Grüne Geldanlage Noch mehr "Greenwashing" bei Fonds?
Die US-Börsenaufsicht untersucht offenbar "grüne" Fonds der Investmentbank Goldman Sachs. Zuvor war die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS in Visier der Behörden geraten. Was heißt das für Anleger und die Branche?
Der Chef der mächtigen US-Investmentbank Goldman Sachs hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Schon Ende 2019 beklagte David Solomon in einem Artikel in der "Financial Times", dass Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit als Randthema behandelt hätten. Der Manager forderte Unternehmen, Banken und Regierungen auf, mehr zu tun. Nachhaltigkeit ist mittlerweile ein Thema, mit dem sich auch Geld verdienen lässt. Beispielsweise mit speziellen Fonds, die das Geld der Anleger nach sozialen, ethischen und ökologischen Standards anlegen. So hat auch die US-Großbank Goldman Sachs sogenannte Nachhaltigkeits-Fonds aufgesetzt - die aber möglicherweise gar nicht so nachhaltig investieren, wie der Name verspricht.
Laut "Wall Street Journal" untersucht die US-Börsenaufsicht SEC mehrere Fonds von Goldman Sachs genauer. Es geht um Fonds, die die Begriffe "saubere Energie" oder ESG - ein Kürzel für sozial-ökologische Anlagekriterien - im Namen tragen. Weder die US-Börsenaufsicht noch Goldman Sachs haben sich bislang zu den Vorwürfen geäußert. US-Medien zufolge haben aber mit dem Fall vertraute Personen bestätigt, dass mindestens zwei Fonds untersucht werden.
Alte Fonds einfach neu benannt?
Konkret geht es bei der Untersuchung dem Bericht zufolge um einen Aktien-Standardwertefonds namens "Blue Chip Funds", den Goldman Sachs im Juni 2020 in "US Equity ESG Fonds" umgetauft hatte. Die größten Beteiligungen des Fonds - Microsoft, Apple und Alphabet - seien allerdings gleich geblieben. Es handelt sich um einen relativ kleinen Fonds mit einem Anlagevermögen von 17,8 Millionen Dollar.
Dennoch könnte der Fall große Auswirkungen auf die gesamte Branche haben, sollte sich der Vorwurf des Greenwashing bewahrheiten, sagt Christiane Hölz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, kurz DSW. "So wie Dieselgate der ganzen Auto-Branche geschadet hat, könnte sich das sogenannte Greenwashing für Fondsanbieter zu einem Riesenproblem entwickeln." Zunächst aber gelte die Unschuldsvermutung.
Razzia in Frankfurt
Nicht nur in den USA sind Banken mit dem Vorwurf konfrontiert, nachhaltige Finanzprodukte zu vermarkten, die weniger grün sind als es scheint. So kam es bei der Deutschen Bank und deren Fondsgesellschaft DWS Anfang Juni zu Durchsuchungen von Polizei und Staatsanwaltschaft. DWS-Chef Asoka Wörmann trat kurz danach zurück. Bereits seit vergangenem Sommer steht die Deutsche-Bank-Fondstochter im Verdacht, Greenwashing zu betreiben. Eine ehemalige Nachhaltigkeits-Managerin hatte den Vorwurf gegen ihren alten Arbeitgeber erhoben. Seitdem ermitteln deutsche und US-Behörden.
Es mangelt an verlässlichen Daten
Aktionärsschützerin Hölz sieht insgesamt eine schwierige Situation, auch für Anleger, die ihr Geld gerne nachhaltig investiert wissen wollen wollen - im Sinne von sozialen oder Umwelt-Standards: "Es geht immer auch um die Frage: was verstehe ich unter Nachhaltigkeit? Wäre schön, wenn wir uns auf das Label verlassen könnten, das ist aber auch in anderen Bereichen nicht immer so."
Aber auch die Fondsgesellschaften haben laut Christiane Hölz Probleme, den Nachhaltigkeits-Kriterien gerecht zu werden. Zumal Fondsmanager und Berater von August an die Nachhaltigkeitswünsche der Kunden abfragen müssen - so will es das Gesetz. Doch fehlen der DSW-Geschäftsführerin zufolge von vielen Unternehmen Daten, die Auskunft geben über Umweltbilanz, gute Unternehmensführung oder soziale Belange. Auch sei der Korridor an Firmen, die schon "grün" sind, sehr eng. "Privatanleger haben natürlich auch Interesse daran, eine Rendite zu erwirtschaften", so Hölz gegenüber tagesschau.de.
Was machen US-Tech-Giganten?
Das dürfte der Hauptgrund sein, warum wachstumsstarke US-Tech-Konzerne in sogenannten Nachhaltigkeits-Fonds häufig den größten Anteil ausmachen. Magdalena Senn von der Bürgerbewegung Finanzwende wundert das nicht. Ihre Auswertungen haben ergeben, dass sich konventionelle Fonds häufig gar nicht so stark von "grünen" Anlagen unterscheiden. Wichtig sei daher, sich eine eigene Vorstellung von Nachhaltigkeit zu machen. "Etwa ob es einem wichtig ist, Kinderarbeit und Waffen bei seiner Geldanlage auszuschließen oder ob man gezielt in die grüne Transformation und in die Energiewende investieren will."
Wichtig sei zudem, so raten beide Expertinnen Anlegern, ins Kleingedruckte zu schauen. "Dann entdeckt man manchmal auch einen Ölkonzern und kann dann selbst entscheiden, wie nachhaltig man den eigentlich findet", sagt Senn.
"Ein wichtiger Schritt"
Auch die Finanzwende-Expertin geht davon aus, dass die derzeitigen Untersuchungen Auswirkungen haben werden: "Dass in Amerika und Europa die Versprechungen der Fonds-Branche von der Finanzaufsicht genauer unter die Lupe genommen werden, das ist schon ein wichtiger Schritt. Vor allem dass sie sich irreführende Versprechen anschauen." Bisher habe jeder seinen eigenen Standards definiert. Das dürfte sich spätestens mit Einführung der neuen EU-Regeln zur Bewertung von Finanzprodukten seit Jahresbeginn weiter ändern. Auch die Finanzbranche ist im Umbruch - und es scheint so, als schauten die Regulierer in Sachen Nachhaltigkeit genauer hin.