Kritik an wirtschaftlicher Verflechtung Das Ende der China-Euphorie
In Deutschland wird zunehmend kritisch auf Beteiligungen chinesischer Unternehmen im Inland geblickt. Städte wie Duisburg erhofften sich in der Vergangenheit viel vom Partner China. Ändern sie nun ihre Strategie?
Die neue Seidenstraße - sie galt lange als Prestige-Projekt des Duisburger Hafens. Zur Einweihung der 10.000 Kilometer langen Eisenbahnstrecke war sogar der chinesische Staatspräsident zu Gast. Jede Woche kommen hier 30 Güterzüge mit Containern aus China an.
Doch spricht man den heutigen duisport-Chef, Markus Bangen, auf das China-Geschäft an, ist von Euphorie keine Spur. Die Container, die über die Schiene aus China kommen, machen nur einen niedrigen einstelligen Prozentsatz der gesamten umgeschlagenen Warenmenge aus, erklärt er. Hier sei man in der Vergangenheit im Marketing durchaus etwas übers Ziel hinausgeschossen. "Wir werden real und nüchtern im Umgang mit China", erklärt Bangen. "Andere Teile der Welt, wie die USA, sehen das vielleicht schon etwas länger. Da haben wir Nachholbedarf."
Cosco aus Terminal-Beteiligung ausgestiegen
Zunächst schien es so, als würde die Verflechtung mit China im Hafen enger werden. Die chinesische Staatsreederei Cosco war mit 30 Prozent an der Betreibergesellschaft für den Neubau eines riesigen neuen Container-Terminals beteiligt. Doch dann ist Cosco völlig überraschend aus dem Prestige-Projekt ausgestiegen.
Über die tieferen Gründe sei Stillschweigen vereinbar worden, sagt duisport-Chef Bangen. Nur so viel könne er sagen: Die Regeln und Spielregeln im Duisburger Hafen, die bestimme die Duisburger Hafen AG. "Und wenn die Spielregeln nicht eingehalten werden, haben wir dafür in Verträgen Konsequenzen vorgesehen. Und das ist hier zum Tragen gekommen." Das sei ein sichtbares Zeichen dafür, dass es keine Abhängigkeiten im Duisburger Hafen gebe. Von niemandem, auch nicht von China.
Sorgen um die kritische Infrastruktur
Seitdem Deutschland die eigene Abhängigkeit von russischem Gas auf die Füße gefallen ist, sei man hierzulande vorsichtiger geworden, auch China gegenüber, beobachtet Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft. Nicht alle Geschäfte mit China seien riskant. "Aber die Frage, die man sich heute stellen muss, ist: Wo sind kritische Abhängigkeiten, die uns im Konfliktfall erpressbar machen."
Matthes sieht neben der hohen Abhängigkeit bei einzelnen Importprodukten wie Rohstoffen auch Risiken bei der kritischen Infrastruktur: "Da sind wir weniger beim Hamburger oder Duisburger Hafen, sondern viel mehr bei Huawei und dem Ausbau des deutschen 5G-Netzes." Es sei nicht auszuschließen, dass der chinesische Staat sich über Huawei einen Zugriff auf das deutsche Netz verschaffen könnte, um es zum Beispiel abzuschalten oder für Spionage-Zwecke zu nutzen.
Vom Partner zum Rivalen
In den Augen der Bundesregierung sei China inzwischen mehr Rivale, als Partner, beobachtet Rolf Langhammer, der am Institut für Weltwirtschaft in Kiel forscht. Abhängigkeit lasse sich aber nicht von heute auf morgen reduzieren. Vor allem in der Medizinbranche und im Bereich von IT-Produkten sei Deutschland sehr abhängig von Rohstoffen und Produkten aus China. "Unternehmen müssen sich nun überlegen, wie sie Rohstoffe einsparen, Lieferquellen diversifizieren und höhere Kosten tragen können", so Langhammer.
In Duisburg haben sich in den vergangenen Jahren über 100 chinesische Firmen angesiedelt. Trotzdem bleibt der China-Beauftragte der Stadt, Markus Teuber, entspannt, auch angesichts der schärferen Töne auf politischer Bühne. "Die Erfahrung, die wir hier gemacht haben, ist uneingeschränkt positiv. Es haben sich hier kleine und mittelständische Unternehmen angesiedelt", sagt Teuber. "Aufgrund der Struktur dieser Unternehmen, die aus verschiedenen Branchen kommen, ist nicht zu befürchten, dass eine Abhängigkeit von China entsteht." Im Gegenteil, so Teuber, der Austausch mit China habe in Duisburg zu neuer Wertschöpfung geführt und das wolle man auch in Zukunft fortsetzen.
Im Duisburger Hafen erklärt man, auf Augenhöhe mit China zu agieren. duisport-Chef Bangen betont, dass China im Hafen ein Partner unter vielen sei. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.