Karlsruhe will Klärung durch EuGH Darf die EZB das?
Jetzt muss der EuGH klären: Ist das Staatsanleihen-Aufkaufprogramm der EZB zulässig? Das Bundesverfassungsgericht hat zumindest Zweifel und verwies die Frage an die Luxemburger. Eine endgültige Entscheidung wird wohl erst in Monaten kommen.
Erst ein einziges Mal legte das Bundesverfassungsgericht dem obersten Gerichtshof der EU eine Frage vor. Andere deutsche Gerichte tun dies sehr häufig - aber die Verfassungsrichter in Karlsruhe sehen ihre Aufgabe normalerweise nur darin, zu prüfen, ob das Grundgesetz - also unsere Verfassung - gewahrt wurde.
Jetzt klopfen sie wieder in Luxemburg an. Und wieder, wie beim ersten Mal im Jahr 2014, soll geklärt werden, ob sich die Europäische Zentralbank (EZB) an die Spielregeln hält. Damals ging es um das sogenannte OMT-Programm, das sich mit den markigen Worten von EZB-Präsident Mario Draghi ankündigte, aufzukaufen, "whatever it takes" - also, was notwendig sei, um den Euro zu retten.
Wirtschaftspolitik soll Sache der Staaten bleiben
Schon damals hatten die deutschen Verfassungsrichter Zweifel, ob solch ein umfassender Aufkauf von Staatsanleihen mit den europäischen Verträgen vereinbar sei. Denn diese erlauben der EZB eigentlich nur Maßnahmen, um die Preise zu stabilisieren, nicht aber Staaten zu finanzieren und eigenständige Wirtschaftspolitik zu machen. Die einzelnen Mitgliedsstaaten sollen sich nicht auf Maßnahmen der EZB ausruhen, sondern selbst für ihre Wirtschaft kämpfen.
Der Gerichtshof der Europäischen Union entschied 2015: Doch, die Zentralbanker dürfen Papiere von kriselnden Staaten aufkaufen - allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Die Europäische Zentralbank dürfe nicht so berechenbar am Markt agieren, dass sich faktisch alle darauf einstellen können und das Ganze dann doch so wirke, als würden überschuldete Staaten mit Geld der EU-Mitglieder gefüttert.
Staaten unzulässig bezuschusst?
Diese Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2015 haben die Karlsruher Verfassungsrichter genau gelesen. Denn wieder liegen ihnen Klagen vor, diesmal gegen das Anleihe-Kaufprogramm namens "Quantitative Easing". Bei dem ist - anders als beim OMT- Programm - tatsächlich schon sehr viel Geld geflossen: monatlich mindestens 60 Milliarden Euro.
Die Beschwerdeführer - unter anderem der CSU-Politiker Peter Gauweiler und eine Gruppe um Ex-AfD-Chef Bernd Lucke - finden: Hier werden faktisch Staaten bezuschusst. An dieser Kritik könnte etwas dran sein, meinen die Verfassungsrichter: Der Staatsanleihen-Aufkauf werde in einer Art und Weise angekündigt, dass die Märkte die faktische Gewissheit haben könnten: Hier wird gekauft.
Ein weiteres Problem für die Verfassungsrichter: dass es danach aussehe, als würden die Anleihen nur gekauft, aber nicht wieder verkauft. Und, dass Papiere aufgekauft werden, die von vorneherein eine negative Rendite aufweisen - das sehe ebenfalls nach unerlaubter Staatsfinanzierung aus.
Entscheidung erst im kommenden Jahr
Jetzt müssen also die Europäischen Richter prüfen. Karlsruhe hat ein Eilverfahren beantragt. Trotzdem werden die EuGH-Richter sicher mehrere Monate für ihre Entscheidung brauchen. Und wenn die Antwort aus Luxemburg kommt, dann prüfen die deutschen Verfassungsrichter noch, wie das Ganze aus Sicht der deutschen Verfassung zu beurteilen ist.
Die endgültige Entscheidung über "Quantitative Easing" kommt also sicher nicht vor dem kommenden Jahr.