IAA Mobility in München Wann schaffen E-Autos den Durchbruch in Deutschland?
Bei der Messe IAA Mobility in München setzen die Autobauer besonders ihre E-Autos in Szene. Die Botschaft: Die Zukunft ist elektrisch. Doch wann kommt der angekündigte Durchbruch der E-Mobilität?
Zur IAA, die früher eine reine Automesse war und sich jetzt mit dem Namenszusatz Mobility ganz der nachhaltigen Mobilität verschrieben hat, zeigen die deutschen Hersteller, wie die Autos der Zukunft aussehen: digital, nachhaltig und vor allem elektrisch.
Mercedes-Benz etwa enthüllt den neuen CLA und spricht vom elektrischen "Ein-Liter-Auto" angesichts eines Verbrauchs von lediglich zwölf Kilowattstunden (kWh) auf 100 Kilometern. Zwar handelt es sich noch um ein Konzeptfahrzeug, das aber "seriennah" ist, also in nicht allzu ferner Zukunft in Produktion gehen soll.
Gleiches gilt für den BMW Vision Neue Klasse mit einem elektrischen Antriebsstrang, der unter anderem 30 Prozent schnelleres Laden und 30 Prozent mehr Reichweite im Vergleich zu heutigen Technologien verspricht. In zwei Jahren sollen die Autos auf der Straße sein. Volkswagen kündigt elf neue vollelektrische Modelle bis 2027 an. Ähnlich sieht es bei anderen Herstellern aus. Die Autokonzerne hierzulande scheinen ihre Hausaufgaben gemacht zu haben.
Ziel der Bundesregierung: 15 Millionen E-Autos bis 2030
Auch die Zulassungszahlen der sogenannten BEV (Battery Electric Vehicles), also Autos, die rein elektrisch fahren, steigen in Deutschland deutlich. Im Juli 2023 waren laut Kraftfahrtbundesamt bereits 20 Prozent der Neuzulassungen E-Autos. Sieht man sich den Bestand der zugelassenen Fahrzeuge an, stellt sich die Situation zum Stichtag 1. Juli allerdings anders dar. Mit einem Anteil von 2,4 Prozent und einem Bestand von 1,17 Millionen Fahrzeugen sind die Batterie-Autos immer noch die Ausnahme auf deutschen Straßen.
Das will die Bundesregierung ändern. Bis 2030 möchte die Ampel mindestens 15 Millionen BEV auf deutschen Straßen sehen. Nach Kalkulationen des Centers of Automotive Management (CAM) ist dieses Ziel allerdings nicht erreichbar; realistisch seien bis dahin nur etwa sieben bis acht Millionen Batterie-Autos. Woran hakt es?
Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR), macht in dem Zusammenhang besonders eine "aktionistische Förderpolitik der Berliner Koalition" und das zu schnelle Absenken der Kaufprämie für E-Autos verantwortlich. Seit dem 1. September können nur noch Privatpersonen den "Umweltbonus" beantragen. Unternehmen, aber auch Selbstständige profitieren dann nicht mehr davon. Ab 2024 werden nur noch Fahrzeuge gefördert mit einem maximalen Basislistenpreis von 45.000 Euro. Bereits zum Jahresbeginn wurde die Förderung für Plug-In-Hybride vom zuständigen Bundeswirtschaftsministerium gestrichen. Ein Fehler in den Augen von Dudenhöffer: "Habeck macht für die deutschen Autobauer das Elektroauto in Deutschland kaputt", so sein hartes Fazit.
Keine Förderung für Kleinstautos
Auch von anderer Seite kommt seit Längerem Kritik an der Förderung: Leichtelektromobile mit einem Leergewicht von bis zu 450 Kilogramm (ohne Batterien) und einer maximalen Leistung von 15 Kilowatt sind ausgeschlossen vom "Umweltbonus". Die Hersteller dieser "Mikroautos" der EU-Fahrzeugklasse L7e sehen in Deutschland einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber den größeren Autos.
"Wir brauchen endlich Anreize für kluge Verkehrsangebote und Anreize zur Verkleinerung unserer Autos. Elektrische Leichtfahrzeuge sind ideal für den Stadtverkehr, benötigen nur die halbe Parklücke und sparen eine Menge Material und CO2 schon bei der Produktion. Länder wie Italien, Holland, Griechenland fördern diese", beklagt Hans-Peter Kleebinder, Chief Brand Guardian beim Schweizer Hersteller des Microlinos, eines Leichtfahrzeugs, das wie eine moderne Version der BMW-Isetta aus den 1950er-Jahren aussieht. Zusammen mit anderen europäischen Herstellern will das Schweizer Unternehmen auf der IAA für die kleinsten E-Autos werben und für entsprechende Förderungen.
Knackpunkt Ladeinfrastruktur
Weitere Baustelle auf dem Weg in die elektromobile Zukunft ist die Ladeinfrastruktur. Laut Zahlen der Bundesnetzagentur standen in Deutschland zum 1. Juni genau 92.672 öffentliche Ladepunkte für E-Autos zur Verfügung; davon war aber nicht einmal jeder fünfte ein Schnellladepunkt. Wenn die Entwicklung der Ladepunkte mit den Zulassungszahlen bei den E-Autos mithalten soll, muss sich die Zahl der Lademöglichkeiten in den kommenden Jahren vervielfachen. Doch hier geht es viel zu langsam vorwärts, wie die Autobranche immer wieder moniert - trotz zahlreicher Initiativen der Energieversorger und der Autohersteller selbst und eines "Masterplans" der Bundesregierung.
Beim Ausbau privater Ladestationen geht die Regierung - pünktlich zur IAA - mit einer neuen Maßnahme in die Offensive. Das Bundesverkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) hat einen Fördertopf von 500 Millionen Euro aufgelegt. Ab dem 26. September können rund 10.000 Euro Förderung beantragt werden für eine E-Auto-Ladestation in Verbindung mit einer neuen Photovoltaik-Anlage und einem Stromspeicher. Zuständig für die Abwicklung ist die Förderbank KfW. Es gibt aber einige Hürden: Die Technik muss komplett neu angeschafft werden. Voraussetzungen sind unter anderem ein eigenes Haus und ein eigenes E-Auto.
Es bleibt aber ein entscheidender Punkt: Nur mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur, besonders von Schnellladepunkten, kann die Elektromobilität gelingen. Immerhin helfen hier neue Ladetechnologien, die zum Beispiel beim neuen CLA von Mercedes-Benz versprechen, 400 Kilometer Reichweite in nur rund 15 Minuten zu "tanken".
Inflation als Bremse für die E-Mobilität
Die Liste der Herausforderungen, die es auf dem Weg zum flächendeckenden Erfolg der Elektromobilität zu meistern gilt, ließe sich fortsetzen. Da ist zum Beispiel die Frage der Rohstoffe für die Batterien. Die werden in der Hauptsache außerhalb Europas gewonnen. Schon lange warnen Automanager in diesem Zusammenhang vor einer Abhängigkeit - zum Beispiel von China - und sehen sich nach Beteiligungen an entsprechenden Minen um.
Aber auch die steigenden Preise bremsen laut Automobilbranche die E-Mobilität aus. Hildegard Müller, Präsidentin des VDA, des Verbandes der Automobilindustrie, der die IAA ausrichtet, erklärt: "Die hohe Inflation und Konjunktursorgen - das macht den Menschen zu schaffen. Und da wird die Anschaffung eines neuen Autos dann auch besonders überlegt."
Doch trotz aller Haken und Ösen: Die neue Technologie ist in Europa quasi "zum Erfolg verdammt" - und der Zeitplan steht auch. Denn: 2035 dürfen in der EU keine Neuwagen mehr verkauft werden, die mit fossilem Diesel oder Benzin fahren.
Helfen chinesische Hersteller beim Durchbruch?
Auch das ist ein Grund, warum chinesische Autobauer den europäischen Markt ins Visier nehmen. Während China beim E-Auto früher vor allem gewaltiger Absatzmarkt und Produktionsstätte für Hersteller aus dem In- und Ausland war, drängen die Konzerne von dort nun mit vielen Modellen auf den europäischen Markt. Auf der IAA sind sie dieses Jahr so prominent wie noch nie vertreten.
Während man einige internationale Schwergewichte wie zum Beispiel Toyota vergebens auf der Ausstellerliste sucht, präsentieren sich chinesische Hersteller wie BYD (Build Your Dreams) auf der IAA mit Ambitionen. Das Unternehmen hat erst kürzlich die Marktführerschaft auf dem chinesischen Markt errungen und will jetzt vor allem Autos exportieren - auch nach Europa.
"Die Chinesen kommen nach Europa. Und sie werden viel schneller sein als zum Beispiel die Koreaner oder die Japaner. Sie kommen mit Tesla-Tempo, mit chinesischem Tempo. Hier steht uns etwas bevor", prognostiziert Automobilexperte Dudenhöffer. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis hier auch chinesische Automobilwerke entstehen.
Deutsche Konzernchefs geben sich gelassen
Die chinesische Herausforderung nehmen die deutschen Hersteller angesichts ihrer neu entwickelten Elektroautos offenbar recht gelassen an. Oliver Zipse, Vorstandsvorsitzender der BMW AG, sagt: "Die [chinesischen Hersteller] kommen jetzt her, genauso wie wir vor 20 Jahren nach China gegangen sind und dort Fabriken aufgebaut haben. Und es wäre doch ein starkes Signal, wenn hier Fabriken entstehen würden, dass die Standortbedingungen hier so sind, dass man hier auch neue Arbeitsplätze schaffen kann. Ich bin da relativ gelassen, weil BMW immer in einem Wettbewerb steht."
VW-Chef Oliver Blume vergleicht es mit einem sportlichen Wettbewerb: "Je besser der Wettbewerb ist, desto besser muss ich selbst sein. Und das Ganze ist dann immer im Sinne des Kunden." Tatsächlich werden von einem verstärkten Wettbewerb die profitieren, die sich ein E-Auto anschaffen. Und die Transformation zur Elektromobilität wird beschleunigt. Bleiben die Rahmenbedingungen, die der Staat schaffen muss, um den Umstieg auf Batterie-Autos attraktiv zu machen, damit der Durchbruch der Mobilität gelingt.