Energieversorger-Markt in der EU Etappe auf dem Weg zur Entflechtung
Strom und Gas sollen für Europas Verbraucher billiger werden. Die Energieversorger sollen deshalb nicht gleichzeitig die Leitungsnetze besitzen dürfen. Darauf haben sich die Energieminister bei einem Treffen in Luxemburg geeinigt. Deutschland ist mit dem Kompromiss nicht glücklich - auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Von Michael Becker, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Am Anfang stand dieser Gedanke: In Brüssel war man überzeugt davon, dass Strom und Gas innerhalb Europas teurer sind als nötig. Der Grund: zu wenig Wettbewerb. Um das zu ändern, hatte die EU-Kommission einen radikalen Schnitt vorgeschlagen: Den Energiekonzernen in Europa sollten die Leitungsnetze weggenommen werden. Dass diese nicht nur Energie produzieren, sondern auch die Hoheit über den Vertrieb haben, war Brüssel ein Dorn im Auge. Konkurrenzanbieter hätten dadurch keinen wirklichen Zugang zum Markt.
In Großbritannien und den Niederlanden hat man diese Entflechtung schon hinter sich – mit durchweg positiven Ergebnissen, meinte die Kommission. Doch die Pläne wurden vom ersten Tag an massiv bekämpft, vor allem von Deutschland und Frankreich.
"Es ging darum, die Bedeutung und die Größe von Europa zu nutzen, um die Versorgungssicherheit für die Bürger zu garantieren, verbunden mit den besten Preisen und das auf die sauberste Art und Weise", sagte EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. Er ist zufrieden, obwohl der Kompromiss, der nun verabschiedet wurde, weit weg ist von dem, was Brüssel ursprünglich wollte.
Deutschland und Frankreich waren für Aufweichung
Auf Druck Deutschlands, Frankreichs und einer Hand voll anderer EU-Länder wurde das ursprüngliche Konzept geändert: Die Energiekonzerne müssen nicht enteignet werden. Sie dürfen ihre Leitungsnetze behalten, wenn sie das wollen. Sie müssen allerdings die Hoheit über die Netze an eine mehr oder minder unabhängige Tochtergesellschaft abgeben.
Auf diesen Grundsatz hatten sich die EU-Länder bereits im Juni geeinigt. Jetzt wurden nur noch die letzten Detailfragen geklärt. "Es können verschiedene Modelle der Entflechtung nebeneinander bestehen", betonte der Energiekommissar noch einmal.
E.ON und Vattenfall fallen Berlin in den Rücken
Zum Ärger der Bundesregierung haben sich zwei der vier großen Energiekonzerne in Deutschland aber bereits entschlossen, dem Druck aus Brüssel nachzugeben - und sind Berlin damit quasi in den Rücken gefallen: E.ON und Vattenfall haben bereits angekündigt, ihre Leitungsnetze für Strom verkaufen zu wollen. Die beiden anderen, RWE und EnBW, wollen ihre Netze dagegen behalten.
Das Europaparlament ist mit dem Energiepaket, so wie es jetzt auf dem Tisch liegt, allerdings unzufrieden. Dort ist der Kompromiss vom Juni bereits bei Abstimmungen in Teilen durchgefallen. Ohne die Zustimmung der Parlamentarier ist der ganze Handel aber nichts wert.
Mehr als ein Etappensieg war das also heute nicht - wie der Strom- und Gasmarkt in Europa am Ende aussehen wird, ist noch immer nicht sicher. Und ob Energie am Ende für den Verbraucher günstiger wird, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.