Streit über Glasfaserausbau Konkurrenten beschweren sich über Telekom
Der Ausbau des Glasfasernetzes geht in Deutschland trotz hoher Fördersummen nur schleppend voran. Wettbewerber werfen der Deutschen Telekom vor, den Ausbau durch ihr Geschäftsgebaren zu bremsen.
Wettbewerber werfen der Deutschen Telekom vor, den Glasfaserausbau in Deutschland zu behindern. In einem Brandbrief an Digitalminister Volker Wissing (FDP) monieren die Unternehmen, die Telekom bremse durch "strategische Manöver" den Glasfaserausbau aus und gefährde damit die Breitband-Ziele der Bundesregierung.
Es steht der Vorwurf im Raum, die Telekom plane oder baue Leitungen, obwohl ihr der Zugang zu Leitungen der Konkurrenz zur Verfügung stünde. Mit dem Vorgehen konterkariert die Telekom aus Sicht der Breitband-Verbände Anga, Breko, Buglas und VATM sowie dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) die Geschäftspläne anderer ausbauender Unternehmen.
Eine Glasfaser ist ein sehr dünner Glasfaden, der in der Telekommunikation häufig als Lichtwellenleiter für Highspeed-Internet verwendet wird. Die Daten werden dabei nahezu in Lichtgeschwindigkeit übertragen.
Da bei Glasfaserkabeln die Übertragung optisch erfolgt, ist bei diesen Anschlüssen eine deutliche höhere Bandbreite für die Datenübertragung möglich. Außerdem bietet Glasfaser eine stabile Leistung und ist weniger anfällig für Störungen - selbst wenn viele Nutzer gleichzeitig darauf zugreifen.
Ausbau geht nur langsam voran
Seit rund einem Jahr treibt die Deutsche Telekom den Glasfaserausbau hierzulande voran. Allein dieses Jahr wolle man drei Millionen Haushalte anschlussfähig machen, sagte Konzernchef Tim Höttges im Februar. Jahrelang hatte sich die Telekom vor allem auf die Optimierung von vorhandenen Kupferleitungen konzentriert.
Das Bilanz ist bislang ernüchternd: Einen der letzten Plätze belegte Deutschland in einer Rangliste der OECD im vergangenen Sommer - gerade einmal 8,1 Prozent der Haushalte hierzulande waren an Glasfaserkabel angeschlossen.
Zwar hat sich der Anteil nach Angaben der OECD im Vergleich zum Sommer 2020 fast verdoppelt. Doch andere Industriestaaten stehen deutlich besser da. In Südkorea lag die Zahl der Glasfaseranschlüsse im Juni 2022 bereits bei fast 90 Prozent, in Litauen waren fast 80 Prozent der Haushalte an Glasfaser angeschlossen und in Slowenien 50 Prozent. Die Bundesregierung hat das Ziel gesetzt, Glasfaser hierzulande bis 2030 flächendeckend auszubauen.
Doppelter Ausbau
Doch bislang ist davon in vielen Gemeinden noch nichts zu spüren. Es gibt aber Ausnahmen wie den brandenburgischen Ort Glienicke: Dort sind Bewohner gleich doppelt versorgt. Neben dem lokalen Anbieter DNS:NET hat auch die Telekom eigene Glasfaserleitungen verlegen lassen.
Ähnliches spielte sich in der schwäbische Gemeinde Gablingen ab: Dort hatte die Telekom ursprünglich geplant, erst im Jahr 2025 schnelle Glasfaserleitungen zu verlegen. Doch nachdem der Wettbewerber Deutsche Glasfaser seine Kabel verlegt hatte, änderte die Telekom ihre Pläne und begann, eigene Glasfaserkabel zu verbauen.
Die Wettbewerber monieren das Verhalten der Telekom: "Zurück bleiben Kommunen, die am Ende oft nur teilweise von der Telekom ausgebaut werden, und Bürgerinnen und Bürger ohne Glasfaseranschluss". Dies betreffe nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen mehr als die Hälfte der Postleitzahlen-Regionen Deutschlands.
Der Ausbau des Glasfasernetzes wird unter anderem durch Fördermittel vom Bund mitfinanziert. In den kommenden Jahren will die Regierung dafür jährlich weitere rund 3 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Mit diesen Mitteln werden 50 bis 70 Prozent der Kosten des geförderten Gigabitausbaus in Gebieten ohne privatwirtschaftliche Ausbauperspektiven finanziert. Die übrigen Kosten tragen die Kommunen und die Bundesländer.
Wird der Glasfaser-Anschluss in ein Gebäude gelegt, kostet der reine Anschluss in der Regel zwischen 500 bis 1000 Euro. Den müssen sich Hausbesitzer aber nicht legen lassen, wenn sie keinen Anschluss wollen.
Unfaires Agieren der Telekom
Thilo Höllen, der für die Breitbandkooperationen der Telekom zuständig ist, weist diese Vorwürfe in einem Gastbeitrag des "Tagesspiegel Background" zurück: "Der sogenannte Überbau macht einen Bruchteil des Netzausbaus in Deutschland aus. Im vergangenen Jahr bei der Telekom unter einem Prozent." Es sei also kein Massenphänomen, über das hier diskutiert werde. Zudem sei der Überbau sogar "kartellrechtlich geboten, denn Gebietsabsprachen wären wettbewerbswidrig".
Die Telekom-Wettbewerber halten diese Argumentation für fadenscheinig und beklagen sich über ein unfaires Agieren eines marktbeherrschenden Unternehmens. Durch Ankündigung oder den tatsächlichen punktuellen Ausbau nur in besonders lukrativen Gebieten würden Investitions- und Ausbaupläne von Wettbewerbern für die Versorgung ganzer Kommunen im Rahmen einer Mischkalkulation unrentabel.
Doppelbau wird derzeit geprüft
Die Telekom-Konkurrenten fordern in dem Brief an Wissing, das Problem gemeinsam mit der Telekommunikation-Branche, der Bundesnetzagentur und dem Kartellamt anzugehen. Eine Gelegenheit dazu dürfte sich bald ergeben: Das Digitalministerium hat nach Angaben eines Sprechers das Beratungsunternehmen WIK-Consult aus Bad Honnef beauftragt, den umstrittenen Doppelbau unter die Lupe zu nehmen.
Dabei sollen konkrete Überbau-Beispiele untersucht und eingeordnet werden. Die Ergebnisse würden voraussichtlich Mitte Mai mit dem Ministerium und den Beteiligten bei einem gemeinsamen Termin präsentiert und diskutiert. Daran teilnehmen sollen Vertreter der Branche, der Bundesnetzagentur sowie der öffentlichen Hand.