Maschinen- und Anlagenbau Aufbruch in klimafreundliche Zeiten
Der Maschinen- und Anlagenbau gehört zu Deutschlands Vorzeigebranchen - allerdings nicht unbedingt beim Thema Klimaschutz. Geht es auch anders?
Theo Düppre, Gründer und Chef der High-Tech-Firma Wipotec, ist voller Stolz, als er seine Werkhallen präsentiert. Hier entwickeln und fertigen 900 Beschäftigte Spezialwaagen für die Fließbänder von Bayer, Lego oder Nestlé.
In einer dieser Hallen arbeiteten Monteure im Winter immer wieder kniend oder liegend auf eiskaltem Boden. Das war schlecht für die Gesundheit. Eine Fußbodenheizung musste her, entschied damals der Chef. Und deren Wärme sollte aus anderen Quellen als bisher kommen.
Aus Arbeitsschutz wurde Umweltschutz
Statt auf Gas oder Öl setzte Düppre auf Erdwärme, die in Verbindung mit Wärmepumpen im Sommer sogar Kühlung bringt. Auf lange Sicht ist das kostengünstiger, zugleich aber auch ohne klimaschädliches Kohlendioxid.
Das war im Jahr 2008. Im Laufe der Jahre hat Wipotec in weitere Anlagen investiert, um Wärme- und Kälteenergie zu gewinnen: Mithilfe der Sonne, der Abwärme und Kälte von Regenwasser, der Abwärme der eigenen Server und auch der der Anlagen zur Drucklufterzeugung für die Maschinen in der Produktion.
So spart das Unternehmen aus Kaiserlautern nach eigenen Angaben allein bei der Klimatisierung von Produktionshallen und Büros inzwischen 128.000 Euro pro Jahr für Gas und vermeidet damit jährlich den Ausstoß von rund 60 Tonnen CO2.
Die Beschäftigten bei Wipotec müssen viel auf dem Boden arbeiten. Schon 2008 baute die Firma deshalb eine Erdwärmepumpe ein.
Mehrheitlich Fehlanzeige beim Klimaschutz
Düppres Unternehmen geht zwar mit gutem Beispiel voran; sein Betrieb wird schon im kommenden Jahr, fast 20 Jahre früher als vorgegeben, vollständig CO2-frei sein. Bei der Mehrheit der Betriebe allerdings sieht es in Sachen Klimaschutz nicht so positiv aus.
Das ehrgeizige Ziel im Maschinenbau ist es, bis 2045 CO2-frei zu sein. Das sei gut erreichbar, meint zwar dessen Lobby-Verband - ganz so, wie es die Bundesregierung für das ganze Land vorgibt. Viel schneller müsse es gehen, sagen dagegen Klimaexperten, weil durch den Klimawandel die Zahl der Naturkatastrophen schon heute rasant steigt.
Schneller Gewinn statt Umweltschutz?
Unternehmen wie Wipotec sind im Maschinenbau offenbar die große Ausnahme, kritisiert auch Karsten Neuhoff vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Dabei sei die Branche bisher weltweit einer der Spitzenreiter und müsste Wegbereiter einer klimaneutralen Industrie sein.
Aber allzu viele Maschinenbauer, so Neuhoff, investierten offenbar lieber dort, wo sie kurzfristig Gewinne realisieren könnten, statt in einen längerfristig profitablen Klimaschutz. Das untermauern auch aktuellste Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Danach ist der CO2-Ausstoß zwar erst im Jahresvergleich 2008 zu 2015 kräftig gesunken, dann aber wieder angestiegen: Bis 2021 um rund acht Prozent.
Diese Entwicklung bestreitet auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer nicht. Zu erklären ist dies laut Matthias Zelinger, Energie- und Umweltexperte des Verbands, damit, dass die Produkte komplexer und die Verfahren aufwändiger geworden seien.
Gebäudewärme erzeugt größte Emissionen
Wenig überzeugend, denn nach eigenen Angaben des Verbandes der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer sind in der Branche mehr als 70 Prozent des CO2-Ausstoßes auf die Heizung der Gebäude zurückzuführen. Das aber habe mit komplexen Produkten oder aufwendigen Verfahren überhaupt nichts zu tun, so DIW-Forscher Neuhoff.
Der Bundesvorstand der IG-Metall, Jürgen Kerner, sieht ganz andere Gründe: Es gebe bei der Umsetzung der Klimaschutz-Ziele, bis 2045 CO2-frei zu produzieren, einfach keine Managementstrategien zur Umsetzung wie bei Wipotec. Aus seiner Sicht ist "der große Teil der Maschinenbauer dabei sehr, sehr zögerlich".
Mit einem einem eigenen kleinen Solarpark gewinnt Wipotec seinen eigenen Strom.
2025 kein Gramm CO2-Ausstoß mehr
Wipotec dagegen zeigt, was praktisch möglich ist. Wobei das Unternehmen sehr genau darauf schaut, dass sich auch Investitionen in Klimaschutz rentieren. Das gilt auch für die Entscheidung, Strom aus Photovoltaik und Wind zu gewinnen. Dazu baut Wipotec aktuell einen Stromspeicher, um künftig auch bei Dunkelheit oder in Zeiten mit wenig Wind den Stromverbrauch zu decken.
Im Vergleich zu 2008, als alles begann, vermeidet Wipotec heute schon 93 Prozent des früheren CO2-Ausstoßes. Im nächsten Jahr, so der Plan von Firmenchef Düppre, wird seine Firma für kein Gramm Kohlendioxid mehr verantwortlich sein. Getreu dem Firmenmotto: "Geht nicht gibt’s nicht".