Moody's-Ausblick für Deutschland auf "negativ" gesenkt Nur eine wirtschaftspolitische Binse?
Die Ratingagentur Moody's senkt die Aussichten für Deutschland auf "negativ" - und wie reagiert die Bundespolitik? Demonstrativ gelassen, schließlich sei das Toprating geblieben. Moody's hatte die Entscheidung mit der Euro-Krise begründet. Auch Luxemburg und die Niederlande sind betroffen.
Nach der schlechteren Bewertung der Aussichten für die Bonität Deutschlands durch die US-Ratingagentur Moody's haben deutsche Politiker davor gewarnt, diesen Schritt überzubewerten. Moody's hatte die Aussichten unter anderem für Deutschland auf "negativ" gesetzt - ohne aber die Bestbewertung "Aaa" zu ändern.
Vize-Regierungssprecher Georg Streiter sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Bundesregierung nehme die Entscheidung zur Kenntnis. Die Einschätzung betreffe ein Land, von dem Hilfe erhofft werde.
Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler reagierte gelassen. "Die deutsche Wirtschaft ist weiterhin strukturell in sehr guter Verfassung", sagte der FDP-Chef der "Rheinischen Post". Auf europäischer Ebene bestünden weiterhin die bekannten Risiken. Aber man sei vom mittel- bis langfristigen Erfolg "der umfangreichen eingeleiteten Maßnahmen zur Vertiefung der Stabilitätsunion" überzeugt.
"Kein Grund zur Unruhe"
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß nannte die Entscheidung nicht überraschend und "eine wirtschaftspolitische Binse", für die man keine Ratingagentur brauche. Der Nachrichtenagentur dapd sagte er, dass sich vor allem die kurzfristigen Risiken für Deutschland zuletzt vergrößert hätten, sei allgemein bekannt. Poß unterstellte dem Unternehmen zugleich, absichtlich einen kritischen Zeitpunkt gewählt zu haben: Es falle auf, dass sich Moody's in Situationen hervortue, die besonders fragil seien, sagte er mit Blick auf die Lage in der Eurozone.
Der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach betonte, die Agentur bestätige auch die Einschätzung dass sich Deutschland auf einem stabilen Wachstumspfad befinde - daher sei die Bewertung kein Grund zur Unruhe. Er wertete sie aber auch als Hinweis, dass auch Deutschland nicht grenzenlos belastbar sei. Neue Lasten seien den Bürgern kaum zu vermitteln.
Auch das Bundesfinanzministerium hatte zuvor darauf verwiesen, dass Moody's das höchste Rating für die Bundesrepublik bestätigt habe. Die von Moody's angeführten kurzfristigen Risiken seien bekannt, längerfristige Stabilisierungsaussichten seien aber unerwähnt geblieben.
Das Ministerium betonte zudem, die "soliden" Aussichten für das deutsche Wirtschaftswachstum. Deutschland erwarte zudem ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Auch an den internationalen Finanzmärkten sei das Vertrauen in Deutschland hoch.
Ausblick schlechter, Bewertung noch unverändert
Moody's hatte den Ausblick für die Bundesrepublik von "stabil" auf "negativ" verschlechtert. Damit droht Deutschland mittelfristig der Entzug des bisherigen Spitzenratings. Vorerst bestätigte Moody's aber die Top-Note "Aaa".
Die Ratingagentur begründete die negative Einschätzung zur weiteren Entwicklung der deutschen Kreditwürdigkeit mit der Schuldenkrise und dem "Ausmaß der Ungewissheit über den Ausblick für den Euro-Raum". Die möglichen Auswirkungen plausibler Szenarien über Mitgliedstaaten rechtfertigten keinen stabilen Ausblick mehr.
Warnung vor griechischem Euro-Austritt
Unter anderem wertete Moody's einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone als "eine materielle Bedrohung für den Euro". Trotz einer starken Reaktion der Euro-Staaten werde in diesem Fall eine "Kettenreaktion von Schocks im Finanzsektor und ein Liquiditätsdruck auf Staaten und Banken" in Gang kommen, die von der Politik nur zu einem sehr hohen Preis eingedämmt werden könnten. Zudem reagierten die EU-Staaten nur auf die Krise, was zu keinem stabilen Ergebnis führen werde.
Das Risiko werde von der Schuldenlast Spaniens und Italien und deren immer teurer werdenden Finanzierung erhöht. In Deutschland sei zudem der Bankensektor anfällig, sollte sich die Schuldenkrise in Europa verschärfen, schrieb Moody's. Die deutschen Banken seien geschäftlich besonders mit Spanien und Italien verbunden.
Auch Niederlande und Luxemburg betroffen
Die Entscheidung von Moody's betrifft auch andere Staaten der Eurozone. Auch für die Niederlande und Luxemburg wurde zwar die bestmögliche Bonitätsnote "Aaa" vorerst bestätigt, der Ausblick für beide Staaten wurde aber wie bei Deutschland auf "negativ" gesenkt. Moody's hatte bereits im Februar den Ausblick für Österreich und Frankreich auf negativ gesetzt. Noch haben beide Länder aber ihre Spitzenbewertung "Aaa".
Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker erklärte, man halte am Plan einer Stabilisierung der gesamten Eurozone fest. "Wir bekräftigen erneut unser starkes Bekenntnis, die Stabilität der Eurozone als Ganzes sicherzustellen", erklärte der luxemburgische Premierminister. Deutschland, die Niederlande und Luxemburg hätten "einwandfreie Grundlagen".