburg und Bremen verspätet
Baden-Württemberg ist nicht alleine. Auch andere Bundesländer haben es nicht geschafft, die eigene Frist einzuhalten. In Sachsen fehlen wohl noch zahlreiche Erklärungen - was vor allem daran liege, dass Eigentumsverhältnisse im landeseigenen Forst nicht rechtzeitig hätten geklärt werden können, teilt der Staatsbetrieb Sachsenforst mit.
In Schleswig-Holstein fehlen nach Angaben des Finanzministeriums in Kiel noch rund 20 Prozent der Erklärungen für landeseigene Grundstücke. Zu einem überwiegenden Teil handele es sich Liegenschaften im Bereich des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz. Die Prüfung, ob zum Beispiel Küstenschutzanlagen - das können etwa Deiche oder Ufermauern sein - steuerpflichtig sind, sei sehr zeitaufwändig. Jeder Einzelfall müsse geprüft werden, teilt das zuständige Umweltministerium mit.
Auch Hamburg beruft sich auf komplizierte Einzelfälle. Hier fehlen nach Angaben der Finanzbehörde noch rund neun Prozent der landeseigenen Erklärungen. In Bremen sind es noch gut ein Drittel. Das liegt nach Angaben einer Sprecherin des Senators für Finanzen vor allem an einer landeseigenen Gesellschaft, die aufgrund von personellen Engpässen die Grundsteuererklärungen nicht einreichen konnte.
In Nordrhein-Westfalen und Hessen sind alle Erklärungen da
Der Großteil der übrigen Bundesländer erhebt nach eigenen Angaben keine Daten, ob es sich bei den Erklärungen um Privateigentum oder landeseigene Liegenschaften handelt. Einige verweisen auch auf das Steuergeheimnis. Zwei Bundesländer geben an, fristgerecht alle eigenen Erklärungen eingereicht zu haben: Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Bayern hatte als einziges Bundesland die Abgabefrist über den 31. Januar hinaus verlängert. Der Bund hatte schon Mitte Januar erklärt, die Erklärungen für seine eigenen Liegenschaften erst bis Ende März beziehungsweise Ende September einzureichen - und sich somit auch nicht an die Fristen zu halten, die für Privatleute gelten.
Bund der Steuerzahler kritisiert "zweierlei Maß"
Der Bund der Steuerzahler kritisiert das Verhalten des Bundes und der säumigen Länder. "Das ist natürlich sehr irritierend", sagt Eike Möller vom baden-württembergischen Landesverband mit Blick auf die Situation in seinem Bundesland. Auf der einen Seite würden dem Steuerzahler Fristen auferlegt, die einzuhalten sind. Auf der anderen Seite stelle man dann fest, dass etwa das Land Baden-Württemberg selbst die Frist nicht einhalte. "Da kann natürlich der Eindruck entstehen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird", sagt Möller.
Ähnlich sieht es Haus & Grund. Ulrich Wecker vom Eigentümerverband in Stuttgart versteht zwar die Argumentation des baden-württembergischen Ministerpräsidenten, dass kein Personal da sei. "Wenn er für sich selber mehr Zeit verlangt und seine Beamten, dann muss das erst recht gelten für die privaten Immobilieneigentümer", sagt Wecker.