EU-Parlament stimmt über Fluggastrechte ab Mehr Rechte für Reisende
Flugpassagiere sollen in der EU künftig mehr Rechte erhalten und diese auch leichter durchsetzen können. Dies ist das Ziel einer Verordnung, die das Europaparlament in erster Lesung verabschiedet hat. Die Forderungen des Parlaments gehen deutlich über die der Brüsseler Kommission hinaus, die nach Ansicht von Verbraucherschützern die Rechte von Fluggästen nicht verbessern, sondern deutlich schmälern würden.
Fliegen ist eine sehr beliebte Sache. Wenn da nicht der ständige Ärger mit Verspätungen oder verschwundenen Gepäckstücken wäre. Und wenn da nicht die großen Mühen wären, hinterher Entschädigungsansprüche bei den Fluggesellschaften auch durchzusetzen.
Nur einem Bruchteil der unzufriedenen Kunden gelingt das derzeit - was auch an den oft sehr unklaren rechtlichen Bestimmungen liegt. Die EU-Kommission hat daher letztes Jahr eine vollständige Überarbeitung dieser Bestimmungen vorgeschlagen. Sie ist dabei, nach Ansicht der EU-Parlamentarier, aber viel zu kurz gesprungen.
Entschädigungen nach wenigen Stunden Verspätung
"Der Entwurf war eindeutig nur auf die Profitinteressen der Airlines ausgerichtet und hat die Rechte der Fluggäste nicht beachtet", sagt Michael Cramer, Verkehrsexperte von den Grünen. Nicht jeder sieht es so drastisch wie Cramer. Aber Nachbesserungsbedarf sehen so gut wie alle Parlamentarier - vor allem bei den Entschädigungszahlungen im Falle von Flugverspätungen. "Die Kommission wollte, dass es bei innereuropäischen Flügen eine Entschädigung erst ab fünf Stunden Verspätung gibt. Im Parlament konnten wir durchsetzen, dass es schon ab drei Stunden eine Entschädigung gibt", so Cramer.
Bei längeren Flügen soll die Schwelle nach den Vorstellungen der Parlamentarier bei fünf Stunden und bei Interkontinentalflügen bei sieben Stunden liegen. Die Kommission hat da sogar 12 Stunden vorgeschlagen. Das würde dazu führen, dass wohl nur noch ein Drittel der derzeit bestehenden Entschädigungsansprüche erhalten bliebe.
Die Parlamentarier wollen außerdem die Möglichkeiten der Fluggesellschaften drastisch beschneiden, Entschädigungszahlungen mit dem Verweis auf außergewöhnliche Umstände zu verweigern. "Wir haben jetzt eine positive Liste mit sieben, acht ganz konkreten Punkten, die sagt, was höhere Gewalt ist. Und dazu gehört eben nicht, dass irgendwo eine Schraube locker ist", erläutert der SPD-Verkehrspolitiker Knut Fleckenstein.
"No-Show-Regel" soll abgeschafft werden
Die Parlamentarier wollen außerdem die umstrittene "No-Show-Regel" kippen, bei der Airlines Passagieren den Rückflug verwehren, weil sie den Hinflug nicht angetreten haben. "Das wird es nicht mehr geben", sagt der CDU-Politiker Dieter-Lebrecht Koch.
Verkehrspolitiker Fleckenstein findet noch etwas anderes wichtig: "Es muss eine Durchsetzungsstelle geben, die Menschen auch hilft, ihr Recht zu bekommen und man nicht erst mühsam den gerichtlichen Weg gehen muss. Und es muss Fristen geben. Wenn man etwas bei den Airlines fordert und zwei Monate keine Antwort bekommen hat, dann ist das ein Eingeständnis der Airline, dass man Recht hat", sagt Fleckenstein. Schon auf dem Flughafen sollen die Airlines künftig einen Kontaktpunkt für unzufriedene Reisende einrichten. Dort müssen dann auch gleich die Beschwerdeformulare ausliegen.
Die Fluggesellschaften laufen Sturm gegen die Pläne der Parlamentarier, die enorme Kosten verursachen würden. CDU-Politiker Koch hat dafür ein gewisses Verständnis. "Ich will auch, dass unsere Fluggesellschaften überleben können", sagt er. Der Grünen-Politiker Cramer hat da wesentlich weniger Mitgefühl mit den Airlines. Die Fluggesellschaften bekommen jedes Jahr in Europa 30 Milliarden Euro vom Steuerzahler geschenkt, weil sie im Gegensatz zur Bahn von der Kerosinsteuer und bei Auslandsflügen von der Mehrwertsteuer befreit sind", sagt Cramer.
Verhandlungen mit den EU-Regierungen stehen bevor
Was von den weitgehenden Vorstellungen des Parlaments am Ende tatsächlich Gesetzeskraft erlangt, muss sich aber ohnehin erst zeigen. Denn nach der heutigen Abstimmung gehen erst mal die Verhandlungen mit den Vertretern der EU-Regierungen los. Und da denkt so mancher, dass die Parlamentarier wohl etwas zu viel des Guten für die Flugreisenden wollen.