EU-Sondergipfel zur Finanzkrise Kein Milliardenfonds für Osteuropa
Angesichts der dramatischen Wirtschaftslage in Osteuropa haben die Staats- und Regierungschefs beim EU-Krisengipfel in Brüssel um konkrete Hilfen gerungen. Für Streit sorgte die Forderung Ungarns nach einem Milliardenfonds für die Region. Der Gipfel lehnte dies ab.
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben auf dem Krisengipfel in Brüssel ihre Beratungen beendet. Zum Abschluss wiesen sie ein von Ungarn gefordertes milliardenschweres Sonderprogramm für den Finanzsektor Mittel- und Osteuropas zurück. "Die Lage in jedem Land ist unterschiedlich", sagte der Gipfelgastgeber Mirek Topolanek. Falls es Probleme gebe, sollten diese von Fall zu Fall angegangen werden.
Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany, hatte gefordert, für die mittel- und osteuropäischen Länder einen Fonds im Umfang von mindestens 160 Milliarden Euro einzurichten.
Der EU-Sondergipfel einigte sich nach Angaben von Kommissionspräsident José Manuel Barroso zudem auf einen "gemeinsamen Rahmen" zum Umgang mit faulen Wertpapieren. Die Kommission hatte am Mittwoch erstmals Leitlinien zum Umgang mit toxischen Papieren vorgeschlagen. Danach bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, ob er eine sogenannte Bad Bank gründet oder Geldinstitute verstaatlicht.
Nicht alle über einen Kamm scheren
Bereits zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel der Milliardenhilfe eine klare Absage erteilt. Nicht allen Ländern in Mittel- und Osteuropa gehe es so schlecht wie Ungarn: "Man kann weder Slowenien noch die Slowakei mit Ungarn vergleichen." Die Bundeskanzlerin verwies zudem darauf, dass Budapest vom Internationalen Währungsfonds und der EU bereits ein Hilfspaket in Höhe von 20 Milliarden Euro erhalten hat. "Wir haben bisher gezeigt, gerade am Beispiel von Ungarn, dass wir Staaten in Not helfen, und das werden wir natürlich auch weiter tun", sagte Merkel.
Auch der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann wandte sich dagegen, alle Staaten der Region über den gleichen Kamm zu scheren: "Die Länder sind sehr unterschiedlich, deshalb wäre ein Paket für alle falsch."
Sorge vor Spaltung Europas
Gyurcsany hingegen hatte vor einer neuen Spaltung Europas gewarnt, wenn die notleidenden Staaten in Osteuropa keine Hilfe erhielten. "Wir dürfen nicht zulassen, dass ein neuer Eiserner Vorhang fällt und Europa teilt", sagte er. Der ungarische Ministerpräsident forderte außerdem eine beschleunigte Aufnahme interessierter Staaten in die Währungsunion. Nach bisherigen Prognosen hält sein Land im laufenden Jahr die Maastricht-Kriterien ein.
Ein erstes Hilfspaket für die Banken in Osteuropa wurde bereits am Freitag auf den Weg gebracht: Die Weltbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und die Europäische Investitionsbank (EIB) teilten mit, sie würden für 2009 und 2010 insgesamt 24,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.
Merkel will mehr Hilfen für Autoindustrie
Bundeskanzlerin Merkel drang unterdessen darauf, der notleidenden Autoindustrie zusätzliche Kredite über die Europäische Investitionsbank (EIB) zur Verfügung stellen: "Ich werde vorschlagen, dass wir eventuell die Mittel bei der EIB noch aufstocken für moderne Antriebstechnologien." Die EIB hält für die Entwicklung umweltfreundlicher Autos in diesem und im kommenden Jahr Kreditlinien in Höhe von vier Milliarden Euro bereit. Autohersteller und -zulieferer können unter bestimmten Voraussetzungen auch auf andere Kreditlinien der Bank zurückgreifen, bis Ende März soll die Branche Darlehen in Höhe von insgesamt 6,8 Milliarden Euro erhalten.