Konferenz der Verkehrsminister Zukunft des Deutschlandtickets weiter ungewiss
Bund und Länder haben sich nicht über die wacklige Zukunft des 49-Euro-Tickets einigen können. Einnahmeausfälle und Fachkräftemangel sind für die Verkehrsbetriebe ein ungelöstes Problem.
Seit fast sechs Monaten gibt es nun das Deutschlandticket. Quer durchs Land mit einem einzigen festen Tarif - das gab es vorher so nicht. Für die Politik und Verkehrsunternehmen ist es ein Erfolgsmodell. Rund elf Millionen Menschen nutzen das Ticket jeden Monat, darunter sind acht Prozent Neukunden, die vorher gar keinen ÖPNV genutzt haben.
Jetzt könnte es aber schon bald wieder vorbei sein mit dem Deutschlandticket. Denn seit Monaten streiten sich Bund und Länder über die weitere Finanzierung - und auch Beratungen der Verkehrsminister gestern und heute in Köln brachten keine Einigung.
Beide Seiten steuern 1,5 Milliarden Euro jährlich bei. Reicht das Geld nicht, teilen sich Bund und Länder die Mehrkosten bisher. Weitere Finanzzusagen ab 2024 lehnt der Bund ab - die Länder seien zuständig für den Regionalverkehr.
Die Verkehrsunternehmen erwarten, dass im kommenden Jahr Mehrkosten von mehr als einer Milliarde Euro entstehen werden. Ihnen brechen Einnahmen weg, weil zum Beispiel Abonnenten auf das günstigere Deutschlandticket umgestiegen sind.
Bundesländer fordern Gespräche mit dem Bund
Für die Bundesländer wären das Kosten, die sie nicht alleine stemmen könnten, so Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Die Länder fordern ein Entgegenkommen vom Bund, um das Deutschlandticket zu erhalten. "Wir sind dazu bereit, über alle Parteigrenzen hinweg", so Krischer gestern vor Beginn der zweitägigen Verkehrsminister-Konferenz. "Alles andere würde gerade zu diesen Zeiten ein fatales Signal senden, wenn wir als die politisch Verantwortlichen es nicht am Ende schaffen, hier eine gemeinsame Lösung zu finden, aber dazu braucht es die Gesprächsbereitschaft des Bundes, die bisher nicht so erkennbar war."
Vorher hatten Aktivisten Verkehrsminister Krischer am Rande einer Demonstration eine Sammlung von mehr als 360.000 Unterschriften für den Erhalt des Tickets überreicht. Die hatten sie eigentlich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) geben wollen, der habe jedoch abgelehnt, so ein Sprecher des Bürgerbündnisses Campact. Wissing äußerte sich bisher weiterhin nicht zu einer möglichen Einigung.
Währenddessen warten auch die Verkehrsunternehmen auf eine Entscheidung: "Wir haben insbesondere in diesen Wochen ein erhebliches Finanzierungsproblem", erklärt Alexander Möller, Vorsitzender des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen. "Wir müssen noch einiges verhandeln, das ist für uns als Branche ein großes Problem."
Deutschlandticket: Nicht für alle attraktiv
Obwohl es als Erfolgsmodell gilt, profitieren jedoch nicht alle gleichermaßen vom Deutschlandticket. In Kleinstädten und im ländlichen Raum besitzen laut einer Befragung des Verbands nur sechs Prozent der Befragten aktuell das Ticket. Denn bei einem vielerorts lückenhaften ÖPNV-Netz lohnt es sich für viele nicht.
Ulrike Reutter forscht an der Bergischen Universität Wuppertal zum öffentlichen Nahverkehr der Zukunft. Sie sagt, das Deutschlandticket sei ein guter Anfang, aber ausruhen dürfe man sich darauf nicht: "Egal ob mit oder ohne Deutschlandticket, am ÖPNV-Angebot muss gearbeitet werden. Insbesondere für den ländlichen Raum. An der Zuverlässigkeit muss weiter gearbeitet werden in Stadt und Land. Und am Komfort."
Fahrermangel führt zu Ausfällen
Diese Zuverlässigkeit ist allerdings gerade ein Problem für viele Verkehrsbetriebe. Denn der Fachkräftemangel ist auch in ihrer Branche angekommen, wie etwa in Münster. Hier fahren die Busse seit zwei Wochen nur noch halbstündlich anstatt wie zuvor alle 20 Minuten - eine Notlösung, die die Stadt ergreifen musste, wie Stadtwerke-Sprecher Florian Adler sagt: "Das Problem gibt es im Prinzip in allen großen Städten und auch in vielen ländlichen Regionen: dass Busse einfach ausfallen, weil die Dienste nicht mehr besetzt werden können. Das ist ein schlechtes Zeichen für die Mobilitätswende in ganz Deutschland."
Etwa 30 zusätzliche Fahrer würden die Stadtwerke Münster sofort einstellen, wenn es denn Bewerbungen gäbe. Und der Bedarf werde in der Zukunft deutlich steigen. Eine gute Quelle seien Quereinsteiger und eingewanderte Menschen. Allerdings dauere die Umschulung rund ein Jahr - und damit zu lange, um komplett darauf setzen zu können: "Was den Verkehrsunternehmen helfen würde, ist tatsächlich die Ausbildung zu verkürzen, zu vereinfachen. In anderen EU-Ländern geht es teilweise schneller, den Busführerschein zu erwerben. Bei trotzdem der gleichen Sicherheit", so Stadtwerke-Sprecher Adler aus Münster.
Für Verkehrsbetriebe schon zu spät?
Nun sollen die Länderchefs bei der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang November mit dem Bundeskanzler über die Zukunft des Deutschlandtickets verhandeln. Das Treffen ist für den 6. November angesetzt. Für die Verkehrsverbünde, die jetzt das Jahr 2024 planen, sei das aber eigentlich schon zu spät, hieß es aus dem Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalen.