Schlichterspruch in Tarifrunde Mehr Geld für Beschäftigte im Bauhauptgewerbe?
Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen für die rund 930.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe hat der Schlichter heute seinen Vorschlag präsentiert. Nun müssen beide Seiten bis Anfang Mai darüber abstimmen.
Die rund 930.000 Beschäftigten im deutschen Bauhauptgewerbe sollen mehr Geld bekommen. In den jüngst gescheiterten Tarifverhandlungen legte der Schlichter heute seinen Schiedsspruch vor. Nun stimmen die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen bis zum 3. Mai darüber ab. Der Vorschlag des früheren Präsidenten des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, der bei den Gesprächen in Wiesbaden vermittelte, sieht kräftige Lohnerhöhungen vor.
Industriegewerkschaft stimmt Schlichterspruch zu
So sollen die Einkommen zum 1. Mai 2024 um 250 Euro pro Monat erhöht werden. Elf Monate später sollen noch einmal 4,15 Prozent im Westen und 4,95 Prozent im Osten dazu kommen. Die Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr soll in Ost wie West 1.080 Euro betragen, die Laufzeit zwei Jahre betragen. Die Verhandlungskommission der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) stimmte nach eigenen Angaben dem Vorschlag des Schlichters zu.
"Zähneknirschend tragen wir den Spruch mit", sagte der Vorsitzende der IG BAU, Robert Feiger. Jetzt seien die Arbeitgeber am Zug. Dessen Schlichtungskommission habe den Spruch jedoch zunächst abgelehnt. Die Gremien der Bauunternehmen könnten dem Vorschlag aber innerhalb der nächsten 14 Tage noch zustimmen.
"Sollten Sie dies nicht tun, dann ist natürlich Arbeitskampf angesagt", warnte Feiger. Die Stimmung unter den Baubeschäftigten sei hochexplosiv. Der Bundestarifkommission der Gewerkschaft will er die Zustimmung zu dem Schlichterspruch empfehlen. "Wir übernehmen damit gesamtgesellschaftliche Verantwortung, denn in Deutschland herrscht Stau am Bau."
Drei ereignislose Runden in Tarifgesprächen
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie erklärten, jetzt werde in den Mitgliedsverbänden der Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft über den Schlichterspruch abgestimmt. Eine Sprecherin des ZDB erläuterte, die Arbeitgeberseite habe dem Schlichtungsspruch in den Schlichtungsverhandlungen noch nicht zugestimmt - "um in das Abstimmungsverfahren mit den Mitgliedsverbänden zu kommen".
Zuvor hatte die IG BAU die Tarifverhandlungen nach drei ergebnislosen Runden für gescheitert erklärt. Die Arbeitgeber hätten kein verhandlungsfähiges Angebot abgegeben, hatte Carsten Burckhardt, Bundesvorstandsmitglied der IG BAU, betont. "Zweimal etwas über drei Prozent mehr Einkommen auf 24 Monate gleichen die immens gestiegenen Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren und Monaten einfach nicht aus."
IG Bau fordert 500 Euro mehr Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung pro Monat mit einer Laufzeit von einem Jahr. Die Bauwirtschaft, vertreten durch den Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), hatte der Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 3,3 Prozent für 2024 und 3,2 Prozent für 2025 angeboten. Sie hatten auf die Krise insbesondere im Wohnungsbau verwiesen und der Gewerkschaft vorgeworfen, diese komplett zu ignorieren.
Wohnungsbau-Genehmigungen fallen erneut
Das Bauhauptgewerbe ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und mit einem Umsatz von rund 162 Milliarden Euro 2023 laut Baugewerbeverband ZDB eine wichtige Säule für die deutsche Wirtschaft. Im Immobilienboom hatte die Branche jahrelang die Konjunktur gestützt, nun ist sie wegen der Krise im Wohnungsbau zum Sorgenkind geworden.
Wegen der gestiegenen Zinsen und teurer Materialien steckt der Wohnungsbau in der Krise, das Neubauziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr liegt außer Reichweite. Nach Einschätzung der DZ Bank könnte die Zahl der jährlichen Fertigstellungen bis 2025 auf 200.000 Wohnungen fallen.
Denn auch bei den Baugenehmigungen geht es seit vielen Monaten bergab. Sie brachen im Februar um gut 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein, wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte. Im Vergleich zum Februar 2022 gab es sogar einen Einbruch von 35,1 Prozent. Die Stimmung im Wohnungsbau bleibe angespannt, teilte auch das Münchener ifo-Institut zuletzt mit. Jedes fünfte Wohnungsbauunternehmen berichte von Stornierungen.