Deutschlands größte Flusswärmepumpe Heizen mit Rheinwasser
In Mannheim können seit dieser Woche rund 3.500 Haushalte ihre Wärme emissionsfrei aus dem Rhein beziehen. Deutschlands größte Flusswärmepumpe könnte zum Vorbild vieler kommunaler Wärmenetze werden.
Auf den ersten Blick ist die neue Flusswärmepumpe gar nicht zu erkennen. Während sich die technologische Innovation in einer schlichten grauen Industriehalle versteckt, schrauben sich ringsherum die vier Blöcke des Großkraftwerks Mannheim in die Höhe. Denn noch entsteht hier im Mannheimer Süden Strom und Wärme vor allem durch die Verbrennung von Steinkohle. Das soll sich bis Ende des Jahrzehnts ändern.
"Bis 2030 werden wir unsere Fernwärme in Mannheim und der Region vollständig aus klimafreundlichen Energiequellen erzeugen", sagt der Vorstandsvorsitzende der Mannheimer Energieversorgers MVV, Georg Müller. Der Weg bis dahin ist durchaus sportlich, gibt der Chef des lokalen Energieunternehmens zu. "Wir müssen hundert Prozent Kohlewärme durch einen Mix aus erneuerbaren Energien ersetzen." Dazu setze man neben Flusswärme etwa auf Erdwärme und Restwärme aus der Abfallverwertung.
Fünf Grad im Rheinwasser, 99 Grad bei Fernwärme
Im Inneren der grauen Industriehalle erstreckt sich über zwei Etagen ein weitläufiges Rohrsystem, das Rheinwasser, Kältemittel und Fernwärme in Kreisläufen miteinander verbindet. Die XXL-Wärmepumpe funktioniert im Grundsatz so, wie die Luftwärmepumpe im Eigenheim: Aus der Umgebungswärme wird mittels Wärmetauscher und dem Einsatz von Strom Wärme zum Heizen erzeugt.
Statt die Wärme der Luft nutzt das Flusskraftwerk hier das warme Rheinwasser. Der Wärmetauscher entnimmt die darin enthaltene Wärme. Das dann um circa zwei bis drei Grad abgekühlte Flusswasser geht zurück in den Rhein. Die entnommene Wärme wird in der Wärmepumpe komprimiert und kann nun - in einem weiteren Kreislauf - das Wasser des Fernwärmenetzes auf bis zu 99 Grad erhitzen. Damit kann dann geheizt werden. Das funktioniere sogar noch dann gut, wenn der Rhein im Winter nur rund fünf Grad warm ist, so die Betreiber.
Große Wärmepumpen - großes Potential
Das Potential solcher Großwärmepumpen sei riesig, sagt Fabian Ahrendts vom Fraunhofer Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) in Cottbus. Er spricht von einem "schlafenden Riesen", der geweckt werden müsse. "Wärmepumpen sind die effizienteste Weise, in einem grünen Energiesystem Wärme bereitzustellen. Das Potential haben wir noch nicht vollständig ausgeschöpft."
Großwärmepumpen an Flüssen sind in Skandinavien seit vielen Jahren im Einsatz. In Deutschland sind große Anlagen zur Versorgung von mehreren Hundert oder sogar Tausenden Haushalten mit Wärme außer in Mannheim auch in Berlin, Hamburg, Stuttgart und Rosenheim in Betrieb genommen worden beziehungsweise in Planung.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie betont Ahrendts, dass Deutschland bis 2045 seinen gesamten Wärmebedarf durch den Einsatz von Großwärmepumpen decken könne. Voraussetzung für den klimaneutralen Betrieb sei dabei aber der Einsatz von "grünem" Strom, also Wind- oder Sonnenenergie.
Doch warum wird erst jetzt in neue Wärmepumpen-Kraftwerke investiert? "Bislang hat es sich nicht gerechnet. Wenn man einfach die Preise für die Energie verglichen hat, dann war der Einsatz dieser Technologie noch nicht wirtschaftlich. Das ist aber jetzt anders", sagt MVV-Chef Müller. Das hängt auch mit dem steigenden CO2-Preis zusammen.
Tausende Tonnen CO2 werden eingespart
Mit der jetzt in Betrieb genommenen Flusswärmepumpe könne man in Mannheim 3.500 Haushalte mit "grüner" Fernwärme versorgen, heißt es vom Betreiber MVV. In den Sommermonaten könne man sogar den kompletten Fernwärmebedarf "grün" abdecken. Die bislang größte Anlage in Deutschland hat eine Leistung von 20 Megawatt und spart nach Unternehmensangaben jährlich 10.000 Tonnen CO2 ein.
Dass sie ausgerechnet an der Stelle steht, wo heute noch Steinkohle als Energiequelle Nummer eins genutzt wird, hängt mit der Infrastruktur zusammen. "Hier am Standort des Großkraftwerks gibt es einerseits eine vorhandene Infrastruktur, um Fernwärme einzuspeisen, und es gibt einen Fernwärmespeicher", sagt Vorstandsvorsitzender Müller. Das vom Bund geförderte Projekt als "Reallabor der Energiewende" könnte zum Vorbild vieler Kommunen werden - vorausgesetzt sie liegen am Wasser.