Fußball-EM 2024 Erfolgreiche Fußballjahre - gute Börsenjahre?
Kann ein erfolgreiches Spiel der Nationalmannschaft die Börsenkurse nach oben treiben? Experten wollen einen Zusammenhang erkannt haben zwischen guten Spielergebnissen und einem Aufwärtstrend des Aktienmarkts.
Die Weltmeisterschaft im eigenen Land: 2006 zieht Deutschland fast ins Finale ein, wird am Ende Dritter. Die Nationalmannschaft versetzt das Land in Fußballekstase. Auch für den deutschen Aktienmarkt ist das Jahr 2006 erfolgreich. Der DAX klettert auf Jahressicht um satte 22 Prozent nach oben und zum ersten Mal über die Marke von 6.000 Punkten.
Welchen Anteil hatte daran die Fußball-WM und die Euphorie im Land? "Deutschland hatte sein Sommermärchen 2006, aber wirtschaftlich hat uns das jetzt als Standort nicht nach vorne gebracht", urteilt Stefan Riße vom Vermögensverwalter Acatis beim Blick zurück.
Titel treiben Märkte in die Höhe
Das heißt aber nicht, dass der Fußball am Frankfurter Parkett keine Rolle spielt - im Gegenteil. Die Investmentbank Goldman Sachs hat schon im Jahr 2014 ausgerechnet, dass große Fußballturniere die Aktienmärkte durchaus bewegen, zumindest kurzfristig. Im Schnitt hatten sich die Aktienmärkte im Land des Weltmeisters in den Wochen nach dem Finale um 3,5 Prozent besser entwickelt als der Weltmarkt.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank, mahnt jedoch: Die "langfristige Aussagekraft von 'Soccernomics' - also von Fußball auf die Volkswirtschaft" sei begrenzt. "Ich denke, es zeigt mehr, dass viele Analysten, viele Volkswirte, irgendwie doch Fußballfans sind. Und dann mal für ein paar Wochen ihr Hobby auch zum Beruf machen können", so Brzeski.
Weltwirtschaftliches Wohl wichtiger
Langfristig konnten auch die Ökonomen von Goldman Sachs keinen positiven Einfluss auf die Aktienmärkte feststellen. Ein Jahr nach den Finalspielen hatten sich die Zugewinne der Gewinner-Nationen wieder relativiert. Am Ende kommt es doch auf andere Dinge an, so Aktienmarktstratege Stefan Riße: "Was das weltwirtschaftliche Wohl betrifft, da kommt es auf die gesamte Volkswirtschaft eines Landes an oder eben der Welt an. Da spielen ganz andere Dinge eine große Rolle: die Zinspolitik oder aktuell die Inflation."
Das bestätigt sich auch beim Rückblick auf das Sommermärchenjahr 2006. Damals gab es steigende Unternehmensgewinne und in den USA zerschlugen sich Inflationssorgen. Das wiederum - und weniger das Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft - sorgte für Auftrieb am Frankfurter Parkett.
Weniger Handel während Turnierspielen
Was also erwarten die Ökonomen, wenn es um die anstehende Europameisterschaft geht? Kann ein erfolgreiches Turnier die gegenwärtig trübe Stimmung in der deutschen Wirtschaft etwas aufhellen?
"Es kann ein bisschen die Initialzündung sein", so Carsten Brzeski von der ING Bank:" Es ist jetzt aber nicht dieser große Treiber, der uns auf einmal von einer stagnierenden Volkswirtschaft zu der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft Europas werden lässt."
Eines zumindest wird wohl auch in diesem Jahr wieder sichtbar werden: Wenn die Fußballfans in Europa gebannt vor dem Fernseher sitzen, rückt das Geschäft mit Aktien einen Moment lang in den Hintergrund. Einer Studie der Europäischen Zentralbank zufolge gehen die Handelsumsätze während großer Turnierspiele spürbar zurück. Wenn der Ball rollt, müssen die Aktien eben warten.