ESM-Chef widerspricht Schäuble Wer haftet für direkte Bankenhilfen?
Wer haftet, wenn Banken künftig direkte Hilfen des Euro-Rettungsschirms ESM bekommen sollten? Finanzminister Schäuble sieht die jeweiligen Heimatstaaten in der Pflicht. ESM-Chef Regling widerspricht: Bei direkten Kapitalspritzen sei das Land "raus aus der Haftung". Verluste müssten damit alle Euro-Staaten tragen.
Das deutsche Haftungsrisiko bei Bankenhilfen des Euro-Rettungsschirms ESM wird möglicherweise größer als von der Bundesregierung dargestellt. Hintergrund ist die Frage, wer für die Hilfskredite geradestehen müsste, falls diese künftig direkt an Banken fließen sollten. Diese Möglichkeit soll nach einem Beschluss der Euro-Staaten beim ESM in naher Zukunft geschaffen werden - Voraussetzung ist aber die vorherige Schaffung einer einheitlichen, durchsetzungsfähigen Bankenaufsicht.
"Dann ist das Land raus aus der Haftung"
"Wenn es eine wirkliche Bankenaufsicht durch die EZB gibt, dann besteht die Möglichkeit, dass wir Kredite direkt an Banken geben und sie nicht wie heute über die Regierung leiten", sagte der künftige ESM-Chef Klaus Regling der "Welt am Sonntag". "Dann ist das Land raus aus der Haftung." Damit widersprach Regling ausdrücklich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Dieser hatte in dieser Woche mit Blick auf die mögliche Einführung direkter Bankenhilfen erklärt: "Wir gehen davon aus, dass es auch bei der staatlichen Haftung bleibt."
Dieser Auffassung hatten vor Regling bereits EU-Währungskommissar Olli Rehn und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker widersprochen. Sie hatten erklärt, der Heimatstaat der Krisenbanken sei bei der Haftung außen vor.
Bisher müssen Regierungen Bankenhilfen beantragen
Bislang können Hilfen des Euro-Rettungsschirms nicht direkt an die Banken fließen. Stattdessen muss die jeweilige Regierung die Unterstützung beantragen und leitet das Geld dann an die Kreditinstitute weiter. Diese Konstruktion führt aber auch dazu, dass der jeweilige Staat für die Rückzahlung der Hilfen an den Rettungsschirm geradesteht und die Verluste selbst ausgleichen müsste, falls die Banken die Unterstützung nicht zurückzahlen können.
Vor allem auf Druck südeuropäischer Länder soll sich dieses Verfahren ändern. Die Befürworter direkter Bankenhilfen argumentieren vor allem, dass das Staatsdefizit eines Landes deutlich steige, wenn es die Hilfskredite beantragen und dafür garantieren müsse. Das höhere Defizit wiederum vergrößert die Probleme des Landes, sich selbst zu akzeptablen Bedingungen Geld zu leihen. Wenn ESM-Hilfen künftig direkt an Banken fließen sollten, wäre das keine direkte Belastung mehr für das Haushaltsdefizit des Staates.
Reine Statistik oder größeres Haftungsrisiko?
Schäuble hatte vor diesem Hintergrund erklärt, es gehe mehr um das statistische Problem, die Schuldenstatistik des Staates zu verschonen. Wenn nicht der einzelne Staat für mögliche Kreditausfälle haftet, müsste allerdings der ESM insgesamt die Verluste auffangen - und damit die Euro-Staaten. Deutschland als größter Geldgeber des ESM hätte dabei die Hauptlast zu tragen. An der Maximalsumme, für die Deutschland im Rahmen der Euro-Rettung schlimmstenfalls geradestehen müsste, ändert eine solche Haftungsregelung zwar nichts. Aber die Wahrscheinlichkeit stiege, dass Deutschland überhaupt für Verluste in anderen Staaten aufkommen müsste.