Ein Sparbuch

Geldpolitische Lockerung Was die EZB-Entscheidung für Sparer bedeutet

Stand: 12.09.2019 14:47 Uhr

Das neuerliche Lockerungsrunde der EZB hat erhebliche Folgen für Sparer. Sie macht die langfristige Vermögensbildung mit klassischen Sparformen praktisch unmöglich.

Die geldpolitische Wende ist endgültig auf unbestimmte Zeit abgeblasen. Dass die EZB nun nicht nur die erste Zinserhöhung in die Zukunft verschoben, sondern sogar den Einlagenzins weiter in den negativen Bereich verschoben hat sowie ihr Anleihekaufprogramm wiederbelebt, hat für Sparer drastische Folgen.

Vor allem die Verschärfung des Einlagenzinses belastet insbesondere Volksbanken und Sparkassen derart, dass demnächst auch ganz normalen Privatkunden Verwahrgebühren drohen. Schon jetzt müssen Geldhäuser im Euroraum nach Berechnungen des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) im Jahr rund 7,5 Milliarden Euro an Negativzinsen an die EZB zahlen. Eine Staffelzinsregelung der EZB entlastet allerdings Großbanken trotz der Verschärfung des Strafzinses.

Negativzinsen für Bankeinlagen drohen

Die Strafzinsen geben einzelne Institute in Deutschland bereits an Unternehmen oder große Investoren wie Fonds weiter. Und selbst reiche Privatkunden werden in manchem Haus zur Kasse gebeten. Das Gros der Privatkunden blieb bisher von Negativzinsen verschont. Das könnte sich nun ändern.

"Wenn es langfristig Geld kostet, Einlagen anzunehmen, und wenn man gleichzeitig Kreditnehmern Zinsen mitgeben muss, wird das irgendjemand bezahlen müssen", warnte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Helmut Schleweis, bereits im Vorfeld.

Politik könnte einschreiten

Derzeit sieht es so aus, als könne allein ein staatlicher Eingriff Sparer vor Negativzinsen schützen. Bundesregierung lotet ein mögliches Verbot von Strafzinsen für Kleinsparer aus. Das Finanzministerium habe eine Prüfung veranlasst, "ob es der Bundesregierung rechtlich überhaupt möglich ist, Kleinsparer vor solchen Negativzinsen zu schützen", sagte Ressortchef Olaf Scholz (SPD) kürzlich.

Zuvor hatte es einen Vorstoß von CSU-Chef Markus Söder gegeben. Bayerns Ministerpräsident hatte eine Bundesratsinitiative angekündigt mit dem Ziel, Beträge bis 100.000 Euro grundsätzlich von Strafzinsen auszunehmen. Juristen halten es grundsätzlich für möglich, ähnlich wie bei der Mietpreisbremse auch im Fall von Negativzinsen die Vertragsfreiheit einzuschränken. Kritiker befürchten allerdings, dass Banken im Falle eines Verbots die Kosten für die EZB-Strafzinsen an anderer Stelle wieder hereinholen würden, insbesondere über steigende Kontogebühren.

Sparer verlieren real

Aber schon jetzt verlieren Anleger mit klassischen Sparformen real Geld: Für ihr Erspartes bekommen sie schon seit geraumer Zeit keine Zinsen mehr, verlieren wegen der Inflation also real an Kaufkraft.

Aber auch die private Altersvorsorge über andere Anlageformen wird immer unattraktiver. Die Verzinsung von Lebens- und Rentenversicherungen sinkt seit geraumer Zeit. Den Versicherern fällt es wegen der Zinsflaute immer schwerer, die hohen Versprechen von einst an den Kapitalmärkten zu erwirtschaften. Die Folge: Die Überschussbeteiligung, über deren Höhe die Versicherer jedes Jahr je nach Wirtschaftslage und Erfolg der Anlagestrategie neu entscheiden, sinkt im Schnitt. Die Pause bei der Talfahrt 2019 dürfte nach Experteneinschätzungen nicht von Dauer sein.

Kreditnehmer profitieren

Aber es gibt auch eine andere Seite der Medaille, auf die Anlageexperten hinweisen: Wer ein Haus oder Auto über Schulden finanziert, der profitiert vom derzeitigen historischen Niedrigzinsumfeld. Viele Bankkunden nutzen das und sichern sich niedrige Hypothekenzinsen für Laufzeiten von 15 oder 20 Jahren.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann weist - bei allem Verständnis für Sorgen der Sparer - immer wieder auf diese Seite der Geldpolitik hin: "Niemand ist ja nur Sparer, sondern auch noch Arbeitnehmer, Kreditnehmer oder Steuerzahler", sagte Weidmann kürzlich der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung beispielsweise profitiert von einem hohen Beschäftigungsstand mit spürbaren Lohnerhöhungen. Hier schlagen sich Niedrigzinsen positiv nieder."

la/dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. September 2019 um 15:00 Uhr.