Kommission überprüft Ökobilanz EU will weniger "Bio" im Treibstoff
Die EU-Kommission will weniger Anreize für den Verbrauch von Biokraftstoffen setzen. Die Brüsseler Behörde will so negative Auswirkungen für Klima und Nahrungsmittelsicherheit künftig stärker berücksichtigen. Künftig sollen alternative Kraftstoffe vermehrt aus Abfall gewonnen werden.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Fossile Brennstoffe wie Gas, Kohle, Öl werden knapp, werden immer teurer und: beim Verbrennen wird klimaschädliches Kohlendioxid freigesetzt. Alles gute Gründe, um nach Alternativen zu suchen, die man in "Biosprit" gefunden zu haben glaubte. Eine trügerische Hoffnung, wie der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen sagt: "Wir hatten eine Euphorie für Bio, heute ist mehr Nüchternheit da. Bio wird sicherlich auch weiter eine Rolle spielen im Energiemix. Aber man muss genau selektieren: Welche Anbaumethoden, welche Biosorten sind verträglich?"
Ökobilanz: negativ
Kraftstoffe aus Futterpflanzen, das ist jetzt belegt, sind es nicht. Bei Ethanol, das dem E10 beigemengt ist, ist die Ökobilanz schon nicht gerade rosig. Noch viel schlechter sieht es jedoch bei Biodiesel aus, wenn man indirekte Klimafolgen mit einrechnet. Beispiel Palmöl: Dafür wird Urwald gerodet, der viel mehr CO2 speichern kann als Ackerfläche.
Dazu kommt, dass auf solchen Plantagen im großen Stil Stickstoffdünger und Pestizide eingesetzt werden - auch nicht gut für das Klima. EU-Energiekommissar Günter Oettinger zieht gemeinsam mit seiner Kollegin für das Ressort Klima, Connie Hedegaard, die Konsequenzen: "Wir schlagen vor, dass der Anteil von Biokraftstoffen der ersten Generation - also aus Nahrungsmitteln wie Weizen, Raps und Mais - auf dem jetzigen Stand von etwa fünf Prozent eingefroren werden sollen".
Müll, Schlamm, Algen und Mist als Alternativen
Die ursprünglich geplanten zehn Prozent am Energieverbrauch im Verkehrssektor sind damit, wenn Europaparlament und Mitgliedstaaten zustimmen, vom Tisch. Die EU-Kommissare schlagen mehr Anreize für die Produktion von alternativen Biokraftstoffen vor, die aus Abfall oder Klärschlamm, Algen, Stroh oder tierischem Dung gewonnen werden. Dies hätte den Vorteil, dass es auch keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion gibt.
Die Kritik der Biospritindustrie kam prompt: Es gebe weder genug Abfall noch die nötige kostspielige Technologie. Dazu kommt die Befürchtung, dass Arbeitsplätze wegfallen. Kein Argument, sagt Klimakommissarin Connie Hedegaard. Man wolle die Branche nicht totregulieren, sondern ihr ein klares Signal geben, wo die Zukunft liegt.
Sowohl Hedegaard als auch Oettinger räumten ein, die perfekte Lösung für nachhaltige Biokraftstoffe noch nicht gefunden zu haben. Dafür habe man einfach noch nicht genug Daten und Erkenntnisse. Das sah ein wenig wie die Flucht nach vorn aus – um den Umweltschützern, die den Reformvorschlag als halbherzig kritisieren, den Wind aus den Segeln zu nehmen.