Einigung bei EU-Gipfel Draghi soll die EZB aus der Euro-Krise führen
Lange wurde gestritten, nun steht der neue Chef der Europäischen Zentralbank fest: Der italienische Notenbank-Chef Draghi soll in den schwierigen Zeiten der Eurokrise das Ruder übernehmen. Er tritt damit die Nachfolge von Trichet an. Im Gegenzug rückt nun ein Franzose ins EZB-Direktorium auf.
Der Italiener Mario Draghi ist von den EU-Staats- und Regierungschefs zum neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) ernannt worden. Das teilte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy während des EU-Gipfels mit.
Die EU-Kommission hatte auf eine Entscheidung gedrängt, um eine weitere Unsicherheit zusätzlich zu der kritischen Lage der griechischen Staatsfinanzen zu vermeiden. Offen blieb zunächst, ob diese Formulierung bereits die förmliche Ernennung Draghis umfasst. Der Gipfel hatte zuvor erwogen, wegen eines Postenstreits zwischen Rom und Paris die endgültige Ernennung zu verschieben. Draghi soll nun im November an der Spitze der EZB die Nachfolge des Franzosen Jean-Claude Trichet antreten und die europäische Notenbank für acht Jahre führen.
Der 63-jährige Römer Draghi ist Präsident der italienischen Notenbank Banca d'Italia und gilt als ausgewiesener Fachmann für Geld- und Währungspolitik. Er hat sich bereits als Chef des von den G20 eingesetzten Financial Stability Boards (FSB) einen Namen gemacht.
Widerstand der Franzosen
Die Entscheidung hatte eigentlich schon gestern am ersten Gipfeltag fallen sollen, wurde aber von Frankreich zunächst blockiert. Präsident Nicolas Sarkozy hatte gefordert, dass Rom nach der Bestellung Draghis auf jenen Sitz im EZB-Direktorium verzichtet, den bisher der Italiener Lorenzo Bini Smaghi innehat. Auf diesen Sitz soll ein Franzose rücken, weil Paris sonst nach dem Ausscheiden von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet überhaupt nicht mehr in der EZB-Führung vertreten wäre. Das hatte Smaghi zunächst abgelehnt, nun aber eingelenkt. Der Italiener war seit Juni 2005 Mitglied des Direktoriums der EZB.
Ungeschriebene Gesetze der EZB
Frankreich besteht wie alle großen Länder darauf, in dem Spitzengremium dauerhaft vertreten zu sein. Nationale Interessen sollen bei der politisch unabhängigen Zentralbank eigentlich keine Rolle spielen. Doch nach einem ungeschriebenen Gesetz haben Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien einen Anspruch auf dauerhafte Vertretung an der EZB-Spitze. Auf den übrigen beiden Posten dürfen die Zentralbanker aus den kleineren Ländern rotieren. Über die Zinsen entscheiden alle 17 Euro-Staaten im EZB-Rat, dem die nationalen Notenbankpräsidenten neben den sechs Direktoriumsmitgliedern angehören. Deutschland hatte lange Zeit im Rennen um die Nachfolge Trichets die Nase vorn, verlor mit dem Rückzug Axel Webers vom Amt des Bundesbankpräsidenten im April aber seinen Kandidaten.
Unklarheit über Ernennung
Die Gipfelrunde hatte zunächst erwogen, nur eine politische Entscheidung zugunsten Draghis zu treffen, die verbindliche Ernennung jedoch aufzuschieben. Da die Zentralbank unabhängig sein soll, kann die Politik Direktoriumsmitgliedern eigentlich nicht vorschreiben, ihren Posten vorher zu räumen. Die Amtszeiten der Direktoriumsmitglieder sind laut Statut der Notenbank auf acht Jahre festgelegt.