Fiat steigt bei Chrysler ein US-Autobauer setzt auf kleine Italiener
Noch vor drei Jahren kämpfte der italienische Autohersteller Fiat ums Überleben. Nun sollen die Turiner mit ihren spritsparenden Kleinwagen dem US-Autobauer Chrysler aus der Krise helfen. Die Chefs beider Konzerne vereinbarten eine strategische Partnerschaft.
Von Gregor Hoppe, ARD-Hörfunkstudio Rom
Ein strategisches Bündnis. Und zunächst fließt nicht mal Geld. Für 35 Prozent der Anteile an Chrysler gewährt der italienische Autobauer Fiat dem US-Konzern Zugang zur eigenen Kleinwagen-Technologie. Als Schritt zur wechselseitigen Stärkung in der Krise, wie es von beiden Häusern heißt.
Nach Einschätzung von Fachleuten ist dieses Bündnis durchaus sinnvoll. Fiat strebt mittelfristig auf den US-Markt. Dort sind Ferrari und Alfa-Romeo als Luxusmarken etabliert. Aber die Kompaktklasse, womit die Autosparte von Fiat in erster Linie ihr Geld verdient, ist nicht vertreten. Das Vertriebsnetz von Chrysler soll dem abhelfen.
Kleine Motoren für die neue Chrysler-Modelle
Andererseits weist Chryslers Modellflotte eine Lücke auf bei verbrauchsarmen, kleineren, gewissermaßen krisenkompatiblen Wagen. Um sich gegen die Konkurrenz aus Japan und Südkorea zu wappnen, könnten gemeinsame Plattformen und eine Motorenentwicklung mit Fiat eine Perspektive bieten.
"Nachfrage und Kaufkraft hängen nicht von uns ab"
Fiat-Boss Sergio Marchionne bezeichnete die Einigung, die bis Ende April unterschrieben sein soll, als "Meilenstein". Noch vor kurzem hatte Marchionne düstere Aussichten für den globalen Automarkt gezeichnet. Höchstens fünf, sechs weltweit agierende, fusionierte Großkonzerne, so Marchionne, dürften die derzeitige Krise überstehen.
Das Vertrauen der Verbraucher und deren Kaufkraft seien einfach zu gering. "Dass die Menschen Autos kaufen, können wir nicht über Werbemedien bewirken", sagte Marchionne. "Nachfrage und Kaufwunsch hängen nicht von uns ab. Wir aber können die Auswahl verändern, und die Entscheidung des Verbrauchers beeinflussen. Aber es braucht auch eine wirtschaftliche Wirklichkeit, die das unterstützt."
2005 holte Chrysler noch Fiat aus der Krise
Fiat hatte von 2000 bis Anfang 2005 eine weitreichende Zusammenarbeit mit General Motors unterhalten. Um die Fiat-Autosparte nicht vollständig übernehmen zu müssen, wozu sie eine vertraglich vereinbarte "put option" gezwungen hätte, bezahlten die US-Amerikaner vor vier Jahren 1,5 Milliarden Euro.
Dies läutete die Wende beim lange hoch verschuldeten Traditionshaus aus Turin ein. Die Autosparte, die man am liebsten losgeschlagen hätte, und von der es heißt, man habe sie nur aus Rücksicht auf den todkranken Gianni Agnelli behalten, kehrte allmählich auf den Erfolgskurs zurück: Der neue Punto wurde zum bestverkauften Auto Europas in seiner Klasse. Die Neuausgabe des Fiat 500 ließ den nationalen Mythos von "Fiat = Italien" wieder ein wenig aufleben. Fiats Modellflotte, in erster Linie Massenautos für jedermann, stellte die Autosparte der Turiner etwas besser auf die Krisenzeiten ein als andere Autobauer.
Kurzarbeit auch in den Fiat-Werken
Dennoch: Die Zeiten der Kurzarbeit und der zwangsverlängerten Weihnachtsferien haben in den Fiat-Werken wieder begonnen. Die Konzernleitung muss tätig werden. Aber Abenteuer scheut man. Wie Fiat betont, ist die Vereinbarung mit Chrysler nicht bindend.
Andererseits ließ John Elkann, der Enkel von Agnelli, Chef der Eignerfamilie und Vizepräsident von Fiat, wissen, man könne im Erfolgsfall die Beteiligung an Chrysler auch noch nach oben schrauben. Das klingt nicht schlecht, am Tag der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Barack Obama. Wobei Marchionne gleich auch die Europäer im Blick behielt: Die Einigung mit Chrysler bedeute nicht, so Marchionne, dass die Verhandlungen mit Citroen-Peugeot nun unterbrochen würden.