Streit in der Eurogruppe EU-Sondergipfel abgesagt
Solange es keine Einigung über weitere Finanzhilfen für Griechenland gibt, ist auch ein EU-Gipfel sinnlos. Das Treffen der 28 am Abend ist daher abgesagt. Das gibt der Eurozone mehr Zeit, eine Einigung zu finden. Doch davon sind sie derzeit noch "meilenweit entfernt", berichtet ARD-Korrespondent Krause.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat den für heute Abend angesetzten Sondergipfel aller 28 EU-Staaten zur Griechenland-Hilfe abgesagt. Stattdessen werde es am Nachmittag nur ein ohnehin geplantes Gipfeltreffen der 19 Staats- und Regierungschefs der Euroländer geben, teilte Tusk auf Twitter ohne nähere Erläuterungen mit. Ihm zufolge dauert das Treffen so lange "bis wir die Gespräche zu Griechenland abschließen".
Die Absage ist nach Angaben eines EU-Diplomaten auf zähe Griechenland-Verhandlungen in der Eurogruppe zurückzuführen. "Wir brauchen so viel Zeit wie möglich, um die Gespräche in der Eurozone abzuschließen", zitiert die Nachrichtenagentur dpa den Diplomaten.
Ein schwerer Streit in der Eurogruppe über die Rettung des vor der Staatspleite stehenden Krisenlandes Griechenland hatte gestern eine Einigung verhindert. Die Euro-Finanzminister hatten rund neun Stunden beraten.
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte nach dem Abschluss der Beratungen: "Es ist immer noch sehr schwierig". Es habe eine "tiefgehende Diskussion" über die griechischen Reformvorschläge gegeben. Dabei sei es auch um "Glaubwürdigkeit und Vertrauen" gegangen. Dijsselbloem beklagte mangelnde Verlässlichkeit der Griechen.
Seit dem Vormittag beraten die Euro-Finanzminister wieder.
11.00 Uhr: Die Euro-Finanzminister setzen ihre abgebrochenen Beratungen fort.
16.00 Uhr: Sondertreffen der 19 Staats- und Regierungschefs der Euroländer.
18.00 Uhr: Hier war eigentlich der Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs aller 28 EU-Staaten angesetzt - der nun aber abgesagt wurde. Der Gipfel sollte über die Aufnahme von Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Hilfspaket entscheiden.
Morgen: Mit der Absage des EU-Sondergipfel steht auch der weitere Fahrpan infrage. Ursprünglich wollte das deutsche Finanzministerium am Montag, falls die Entscheidung des Gipfels positiv ausfällt, einen Antrag auf Sondersitzung des Bundestags stellen. Dieser sollte schon am Dienstag oder Mittwoch stattfinden.
Streit in der Eurogruppe
Doch die Eurogruppe ist "meilenweit von einer Einigung entfernt", berichtet ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause. Es gebe erhebliche Zweifel am Zahlenwerk der griechischen Regierung. Auch zweifelten die Minister mehrheitlich am Willen und an der Fähigkeit der Tsipras-Regierung, die Reformversprechen auch einzuhalten. Politik lebe von Vertrauen - und das sei zerstört.
Etwa die Hälfte der Euro-Finanzminister weigern sich, mit Griechenland Verhandlungen über ein drittes Rettungspaket aufzunehmen. Sie halten die Maßnahmen Athens für nicht ausreichend.
Zusammen mit Finnland, den Niederlanden, der Slowakei und den baltischen Staaten ist Finanzminister Wolfgang Schäuble Teil der Skeptiker. Gestern hatte Schäuble gesagt, dass die Vorschläge aus Athen "natürlich bei weitem nicht ausreichend" seien und einen "Grexit auf Zeit" ins Spiel gebracht.
Renzi an Deutschland: "Genug ist genug"
Für diesen Vorschlag wurde er aus Athen aber auch aus Rom deutlich kritisiert: Griechenlands Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis nannte die von Schäuble erwähnte fünfjährigen Auszeit seines Landes in der Eurozone ein "politisches Manöver". Damit werde eine Einigung in der Euro-Gruppe torpediert.
Auch der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi äußert scharfe Kritik an Deutschland. Eine Demütigung Griechenlands dürfe es nicht geben, sagt Renzi der Zeitung "Il Messaggero". "Italien will keinen Austritt Griechenlands aus dem Euro, und zu Deutschland sage ich: genug ist genug."