Kompromiss bei Pkw-Maut Stärkere Entlastung für saubere Autos
Sie gehört zu den umstrittensten Projekten der Großen Koalition: die von der CSU forcierte Pkw-Maut. Nach heftiger Kritik steht nun nach ARD-Informationen ein Kompromiss, der am Abend verkündet werden soll. Die SPD befürchtet Nachteile für deutsche Autofahrer.
Nach monatelangem Streit mit der EU-Kommission ist eine endgültige Einigung auf ein geändertes Modell für die deutsche Pkw-Maut in greifbarer Nähe. Der Kompromiss sieht nach ARD-Informationen eine stärkere Entlastung für deutsche Autofahrer mit besonders schadstoffarmen Wagen bei der Kfz-Steuer vor. Für sie soll die Steuer stärker sinken, als sie künftig an Maut zahlen müssen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur entspricht dies 100 Millionen Euro jährlich.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und die zuständige Kommissarin Violeta Bulc wollten sich am Nachmittag in Brüssel treffen, um den Kompromiss zu besiegeln. Danach soll die Öffentlichkeit informiert werden.
Günstigere Kurzzeitvignetten
Nach Informationen des ARD-Studios Brüssel soll der Preis für die günstigste Zehn-Tages-Kurzzeitvignette für ausländische Autofahrer 2,50 Euro kosten und nicht fünf Euro wie ursprünglich geplant. Außerdem soll es fünf und nicht nur wie ursprünglich vorgesehen drei Preisstufen bei den Kurzzeitvignetten geben. Auch inländische Autofahrer sollen weniger Mautgebühr für die Benutzung von Autobahnen und Bundesstraßen bezahlen als zunächst geplant.
Vom Tisch ist allerdings die 1:1-Entlastung für deutsche Autofahrer bei der Kfz-Steuer. Stattdessen sollen bei der Kfz-Steuer Halter besonders schadstoffarmer Fahrzeuge besonders stark entlastet werden. Es gibt also keine Bevorzugung deutscher Maut-Zahler und keine Diskriminierung ausländischer Benutzer deutscher Straßen. Dadurch soll Dobrindts neue Maut mit dem Europarecht vereinbar sein und die Bedenken der EU-Kommission ausgeräumt sein. Die hatte wegen der Mautgesetzgebung ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof angestrengt.
"SPD darf sich nicht zum Steigbügelhalter machen"
Der niedersächsische Verkehrsminister Olaf Lies kritisierte den bekannt gewordenen Kompromiss. Auf NDR Info appellierte der SPD-Politiker an seine Partei, das Vorhaben in Berlin zu blockieren. Die SPD dürfe sich jetzt nicht zum Steigbügelhalter für einen Bundesverkehrsminister machen, der mit aller Macht versuche, mit dem Kopf durch die Wand zu kommen. Der Kompromiss mit Brüssel sei kein politischer Erfolg, betonte der niedersächssiche Verkehrsminister. Die PKW-Maut verursache Kosten. Außerdem blute der Autofahrer, der sich nicht das neueste Auto leisten könne, so Lies.
"Lachnummer in ganz Europa"
Auch aus der Opposition kommt bereits scharfe Kritik. Dobrindt beglücke das Land mit einer Maut, die den Staat mehr koste als sie einbringe, kritisierte der Grünen-Politiker Oliver Krischer. Deutschland mache sich "mit der CSU-Maut zur Lachnummer in ganz Europa". Der Linken-Politiker Herbert Behrens zeigte sich skeptisch, ob die Maut in Deutschland tatsächlich kommt. Es sei unklar, ob der Kompromiss mit Brüssel die Verhandlungen in der Großen Koalition überstehe und es noch einen Gesetzentwurf gebe.
Einnahmen von jährlich 500 Millionen Euro
Trotz der geplanten Änderungen auf Drängen der EU soll die Maut laut dpa unter dem Strich weiterhin die bisher prognostizierten 500 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Dazu soll neben erwarteten Mehreinnahmen aus den Kurzzeittarifen auch beitragen, dass das Verkehrsaufkommen von Autos aus dem Ausland auf deutschen Straßen gestiegen ist.