Bankia macht Rekordverlust Rodrigo Rato - das Gesicht der Krise Spaniens
Die verstaatlichte spanische Bankia hat 2012 einen Rekordverlust eingefahren: Wegen massiver Abschreibungen auf Immobilien gingen 19,2 Milliarden Euro verloren. Verantwortlich gemacht für das jahrelange Missmanagement wird vor allem Ex-Banker Rato.
Von Daniel Sulzmann, ARD-Hörfunkstudio Madrid
Die Bilanz ist vernichtend. Der Aktienwert von Bankia, einem Zusammenschluss von sieben Sparkassen in Spanien, ist dramatisch zusammengebrochen. Er sank innerhalb eines Jahres von rund drei Euro auf knapp 30 Cent. Bankia ist pleite und deswegen seit vergangenem Jahr verstaatlicht.
18 Milliarden Euro überwies die EU an Bankia, damit überhaupt die Arbeit weitergehen konnte. Bankia - das war bei der Gründung im Dezember 2010 vor allem ein Mann: Rodrigo Rato. Mit erhobenem Daumen präsentierte sich der Chef der neuen Riesensparkasse strahlend im Blitzlichtgewitter an der Börse bei der Gründung von Bankia.
"Ich hatte einen Plan, der nicht ausgeführt wurde"
Der Banker und Jurist gibt sich trotzdem unschuldig. Bei der Befragung durch den Wirtschaftsausschuss des spanischen Parlaments will er nicht schuld sein, weder am Debakel der spanischen Sparkassen und noch an dem von Bankia.
Viele trügen dafür Verantwortung, sagt er: "Wir stehen vor Tatsachen, die sich in unserer gesamtwirtschaftlichen Geschichte seit den 1930er-Jahren nicht ereignet haben. Das muss man einschätzen. Was heißt das? Dass ich Verantwortlichkeit ablehne? Nein. Ich habe meine übernommen. Ich hatte einen Plan, der nicht ausgeführt wurde."
Am Schluss lag es also daran, dass auf Rodrigo Rato angeblich nicht gehört wurde. Was für ein Jammer, denn Rato ist in Spanien ein bekanntes Gesicht. Er war schon Minister unter dem erzkonservativen Ministerpräsident José Maria Aznar, und zwar acht Jahre lang, bis diese Regierung 2004 abgewählt wurde.
Die Grundlagen für den Bauboom gelegt
Rato, ausgebildeter Jurist, war Wirtschaftsminister und "erfand" den spanischen Bauboom, in dem er die Baugesetze so liberalisierte, dass Häuser überall im Land wie Pilze aus dem Boden schießen konnten. Mit dem "Ley del Suelo", dem Bodengesetz, begann in Spanien die Spekulation.
Der rund zehn Jahre anhaltende Bauboom, Korruption und Filz waren die Folge. Man kann also sagen: Rato ist das personifizierte Gesicht der Krise Spaniens. Der eher kleingewachsene Mann mit dem runden Kopf und dem schütteren Haar kassierte dann auch 2,5 Millionen Euro Jahresgehalt für die Führung von Spaniens größtem Sparkassenverbund Bankia mit rund zehn Millionen Kunden.
Angeblich steckte er sich noch eine Abfindung in Höhe von 1,2 Millionen Euro ein. Denn Rato musste im Mai zurücktreten, als klar war, dass Bankia nur noch zu retten ist, wenn der Staat die Bank unter seine Fittiche nimmt.
Erst überwiesen die Madrilenen neun Milliarden Euro an das Institut, dann kam die europäische Bankenhilfe in Höhe von 18 Milliarden Euro für das Pleiteinstitut. Angeblich soll er am Tag seines Abschiedes in der Bank noch mal eine rauschende Party gefeiert haben - in einem Land, in dem inzwischen 1,7 Millionen Familien kein einziges Familienmitglied haben, das offiziell noch eine Arbeit hat.
Wirtschaftswissenschaftler sagen inzwischen, Rato und viele andere, die in den Aufsichtsräten der Sparkassen eingesetzt waren - inklusive der Wirtschaftswissenschaftler selbst - seien blind immer weiter in die Krise gerannt.
Glaubwürdigkeitsproblem der Wirtschaftswissenschaftler
Natürlich würde ihnen jetzt keiner mehr glauben, sagt Juan Rubio: "Es ist ein Glaubwürdigkeitsproblem, dass keiner so wirklich die Schuld auf sich nimmt. Alle haben ein bisschen Schuld, die Wirtschaftswissenschaftler eingeschlossen, die auch die Dimension der Krise nicht gesehen haben." Die Wirtschaftswissenschaftler seien auch schuld. "Mir würde es gefallen, wenn auch einer von den Politikern das endlich zugeben würde."
Doch die haben im Moment ganz andere Sorgen. Die regierende Volkspartei Partido Popular wird von einem tiefreichenden Korruptionsskandal rund um den früheren Schatzmeister Luis Barcenas erschüttert. Die sozialistische Opposition verstrickt sich in Konflikten um die Autonomie Kataloniens und wie die Partei dazu abstimmen sollte.
Rato aber kann sich auch am Tag, an dem seine ehemalige Bank einen Verlust von mehr als 19 Milliarden Euro offiziell verkündet, entspannt zurücklehnen. Er hat Anfang des Jahres einen Beratervertrag vom spanischen Telekommunikationsriesen Telefónica bekommen. Es heißt, mit einem Jahresgehalt von 200.000 Euro.