Eine Mitarbeiterin der Salzgitter AG vor aufgewickelten Metallbändern
analyse

Metall- und Elektroindustrie IG Metall will sieben Prozent mehr Gehalt

Stand: 17.06.2024 16:15 Uhr

Die IG Metall ist die größte Einzelgewerkschaft der Welt. Ihre Tarifabschlüsse sind auch Vorbild für andere Branchen. Nun will sie sieben Prozent mehr fordern - die Vier-Tage-Woche ist erstmal vom Tisch.

Die Industriegewerkschaft Metall hat die Forderungen für die kommenden Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie festgelegt. Der Gewerkschaftsvorstand beschloss in Frankfurt am Main, sieben Prozent mehr für Angestellte und 170 Euro für Auszubildende zu verlangen. Die in der Metallindustrie seltenen niedrigen Einkommensgruppen sollen einen besonderen Zuschlag bekommen. Die Möglichkeiten, Gehalt gegen Freizeit zu tauschen, sollen erweitert werden.

Vorausgegangen waren Befragungen der Beschäftigten in den sieben Bezirksverbänden der IG Metall und eine zentrale Online-Umfrage. Die Wünsche der Basis wurden durch intensive Kommunikation der Gewerkschaftszentrale vorbereitet und begleitet. Dabei ging es vor allem um höhere Gehälter. Die Fragestellung in der zentralen Umfrage war so gewählt, dass ein Ergebnis um die jetzige Forderung von sieben Prozent wahrscheinlich war.

Die Zeit drängt

Der heutige Rahmenbeschluss des IG Metall-Vorstands soll nun in den sieben Bezirksverbänden der Gewerkschaft diskutiert werden. Die Zeit dafür ist nicht üppig: Kommenden Freitag werden die Bezirke Beschlüsse fassen, die in drei Wochen zu einer endgültigen Forderung zusammengeführt werden.

Die Arbeitgeber wiesen die Forderung von sieben Prozent erwartungsgemäß zurück. Die Branche befinde sich in der Rezession, so der Spitzenverband Gesamtmetall. "Die genannten Vorstellungen klingen aber, als ob wir uns in einem wirtschaftlichen Boom befinden", erklärte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf. Es komme darauf an, den Standort zu stärken. "Ich hoffe, die Gremien der IG Metall nutzen die weiteren Beratungen, um zu einer realistischeren Einschätzung der Lage zu kommen."

Mitte September beginnen die Tarifverhandlungen für insgesamt vier Millionen Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie. Ende Oktober endet die Friedenspflicht, dann sind Warnstreiks möglich.

Tarifpolitik in Theorie und Praxis

Seit Jahren bemüht sich die IG Metall um das Image einer demokratischen Organisation, in der die Mitglieder zu bestimmen haben. "Man muss als moderner Gestalter gesehen werden", sagt einer der sieben hauptamtlichen Vorstände.

Die IG Metall ringt intern um das Verhältnis zwischen Gewerkschaftsapparat und der Betriebsratsarbeit vor Ort. Die hochprofessionellen Angestellten der Gewerkschaft haben große Verhandlungserfahrung und wissen, wie sie mit Arbeitgebern und Politikern umgehen müssen.

Die Metallgewerkschaft setzt darauf, die kommende Tarifrunde gut vorzubereiten: durch die Kalkulation dessen, was Arbeitgeber notfalls herausrücken, durch die Kommunikation möglicher Forderungen an der Basis - und indem sie die Wünsche von Mitgliedern intensiv wahrnimmt, die vorsichtig in Richtung des Erreichbaren gesteuert werden.

Wird es eine gemäßigte Tarifrunde?

Tarif-Vorständin Nadine Bugoslawski führte aus, dass die Metall-Tarife seit 15 Jahren stärker steigen als die Lebenshaltungskosten. Sie erinnerte an die letzten Tarifsteigerungen von 5,2 und 3,3 Prozent, die sie als "gute Entgelterhöhungen" bezeichnete.

Das und der Umstand, dass von der zunächst breit diskutierten Vier-Tage-Woche keine Rede mehr ist, deuten auf eine gemäßigte Tarifrunde hin. "Wir sehen", sagte Bugoslawski in Richtung der Arbeitgeber, "dass es eine Branche im Umbruch ist". Gewerkschaftschefin Christiane Benner sprach von "Verlässlichkeit und Verantwortung".

Mehr Beteiligung der Basis

Für erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit sei es enorm wichtig, ehrenamtliche Vertrauensleute, gewählte Betriebsräte und Gewerkschaftssekretäre an der Basis zu beteiligen, sagt ein Spitzenfunktionär. "Aber Partizipation ist nicht alles."

"Bist Du bereit, Dich an Maßnahmen zu beteiligen?" wurde bei einer Umfrage des Bezirks Mitte gefragt. Das zielte auf Motivation und Selbstverpflichtung für einen Tarifkampf, den die Gewerkschaft unter das Motto stellt: "Solidarität gewinnt".

Ringen um neue Mitglieder

Mit 2,2 Millionen Mitgliedern ist die IG Metall die größte Einzelgewerkschaft der Welt. Im Unterschied zu vielen anderen Gewerkschaften ist es ihr gelungen, wieder neue Mitglieder zu gewinnen.

Die Forderung nach 170 Euro mehr Ausbildungsvergütung stützt Bemühungen, die Gewerkschaft für junge Leute attraktiver zu machen. Die Mitgliedschaft ist teuer: Satzungsgemäß muss ein Prozent des Bruttogehalts gezahlt werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 in den Nachrichten am 17. Juni 2024 um 14:00 Uhr.