Unterstützung für Bundesbank-Vorstoß Auch EZB für deutlich höhere Löhne
Nach der Bundesbank stellt auch die Europäische Zentralbank eine ungewöhnliche Forderung: Die Löhne in Deutschland sollten kräftig steigen. Die niedrige Inflationsrate und der Arbeitsmarkt ließen dies zu. Mit dem Vorstoß verfolgt die EZB ihre ganz eigenen Ziele.
Nach der Bundesbank hat sich auch die Europäische Zentralbank (EZB) für deutliche Lohnsteigerungen in Deutschland ausgesprochen. In der Bundesrepublik seien höhere Steigerungsraten der Verdienste angemessen, sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet dem "Spiegel". Er begründete dies mit der niedrigen Inflationsrate und der guten Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Dagegen seien in manchen Krisenländern der Euro-Zone mit hoher Arbeitslosigkeit derzeit eher "niedrige Lohnabschlüsse erforderlich, um Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen". Beides trage dazu bei, die Handels- und Kapitalströme in der Währungsunion auszugleichen und "die durchschnittliche Lohnentwicklung im Euro-Raum mit dem Inflationsziel der EZB von annähernd zwei Prozent in Einklang zu bringen", so Praet.
Höhere Löhne sollen zu steigenden Preise führen
Die Teuerung in der Euro-Zone liegt schon seit Monaten weit unter dieser Marke. Daher gibt es Befürchtungen, dass die Konjunktur in eine Deflation abgleitet - also in eine Abwärtsspirale sinkender Nachfrage, nachlassender Investitionen und fallender Löhne. Stärkere Einkommenssteigerungen könnten dem entgegenwirken, indem die Verbraucher mehr Geld für den Konsum zur Verfügung haben und dies eine steigende Nachfrage und eine höhere Inflationsrate zur Folge haben könnte.
In der vergangenen Woche hatte bereits der Chefökonom der Bundesbank, Jens Ulbrich, angesichts der "guten konjunkturellen Lage" in Deutschland ebenfalls für höhere Lohnabschlüsse in den anstehenden Tarifrunden plädiert. Dies sorgte für Aufsehen, da die deutsche Notenbank seit Jahrzehnten als Verfechterin von Lohnzurückhaltung gilt.
Kritik an der Bundesbank äußerte am Donnerstag Allianz-Chefökonom Michael Heise. "Es ist gefährlich, einer aggressiven Lohnpolitik das Wort zu reden", sagte er. Die Bundesbank öffne überzogenen Lohnforderungen Tür und Tor. Sollten daraus auch tatsächlich Lohnerhöhungen werden, könne dies dem Standort Deutschland massiv schaden, argumentiert Heise.
Kritik der Gewerkschaften
Auch die Gewerkschaften reagierten kritische auf den Vorstoß der Bundesbank, der nun von der EZB unterstützt wird. "Die Sozialpartner brauchen keine Belehrung in der Tarifpolitik", sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, am Freitag. "Bisher war die Bundesbank auf einem Auge makroökonomisch blind. Lohnabschlüsse fielen für sie immer zu hoch aus, aber nie zu niedrig." Über die Tarifpolitik entschieden aber immer noch die Mitglieder in den Betrieben - je nach Lage einzelner Unternehmen und Branchen. Die Lohnpolitik tauge nicht als Instrument im Kampf gegen die Euro-Krise, betonte Hoffmann.